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50 Jahre Ford RS (1968 - 2018)

Schnell, spaßig, unkonventionell

05.08.2018 12:00 Uhr

Text: Joshua Hildebrand | Fotos: Ford


Vom 15M RS aus dem Jahre 1968 bis zum Ford Focus RS der dritten Generation, dessen Produktion Anfang 2018 auslief: Das Kürzel "RS" steht bei Ford für "Rallye Sport" und damit für Leistung, für "Dampf unter der Haube", für Fahrspaß pur und für Käufer, die sich ganz bewusst von der Masse der konventionellen Serienfahrzeuge abheben wollen …

Aber "RS" steht auch für internationale Triumphe im Motorsport. Nachfolgend eine kurze Darstellung der 50-jährigen Geschichte der Ford "RS"-Modelle, die - vorläufig - Anfang 2018 endete, als im Werk Saarlouis/Saarland die Fertigung der dritten Generation des Ford Focus RS auslief. Momentan wird die Produktion auf den vierten Ford Focus RS umgestellt.

1968: 15M RS | 17M RS | 20M RS

Los ging es im Jahre 1968 mit dem Auftritt eines sportlichen Ford-Dreigestirns: 15M RS (die P6-Baureihe), 17M RS (die P7-Baureihe) und 20M RS (die P7-Baureihe) gaben sich die Ehre. Ein Hingucker waren die Cockpits der Autos. Drehzahlmesser und Tacho in Großformat und zentraler Anordnung, garniert mit Ampere-Meter und Öldruckanzeige, ein kurzer Schaltknüppel mit holzgemasertem Knauf und ein lederbezogenes Lochspeichen-Sportlenkrad für den 15M RS beziehungsweise einen Lenkradkranz aus Holzimitat (für 17M RS und für 20M RS).

Für den "Dampf unter Haube" sorgten drei Triebwerke: Unter der Haube des 15M RS steckte der damals stärkste Vierzylinder von Ford, eine 1,7-Liter-V4-Maschine mit einer Leistung von 70 PS. Dieser Motor beschleunigt den 15M RS in 14,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h und verlieh ihm eine Höchstgeschwindigkeit von 155 km/h. Die größeren 17- und 20M RS waren mit prestigeträchtigen V6-Motoren ausgerüstet, wobei es die 90 PS starke Zwei-Liter-Version des 17M RS auf eine Beschleunigung von 14,2 Sekunden und 160 km/h maximales Tempo brachte. Am besten war in dieser Hinsicht naturgemäß der kräftigste Vertreter des Fahrspaßtrios, der 20M RS mit 2,3-Liter-V6-Triebwerk. 108 muntere Pferdestärken ließen ihn die 100-km/h-Hürde nach 11,4 Sekunden überspringen und bei freier Bahn waren 170 Sachen durchaus drin. Die Wahl der Außenfarbe war indes wesentlich einfacher, als die Wahl der Motorisierung: Alle RS-Modelle wurden in den Farben Rot oder Silbermetallic lackiert.

1970: Escort I RS 1600 | Capri I RS 2600

Gerade beim Escort RS 1600 war das Kürzel RS (für Rallye Sport) wörtlich zu nehmen, kaprizierte sich das Fahrzeug mit dem Hundeknochen-Gesicht im Werksauftrag auf dieses Metier. Dass diese Mission erfolgreich verlief, dafür sorgte der berühmte BDA-Motor (Belt Drive A Series) von Cosworth.

