Hyundai i30 N Performance im Fahrbericht (2019)

Ein verdammt guter Schauspieler …

11.06.2019 10:30 Uhr

Text: Joshua Hildebrand | Bilder: Markus Leser


Vorhang auf! Heute zeigen wir euch eine einmalige Actionkomödie: In den Hauptrollen der 275 PS starke Hyundai i30 N Performance und unser absolut williger TUNING-Testredakteur …

Die besten Schauspieler kommen aus Amerika, die leckerste Schokolade gibt's in der Schweiz, der beste Kompaktsportler heißt Golf GTI. So einfach ist das. Es gibt Dinge, die sind so und lassen sich nicht ändern. Oder etwa doch? Was würdet ihr sagen, wenn der beste Schauspieler aus Indien, die beste Schokolade aus Dänemark und der beste Kompaktsportler aus Südkorea käme?! Wäre verwirrend, oder? Zugegeben: Wertungen solcher Art sind vollkommen subjektiver Natur. Doch manche Dinge lassen sich mit Geschmack, Gefühl oder eigenem Verständnis gar nicht begründen: Da braucht es harte Fakten. Und dann sind es zum Teil ungeschriebene Gesetze, die völlig überholt sind. Wie die Nummer mit dem besten Kompaktsportler. Immer Golf. Immer GTI. Immer dasselbe. Gähn ... So langsam konnten wir es wirklich nicht mehr hören – Hyundai scheinbar auch nicht und entwickelte den heißen Kompaktkracher i30 N, der nach eigenen Aussagen „das erste Hochleistungsfahrzeug" der Marke ist. Der Optimist würde „Toll" sagen, der Pessimist jedoch: „Viel zu spät". Verantwortlich für die Geburt des fetzigen Koreaners war übrigens ein Deutscher: Albert Biermann, ehemals BMW-M-Entwicklungschef, leitete 2015 die Produktion des wohl sportlichsten Hyundais aller Zeiten ein. Na, wenn das mal keine guten Vorzeichen sind ...

Bereit für die Hauptrolle!

So ist das eben im Showbiz: Jeder will die „Krone", neue Gesichter lösen die alten Hasen ab. Wir fassen uns kurz: Der Hyundai i30 N Performance ist für unseren Streifen die fahrtechnisch bessere Besetzung als der Golf GTI Performance. Und begnügt sich dazu noch mit einer geringeren Gage: 32.790 Euro mit wesentlich umfangreicherer Basisausstattung. Das deutsche Pendant ist 835 Euro teurer und kommt mit weniger Schnickschnack daher. Als Regisseur hat man die Qual der Wahl, jedoch ist die Begabung beider Protagonisten wesentlich interessanter. Denn auch wenn Hyundai keine Kopie des Klassenprimus Golf bauen wollte, musste sich der Hersteller dennoch an ihm orientieren. Das „N" für die deutsche Nordschleife auf der koreanischen Kofferraumklappe ist jedenfalls eine saftige Ansage an den GTI. Im Vergleich wirkt er zu rund, zu perfekt. In Sachen Allroundfähigkeiten und Qualitätsanmutung hat der Golf aber klar die Nase vorn. So wäre die etwa nach kurzer Zeit labbrig wirkende Polsterung des Hyundai niemals ein Kritikpunkt beim Golf – hier sitzt alles fest, straff und wackelt nicht. Auch die verwendeten Materialien im Innenraum wirken wesentlich hochwertiger als das teils billig wirkende Plastik im i30, das zugegebenermaßen gut verarbeitet ist. Außerdem gibt es laut Setcard oben drauf noch fünf Jahre Fahrzeuggarantie ohne Kilometerbegrenzung ab Werk – da kann das Gölfchen nur schlucken. Man notiere also: Grundsätzlich sind beide Autos gut, der eine ist der bessere und wertigere, aber zugleich teurere Allrounder, der andere der spaßigere und kostengünstigere, aber nicht ganz so perfekte Player. Also eher etwas für unsere Komödie ...