Bereits die erste Generation des Ford Capri gab es ab 1970 auch als RS. Stil- und charakterprägend für das schnelle Volkscoupé war ein 150 PS starker V6-Motor mit Kugelfischer-Benzineinspritzung. Daraus resultierte eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h und eine Standardbeschleunigung von 8,0 Sekunden. Auch beim direkt vom Renn-Capri abgeleiteten Fahrwerk hatten die Ingenieure das anspruchsvolle RS-Konzept konsequent umgesetzt mit Bilstein-Einrohrdämpfer rundum, einem speziellen Vorderachs-Querträger für aggressiven Negativsturz der Vorderräder, flachen Einblattfedern an der Hinterachse und 6-Zoll-Aluminiumfelgen mit Reifen des Formats 185/70 HR 13. Und weil bei solchen Autos auch zur Schau gestellter Purismus den Heldenstatus fördert, ersetzten die Ford-Designer gewissermaßen die Windjacke durch ein Muscle Shirt und ließen den RS 2600 unten ohne antreten, sprich: ohne Stoßstangen.

Die Vorteile des RS-Konzepts, in dem Alltagstauglichkeit und Rennkompetenz zusammenfanden, zeigten sich auch im Innenraum des Capri RS 2600. Vier Sitze, ein reisetauglicher Kofferraum und eine ansprechende Ausstattung mit beheizbarer Heckscheibe, Vollkreis-Ventilation, Kartenleselampe und Bodenteppich sorgten für Wohlgefühle. Es blieb nicht viel, was man gegen Aufpreis hinzubestellen konnte. Ein Stahlkurbeldach vielleicht, Magnesiumfelgen, hintere Ausstellfenster oder ein "Drucktasten-Autoradio".

Wer sein Autofahrerheil dann doch lieber auf dem Nürburgring oder auf ähnlichen Rennstrecken suchte, für den stand ja noch die puristische Motorsportvariante mit Türen und Kofferraumdeckel aus Kunststoff, Seitenscheiben aus Plexiglas und schlanken 900 Kilogramm Leergewicht parat. Bei 150 PS entsprach das einem Leistungsgewicht von 6 Kilo pro PS. Was auch heute noch, knapp 50 Jahre später, nach wie vor eine äußerst spritzige Mischung ist.

1973: Escort I RS 2000 – die Legende schlechthin

Eine Ikone der RS-Historie - wenn nicht sogar die RS-Legende schlechthin - ist der Escort RS, erste Generation ("Mk1"), und zwar nicht zuletzt aufgrund seiner großen Erfolge im Rallye-Sport. Es gab kaum einen bedeutenden Wettbewerb, in dem die teilnehmenden Werks-Escort nicht auf einem der vordersten Plätze die Rallyes beendeten.

Der Reiz des Escort I RS 2000 bestand vor allem darin, dass er sich der Einordnung in klassische Autokategorien entzog. Äußerlich ein Escort, motorisch ein Auto mit 2,0 Liter Hubraum und 100 PS. In der Leistung den meisten 2-Liter-Wagen überlegen, die meist weit mehr als 100 PS brauchen, um Vergleichbares zu erreichen - so beschrieb ihn Ford. Kein Wunder: Mit 915 Kilogramm war das nicht einmal vier Meter lange Fahrzeug ein Leichtgewicht.

"Der RS-'Hundeknochen' war aber nicht nur ein talentierter Sportler. Denn neben seiner hervorragenden Leistung hat der Ford Escort RS 2000 auch noch den sympathischen Vorteil, eine familienfreundliche Limousine zu sein. Zu einem familienfreundlichen Preis: Es gibt praktisch keine Möglichkeit, 100 PS noch günstiger einzukaufen", so Ford.

1975: Escort II RS 2000

Der RS 2000 verbindet das Leistungsvermögen eines Sportwagens mit der Vernunft eines ganz normalen Escort. Seine Leistungsdaten – 8,9 Sekunden aus dem Stand auf Hundert und gut 180 Spitze – sind technische Angaben, keine Weltanschauung ... So gesehen, passt der RS 2000 ohne Einschränkung in das Ford-Vernunftkonzept, hieß es bei der Medien-Präsentation. Viele waren enttäuscht und stempelten den Wagen als "langweilig" ab.

Von seinen konventionellen Brüdern unterschied sich der Escort RS 2000 (2. Generation) schon äußerlich durch eine verlängerte und abgeschrägte Front mit vier Halogen-Scheinwerfern, integrierter Stoßstange und integriertem Luftleitblech. Viele praktische Eigenschaften hatte das Fahrzeug dennoch mit seinen zivilen Modellgefährten gemeinsam. Schließlich war der RS 2000 mit seinem 2,0-Liter Motor und einer Leistung von 110 PS immer noch ein grundsolider, geräumiger, übersichtlicher und handlicher Ford Escort.

Die Karosserie hatten die Chassis-Spezialisten um 20 Millimeter tiefergelegt und in tragenden Elementen verstärkt, zusätzlich die langhubigen Federbeine vom Capri II übernommen, die Spur verbreitert und den Vorderrädern einen leicht negativen Sturz mitgegeben.

Und wer es wirklich ernst meinte mit dem Pistensport, der musste zum Tunen und Aufrüsten keine fragwürdigen Hinterhof-Schrauber aufsuchen, sondern konnte sich an seinen Ford-Händler wenden. Der hielt ein reichhaltiges Technik-Buffet bereit: Gasdruckstoßdämpfer, Kotflügelverbreiterungen, 7,5-Zöller mit 235/60er-Bereifung sowie Sperrdifferenzial, Zusatzscheinwerfer, Überrollkäfig, Hosenträgergurte und Schalensitze – mega!

1984: Ford RS 200 | Escort III RS Turbo

Eine der spektakulärsten Ford-Kreationen mit dem magischen Zwei-Buchstaben-Kürzel war der Ford RS 200 – er gilt bis heute als eines der schönsten Rallyeautos. Mit seiner keilförmigen Coupé-Kontur, den kurzen Karosserieüberhängen, sanft gerundeten, klassisch-zeitlosen Linien und dem kraftvollen Heckflügel vermochte er schon im Stand Leidenschaft zu wecken.

Der Prototyp, der die Rückkehr von Ford in den Rallyesport markieren sollte, wurde im November 1984 vorgestellt. Schauplatz war der Turiner Automobilsalon. Die "200" im Namenszug bezog sich auf die Anzahl der Fahrzeuge, die zur Homologation für die (später berühmt-berüchtigte, weil gefährlich schnelle) Gruppe B-Kategorie zu bauen waren. Neben seiner ursprünglichen Bestimmung als professioneller Zeitenjäger war das Auto damit auch als Straßenversion für Technik-Gourmets und solvente Könner konzipiert, die das erforderliche Budget von 92.500 DM stemmen konnten.

Technisch war der RS 200 eine einzigartige Kreuzung von Konstruktionsprinzipien aus der Formel 1 und dem Rallyesport: Mittelmotor mit Transaxle-Antrieb zur Vorderachse, Wahlmöglichkeit zwischen Hinterrad- und Allradantrieb, variable Kraftverteilung, 50-zu-50-Gewichtsverteilung. Die komplexe Mechanik aus Vorgelege- und Fünfganggetriebe, zwei Kardanwellen sowie drei Ferguson-Sperrdifferenzialen verteilte im Allradmodus das Antriebsmoment im Verhältnis 37 zu 63 Prozent zwischen Vorder- und Hinterachse. Die beiden 74 beziehungsweise 42 Liter fassenden Kraftstofftanks waren im Chassis hinter den Sitzen positioniert. Das Fahrwerk mit Doppelquerlenker-Radaufhängungen entsprach dem klassischen Rennwagenbau, wobei sich durch die jeweils doppelte Feder- und Dämpferbestückung pro Rad verschiedene Stoßdämpfer- und Federraten kombinieren ließen. 

Den 1,7-Liter-Ford BDT-Vierventilmotor, der in den Jahren zuvor in Rallye-Werks- und Gruppe-C-Sportwagen zum Einsatz gekommen war, hatte man für den Einsatz im RS 200 auf 1,8 Liter Hubraum vergrößert und mit einem Garrett T.04-Turbolader kombiniert. Ein Mikro-Prozessor des Typs Ford EEC IV, seinerzeit eines der fortschrittlichsten Motorsteuerungssysteme weltweit, taktete und dosierte Benzineinspritzung und Zündung. Im Interesse eines gesunden Temperaturhaushalts waren Auspuffkrümmer und Turbolader vom Motorblock abgerückt, die abgestrahlte Hitze wurde durch Belüftungsöffnungen im Heckspoiler nach außen geleitet.