TUNING sucht das Supertalent

In der aufpreispflichtigen Lackierung „Performance Blue" steht er nun vor uns – ganz selbstbewusst inmitten dieses riesigen Sterns – bereit für die Show! Er macht eine äußerst gute Figur, wirkt wohlproportioniert und muskulös. Die aggressiv wirkende Frontschürze sowie der aufgesetzte Heckspoiler inklusive Diffusor lassen den Koreaner ganz schön keck wirken, auch wenn das Design einen sehr europäischen Eindruck macht. Hier merkt man deutlich den Einfluss des deutschen Entwicklungschefs – und das tut der Marke gut! Weniger gut finden wir allerdings die Vielzahl der Lenkradtasten, die nur mit routinierter Erfahrung intuitiv zu bedienen sind. Neulinge werden immer wieder nach dem richtigen Schalter suchen ... Und noch einen Kritikpunkt gibt es: Für einen Hyundai wirkt der Innenraum wirklich hochwertig und schick, doch dann setzt man einfach eine gefühlt acht Zoll große „Spielekonsole" aus feinstem Kunststoff auf das Armaturenbrett – das wirkt auf uns ein wenig lieblos und deplatziert. Dafür ist die Bedienung relativ simpel und das sogenannte „N-Grin Control System" bietet eine Vielzahl an Einstellungsmöglichkeiten. Neben der Stabilitätskontrolle lassen sich hier zum Beispiel das Motoransprechverhalten, die Zwischengas-Funktion (Rev Matching), die Servolenkung, der Soundgenerator (ja, leider), das Sportfahrwerk, die elektronische Differenzialsperre und die Klappe der Sportabgasanlage einstellen. Jetzt erst einmal Luft holen für die nächste Szene ...

Starallüren, Take two

Der wesentliche Unterschied zwischen einem GTI und einem i30 N liegt vor allem im Gefühl, das dem Fahrer vermittelt wird. In Sachen PS-Stärke ist der Hyundai mit 275 PS zwar um 30 PS überlegen, dafür aber mit 350 Newtonmetern Drehmoment etwas schwächer als der Golf (370 Newtonmeter). Immerhin gibt es die Overboost-Funktion, die sieben Sekunden lang knapp 380 Newtonmeter spendiert. Die braucht er auch, da der sportliche Koreaner über 100 Kilogramm schwerer ist. Trotzdem fühlt sich der i30 N Performance sportlicher an, klingt alles andere als rudimentär, fühlt sich fester an, liegt insgesamt knackiger in der Hand. Die Kupplung des Sechsgang-Schaltgetriebes ist schön straff, die Schaltung äußerst präzise – so möchten wir das! Noch dazu vermittelt die Servolenkung im Sport+-Modus eine ziemlich gute Rückmeldung über das, was zwischen Rädern und Asphalt so passiert. Was im Alltag völlig schnurz sein dürfte, macht aber auf der Rennstrecke den wesentlichen Unterschied. Auch wenn das Leistungsgewicht pro PS bei einem GTI Performance und einem i30 N Performance ziemlich identisch ausfällt, wirkt der Hyundai stets williger und ist gefühlt für alle Action-Rollen zu haben. Der 2.0-T-GDI-Motor verwöhnt mit Tatendrang und gibt einem zumindest subjektiv das Gefühl, schneller auf Tempo 100 zu sein als das deutsche Derivat – verantwortlich dafür ist das etwas früher anliegende maximale Drehmoment. Unterm Strich wird die Wahl des Zuschauers wohl reine Geschmacks- und Gefühlssache sein, wobei man sagen muss, dass die etwas größeren 345-mm-Bremsen des Performance-Modells auf Dauer etwas fester zupacken könnten. Gerade bei schnellen Runden auf dem Hockenheimring schleicht sich ein gewisses Fading ein. Aber letztlich ist es ja wie im Film: Auch ein guter Schauspieler ist nichts ohne ein gutes Drehbuch. Und ein Auto ist nur so gut wie sein Fahrer. In diesem Fall war beides äußerst zufriedenstellend (Augenzwinkern) – dafür gibt's aber jetzt einen Oscar, oder?!