Dass es dem RS 200 dann dennoch versagt blieb, auf den Rallyepisten der Welt Ruhm und Ehre von Ford zu mehren, war dem Reglement der Gruppe B geschuldet. Die Autos hatten sich als zu schnell und zu gefährlich für Fahrer und Zuschauer erwiesen. Nach mehreren schweren Unfällen, teils mit tödlichem Ausgang, zog die Welt-Motorsportbehörde FIA zum Ende der Saison 1986 den Stecker und damit einen Schlussstrich. So blieb dem RS 200 nichts anders übrig, als in anderen Motorsport-Disziplinen zu zeigen, wo der Hammer hängt. Was er auch tat, vorzugsweise auf europäischen Rallyecross-Pisten und bei Bergrennen einschließlich des legendären "Pikes Peak"-Wettbewerbs in den Rocky Mountains im US-Bundesstaat Colorado.

Ford Escort III RS Turbo: Das erste Ford-Großserienmodell mit Turbolader

1984 wurde auch die dritte Ford Escort-Generation wieder durch eine RS-Version getoppt. Der neue Ford Escort III RS Turbo war das erste europäische Ford-Modell aus Großserienproduktion mit Abgasturbolader und Ladeluftkühlung. Zu den technischen Feinheiten des 132 PS starken Kraftpakets zählten die vollelektronische Steuerung von Ladedruck und Zündung sowie eine neuartige Differenzialsperre mit Visko-Kupplung und nahezu schlupffreier Zuteilung des Antriebsmoments auf die Vorderräder.

Entwickelt worden war der Escort III RS Turbo von der SVE-Gruppe (Special Vehicle Engineering). Als Basisfahrzeug diente ein mit Rallye-Komponenten aufgerüsteter XR3i, dessen 1,6-Liter-Einspritzmotor für die Liaison mit dem Booster ebenfalls gründlich modifiziert worden war. Ein Garrett-Turbolader "AirResearch T3", mit integriertem Wastegate-Ventil und Ladeluftkühlung beatmete den Motor mit 0,5 bar Überdruck, eine elektronische Bosch KE-Jetronic steuerte exakt bemessene Spritmengen bei und eine vollelektronische Zündung mit 3D-Kennfeld ließ den Kraftstoff in Millisekunden-Feintaktung in den Zylindern explodieren. Damit dieses sorgsam bereitete Kraftmenü auf Glattstellen nicht sinnlos verpuffte, hielt eine serienmäßige Visko-Differenzialsperre den Radschlupf in Grenzen.

Ein heruntergezogener Frontspoiler mit integrierten Kotflügel- und Türschweller-Verbreiterungen trug zur optischen Erdung seines Auftritts bei, während ein markanter Heckspoiler für zusätzlichen Abtrieb sorgte. Serienmäßige RS Turbo-Features waren unter anderem eine Zentralverriegelung, ein gläsernes Kurbelhubdach, getönte Scheiben, elektrische Scheibenheber, Ausstellfenster hinten und - ein "Must have" für prestige- und ergonomiebewußte RS-Piloten - Recaro-Sportsitze vorne. Übrigens: Der RS Turbo war ausschließlich in unschuldigem Weiß bestellbar.

1985: Sierra I RS Cosworth

Auserkoren, via Homologation Motorsport-Einsätzen den Weg zu bereiten Wie einige andere seiner RS-Gefährten war auch dieser Sierra dazu auserkoren, via Homologation künftigen Einsätzen im Motorsport den Weg zu bereiten. Unter der Haube des extrovertierten Boliden arbeitete ein von Cosworth mit Doppelnockenwellen- sowie Vierventil- und Turbotechnik aufgepumpter und von Visko-Sperrdifferenzial, Scheibenbremsen und Fünfgang-Sportgetriebe assistierter Zweiliter-Vierzylinder, der stolze 204 PS entwickelte und den geflügelten Kölner bis zu 241 km/h schnell rennen ließ.

Und weil Ford in den Jahren 1986 und 1987 lediglich 6.000 Exemplare baute, lässt sich leicht ausrechnen, dass auch dieser RS - wie praktisch alle RS - nicht nur zum Kult-, sondern auch zum begehrten (und entsprechend hoch gehandelten) Sammlerobjekt wurde.

1987: Sierra I RS 500 Cosworth

Satte 220 PS konnte dieser motorseitig nochmals nachgewürzte Dampfhammer auf die Straße wuchten - was den "Ü 30er" in Sachen Topspeed (247 km/h) auch heute noch auf Augenhöhe mit aktuellen Seriensportlern gehobener Kategorie agieren lässt. Berühmt wurde vor allem die im Motorsport erfolgreiche Rennversion des Sierra RS 500 Cosworth, mit der Klaus Ludwig 1987 beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring einen grandiosen Start-Ziel-Sieg hinlegte und ein Jahr später den DTM-Titel einkassierte.

1990: Sierra II Cosworth 4x4

Der Allrad-Cossie, basierend auf der zweiten Ford Sierra-Generation, präsentierte sich weniger als sportbetonter Krawallbruder, sondern eher elegant, auch wenn stilistische Details dem Kenner signalisierten, dass er einen Wolf im Schafspelz vor sich hatte. Die Front-Stoßfänger mit dem integrierten Kühllufteinlass etwa, die lamellenartigen Luftöffnungen in der Fronthaube, die in Wagenfarbe lackierten Stoßfänger und natürlich der unverzichtbare Heckflügel.

Hatte schon die heckgetriebene Sierra RS Cosworth-Version als ambitionierte Sportlimousine für Aufsehen gesorgt, setzte die 4x4-Variante noch eins drauf. Der vergrößerte Ladeluftkühler sorgte in Verbindung mit einem überarbeiteten Einlasskrümmer für noch effizientere Zylinderfüllungen und ließ das Drehmoment auf 290 Newtonmeter (bei 3.500 U/min) und die Leistung auf 220 PS anschwellen.

1992: Escort V RS Cosworth

Dem Escort RS folgte in den Jahren 1992 und 1993 ein Escort RS, der sich mit dem Kosenamen "Cossie" schmücken durfte und ebenfalls auf der fünften Ford Escort-Generation basierte. Die Ingenieure hatten ein Sportgerät geschaffen, mit dem Ford ab 1993 in der Rallye-Meisterschaft gehörig mitmischte - und das mit beachtlichem Erfolg.

Nicht nur in puncto Power und Performance war der Escort V RS Cosworth ein Glanzstück, er war generell ein Beleg beeindruckender Ingenieurskunst. Um die Bestimmungen für Gruppe A- und N-Motorsportfahrzeuge erfüllen zu können, mussten innerhalb eines Jahres mindestens 2.500 Einheiten gebaut werden. Über diese Homologationsserie hinaus war von Anfang an auch die Produktion als Straßenfahrzeug vorgesehen. Und wenn bei der Konstruktion wesentliche Komponenten des Sierra RS Cosworth verwendet wurden, mussten doch sehr viele Teile - wie Motor, Kraftübertragung, Radaufhängung, Bremsen, Lenkung, Instrumente, Spoiler, Außenhaut und Unterboden - modifiziert oder völlig neu entwickelt werden. Die Karosserie des Serienmodells hatten Ford und die Firma Karmann gemeinsam entwickelt und dabei die vom Sierra 4x4 übernommene Bodengruppe auf Maß geschneidert.