„Sternchen am Sportlerhimmel"

GESAMTWERTUNG: 3,9 von 5

Mit den richtigen Darstellern kann der Film nur gut werden: Der Hyundai i30 N Performance ist einer der besten Newcomer im Showbusiness der Kompaktsportler. Dank deutschem Entwicklungschef wirkt er qualitätstechnisch eher europäisch als typisch asiatisch, hat im Vergleich zu einem Golf 7 GTI Performance aber den Mut, verspielter zu sein. Rein sportlich gesehen ist er der bessere Wagen mit mehr Ausstattung für deutlich weniger Geld. Dafür sind aber auch die labbrigen Sitzbezüge sowie die etwas schwachen Bremsen verbesserungswürdig.

ANTRIEB 4
FAHRLEISTUNG 4
BREMSE 2,5
HANDLING 4
SPASSFAKTOR 4
ALLTAG 5
QUALITÄTSANMUTUNG 3
PREIS-LEISTUNG 5

*Einzelwertung (5 Sterne maximal)

DATEN & FAKTEN

Hyundai i30 N Performance (2018) 

MOTOR Zweiliter-Vierzylinder mit Turboaufladung (2.0 T-GDI) mit Ottopartikelfilter (OPF); Ladedruck 1,2 bar mit Ladeluftkühlung; „Rev-Matching"-Zwischengas-Funktion; 275 PS und 353 Nm Drehmoment; Overbosst-Funktion auf 378 Nm (7 Sekunden)
FAHRLEISTUNGEN 0 – 100 km/h in 6,1 Sekunden; 80 – 120 km/h in 5,6 Sekunden ; Vmax: 250 km/h
FAHRWERK Frontantrieb; Launch Control; verstärkte Vorderradaufhängung „N Power Sense Axle"; Sportfahrwerk mit adaptiven Stoßdämpfern und Stabilisatoren; elektronisches Sperrdifferenzial „N Corner Carving"
RÄDER Hyundai-Leichtmetallräder in 8 x 19 Zoll mit Pirelli-P-Zero-Bereifung in 235/35 R 19 inklusive Hyundai-Reifenkennung (HN)
KAROSSERIE Lackierung in Performance Blue (optional); Dachspoiler schwarz-hochglänzend; Frontschürze mit vergrößerten Lufteinlässen und Zierleisten in Rot; Kühlergrill mit N-Logo; Seitenschweller scharz mit N-Logo; getönte Scheiben ab B-Säule
INTERIEUR N-Sportsitze; N-Sportlenkrad mit perforiertem Lederbezug beheizbar; Multifuktionstasten für Drive- und N-Mode; N-Schaltknauf mit Lederbezug; N-Instrumente (Drehzahl, Geschwindigkeit ); N-Schaltanzeige; N Performance Driving Data (Turbo-Ladedruck, Drehmoment, Motorleistung, Zeitnehmer für Rundenzeit und Beschleunigung; Audio- und Navigationssystem; diverse Assitenzsysteme
BREMSEN Sportbremsanlage mit inennbelüfteten Schwimmsattel-Bremsscheiben( 345 mm vorn, 314 mm hinten)
AUSPUFF Sportabgasanlage mit variabler Klappensteuerung
GETRIEBE Sechsgang-Schaltgetriebe; hydraulische Einscheiben-Trockenkupplung
TECHNISCHE DATEN Abmessungen 4.335 x 1.795 x 1.447 mm (Länge x Breite x Höhe); 1.429 – 1.509 kg Leergewicht (je nach Ausstattung); Abgasnorm: Euro 6d-Temp; kombinierter Verbauch der Redaktion: 9,7 Liter (Superbenzin)
PREIS ab 33.000 Euro; Testwagenpreis mit Sonderausstattungen: 35.550 Euro