Auch der Zwei-Liter-Vierventilmotor mit 220 PS entsprach im Grundaufbau dem des Sierra Cossie. Wesentliche Modifikationen betrafen unter anderem den Garrett-Turbolader. Zusammen mit weiteren Detail-Maßnahmen gelang es, das maximale Drehmoment (290 Nm) auf 3.500 U/min "vorzuverlegen". Auf die Straße gebracht wurde die Kraft via permanentem Allradantrieb mit visko-gesperrten Differenzialen. Ein neu abgestimmtes und gestrafftes Fahrwerk sowie die eigens entwickelte Pirelli-Besohlung des Typs P Zero 225/45 ZR 16 rundete das Werk sprichwörtlich ab. Zu den Kenndaten des daraus resultierenden Fahrspaßes gehörten eine Standardbeschleunigung von 6,1 Sekunden und die ebenso stramme Höchstgeschwindigkeit von 225 km/h.

Auch Cossie's Sportler-Karriere ließ sich vielversprechend an: Ein Prototyp der Motorsport-Variante siegte mehrfach bei Wettbewerben für noch nicht homologierte Fahrzeuge und zeigte sein Potential bei kleineren Rallyes auf nationaler Ebene. Was folgte, ist Motorsporthistorie - verewigt unter anderem in fünf Rallye-WM-Siegen gleich in der Debüt-Saison 1993, dem Triumph bei der legendären Rallye Monte Carlo 1994, in weiteren Top-Platzierungen auf dem Siegertreppchen sowie in 25 Laufsiegen bei der Rallye-Europameisterschaft und in diversen Siegen auf nationaler Ebene.

2002: Ford Focus I RS

Mit 215 Turbo-PS und 315 Nm Drehmoment aus zwei Litern Hubraum sorge der RS der ersten Ford Focus-Generation für Furore. Verantwortlich für das hohe Grip-Niveau war das Sperrdifferenzial des britischen Unternehmens Quaife Engineering Ltd., das die Kräfte traktionsgerecht und variabel den Vorderrädern zuteilte. Weitere Edel-Komponenten wie Brembo-Bremsen, 18-Zoll-Leichtmetallräder von OZ sowie eine von Michelin eigens entwickelte 225/40-Sportbesohlung machten ebenfalls klar, dass dieser Ford Focus I RS den Unterschied machen konnte zwischen Sportlichkeit und Sport.

2009: Ford Focus II RS

Zum "State of the Art"-Fahrwerk gehörte die "Revo"-Vorderachse Im Dezember 2007 machte Ford insbesondere seiner RS-Klientel ein vorweihnachtliches Geschenk mit der Ankündigung, auch für die zweite Ford Focus-Generation einen RS auf den Markt zu bringen. Das Ergebnis im Jahre 2009 war ein wahres Schmuckstück in leuchtendem Giftgrün, eine schöne Reminiszenz an das klassische Le Mans-Grün, das der Ford Escort RS 1600 in den 1970er-Jahren getragen hatte. Unter der Motorhaube des Ford Focus II RS arbeitete eine nochmals leistungsgesteigerte Version des guttural röhrenden 2,5-Liter-Fünfzylinder-Motors aus dem Ford Focus ST, jetzt mit 305 PS und einem satten Drehmomentplateau von 410 Nm. Die zusätzliche Power gegenüber dem 250 PS starken ST hatten die Ingenieure mit Anpassungen von Motormanagement und Ladedruck sowie durch ergänzendes "Feintuning" an der Hardware umgesetzt.

Vom Feinsten waren auch die Kraftübertragung und das Fahrwerk. Dazu gehörte eine "Revo"-Vorderrad-Aufhängung auf Basis des McPherson-Federbein-Layouts, aber in Kombination mit einer drehmomentorientierten Quaife-Differenzialsperre. Eine Lösung, die auf die Lenkung einwirkende Antriebskräfte reduzierte und so für präzisen Geradeauslauf sorgte - auch bei voller Beschleunigung, auf unebener Fahrbahn und bei unterschiedlicher Verteilung der Reibwerte. Passend zum dynamischen Potenzial des bis dato leistungsstärksten Ford Focus kam eine üppiger dimensionierte Bremsanlage mit 336-Millimeter-Scheiben vorne und 300-Millimeter großen Scheiben an der Hinterachse zum Einsatz. Das für Fahraktivisten erfreuliche Ergebnis dieser Bemühungen: hohe Traktionsreserven und messerscharfe Handling-Präzision.

Einen glanzvollen Höhe- und zugleich Schlusspunkt der zweiten Ford Focus RS-Modellgeneration setzte das Unternehmen mit der 350 PS starken, auf 500 Exemplare limitierten Sonderauflage RS 500, die im Frühjahr 2010 auf der AMI Leipzig präsentiert wurde. Die motorischen Modifikationen zielten vor allem darauf ab, im mittleren und oberen Drehzahlbereich Mehrleistung zu generieren, ohne dabei Durchzugskraft aus dem Drehzahl-Untergeschoss herzugeben. Ein Ansinnen, das von Erfolg und herausragenden Fahrleistungen gekrönt war. So legte nicht nur die Leistung um 45 auf 350 PS zu, sie lag nun auch schon bei 6.000 (anstatt 6.500) U/min an. Auch das maximale Drehmoment verbesserte sich um 20 auf 460 Nm und war in dem breiten Drehzahlband von 2.500 bis 4.500 U/min abrufbar.

Den ebenso stimmgewaltigen wie leistungsstarken Motor hatten die RS-Spezialisten zusammen mit dem externen Unternehmen Revolve Technologies entwickelt. Heraus kam ein fein abgestimmtes Technik-Menü, das den RS 500 in 5,6 Sekunden über die 100-km/h-Grenze katapultierte und ihn mit 265 km/h eine Höchstgeschwindigkeit erreichen ließ, die den Begriff "Top-Speed" nicht nur bezüglich des Autos selbst absolut verdiente - sondern auch im Vergleich zu anderen Sportwagen.

Dass schon der "normale" Ford Focus RS sein technologisches Rüstzeug selbstbewusst und expressiv nach außen dokumentierte, hinderte den RS 500 nicht daran, diesen Auftritt dramaturgisch noch weiter zuzuspitzen - mit einer augenfälligen Folierung in Matt-Schwarz, schwarz glänzenden 19-Zoll-Leichtmetallrädern, einem trapezförmigen Lufteinlass in Hochglanzschwarz plus zusätzlicher Spoiler-Lippe, dem doppelblättrigen Heckflügel und einem sogenannten Venturi-Tunnel zur Kanalisierung des Luftstroms unter dem Wagenboden. Farbliche Applikationen wie rote Bremssättel und ein "RS 500"-Emblem am Heck sorgten ebenfalls für Differenzierung. Im Innenraum zeigte sich der Exklusivitätszuschlag an Details wie einer Mittelkonsole in Kohlefaseroptik mit Editionsplakette sowie roten Ziernähten an Lenkrad und Türverkleidungen.

2015: Ford Focus III RS

Am 12. Dezember 2014 bestätigte Ford, dass es auch von der dritten Ford Focus Generation eine "ultimative Performance-Version" mit dem RS-Signet geben werde. Zugleich gab das Unternehmen die Gründung eines global agierenden "Ford Performance"-Teams bekannt, und zwar unter Einbeziehung des europäischen "Team RS" und des "Special Vehicle Teams" (SVT) in Nordamerika. Ziel: eine noch effektivere Entwicklung und die weltweite Vermarktung von besonders leistungsstarken Modellen und sportlichem Zubehör.

Seinen ersten Live-Auftritt auf internationaler Bühne hatte der neue RS dann auf dem Genfer Automobilsalon im März 2015 - Seite an Seite mit dem Supersportler Ford GT, der dort sein Europa-Debüt feierte. Herausgekommen war eine fünftürige Limousine mit einem 2,3 Liter EcoBoost-Vierzylindermotor, der 320 PS (235 kW) entwickelte. Erwähnenswert war auch der ebenfalls vom "Ford Performance"-Team entwickelt innovative Allradantrieb. Kennzeichen: eine dynamische Drehmomentverteilung (Torque Vectoring) für Kurvengeschwindigkeiten, die bis dato im Ford Focus-Segment beispiellos waren.

Das neue Allrad-Antriebssystem basierte auf zwei elektronisch gesteuerten Differenzialen, die nicht nur die Kraftverteilung zwischen vorne und hinten regelten, sondern auch die Drehmomentbalance zwischen den Hinterrädern. Bis zu 70 Prozent der Motorleistung flossen damit an die Hinterräder, im Falle extremer Traktionsunterschiede zwischen links und rechts sogar komplett an ein einzelnes Rad. Für das perfekte Fahrerlebnis ließen sich individuell vier Fahrmodi einstellen: "Normal", "Sport", "Rennstrecke" oder "Drift". Ebenfalls serienmäßig an Bord war eine "Launch Control" für einen traktionsoptimierten Rennstart. Das überarbeitete Fahrwerk verfügte über elektronisch verstellbare Stoßdämpfer mit einem eigens für Rennstrecken entwickelten Setup. Sogar Semi-Slicks von Michelin standen für Einsätze auf abgesperrten Tracks als Option erstmals zur Wahl.

Einen Motor hatte der RS natürlich auch. Zwar nun mit einem Zylinder weniger als das unvergleichliche Zylinder-Quintett des Vorgängers, aber dafür mit 350 PS, einem Drehmoment von 440 Nm (im Overboost-Modus sogar für 15 Sekunden von 470 Nm) sowie signifikant gesenkten Verbrauchs- und Abgaswerten. Das immense Kraft- und Effizienzpotenzial des 2,3-Liter-EcoBoost-Motors resultierte aus einer Benzin-Direkteinspritzung modernster Bauart, variabler Nockenwellenverstellung, einem Start-Stopp-System, einem reibungsoptimierten Twin Scroll-Turbolader mit üppig dimensionierter Verdichterseite, einem deutlich vergrößerten Ladeluftkühler sowie der durchsatzoptimierten Gestaltung von Ansaugtrakt und Abgasanlage. Damit der Sound auch die Hardcorefans begeisterte, komponierte zusätzlich ein Regelventil die Balance zwischen Staugegendruck und Motorklang.

Ein Auto, das 268 km/h schnell ist, in 4,7 Sekunden die 100-km/h-Marke knackt - und damit in punkto Beschleunigung das schnellste RS-Modell ist, das Ford jemals produziert hat, braucht kein Bling-Bling und keine Show-Deko.

Im Mai 2017 erklärte das Unternehmen, der Ford Focus III RS sei ab sofort auch mit dem neuen Ausstattungspaket "Blue & Black" bestellbar. Wichtigste Änderung gegenüber dem "RS": ein mechanisches Vorderachs-Sperrdifferenzial, das die Traktion weiter verbesserte und somit ein noch dynamischeres Fahrverhalten ermöglichte, da dem Rad mit besserer Bodenhaftung mehr Drehmoment zugeleitet und somit Schlupf an der Vorderachse vermindert wurde.

Produziert wurde der Ford Focus III RS, wie die beiden Vorgänger-Generationen, im Werk Saalouis/Saarland. Im Zuge der Einführung der neuen, vierten Ford Focus-Generation (die Markteinführung in Deutschland ist für September 2018 geplant) lief die RS-Produktion im Frühjahr 2018 aus. Zum Verkaufsstart des Ford Focus III RS hatte das Unternehmen erklärt, dieses Modell sei eines von insgesamt zwölf neuen Performance-Fahrzeugen, die Ford weltweit bis 2020 auf den Markt bringen werde. Die Geschichte der Ford-Fahrzeuge mit dem traditionsreichen RS-Kürzel im Namen dürfte also weitergeschrieben werden.