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Der Detailing-Profi (2018)

Exklusivbehandlung für den Lack

24.09.2018 10:23 Uhr

Text: Joshua Hildebrand | Fotos: Jan Bürgermeister


Ein Industriegebiet in Bad Rappenau, ganz in der Nähe von Heilbronn. Wir stehen vor einem Wohnhaus mit einer kleinen Gewerbehalle. Davor parkt ein Cadillac mit der Aufschrift „Lovemachine". Es ist zugleich das Zuhause und der Arbeitsplatz von Michael Marx, besser bekannt als DER Detailing-Profi …

Als er uns die Tür öffnet, packt er uns schnell mit seiner Art: Er ist witzig, sympathisch und um keinen lockeren Spruch verlegen. „Ja, ja, ich bastle gern und liebe Oldtimer. Mit neuen Autos kann ich aber nix anfangen", sagt Micha, als ich ihn auf seine Liebe zu altem Blech anspreche. Dieses Hobby war übrigens auch der Anfang seiner Karriere, nachdem er sich vor gut 13 Jahren einen 62er-Heckflossen-Benz kaufte. An diesem hatte er liebend gern herumgebastelt. Außerdem hatte er Spaß am richtigen Pflegen, sodass der ehemalige Verfahrensmechaniker anfing, sich für die Königsdisziplin des Aufbereitens, das Detailing, zu interessieren. „Ich weiß noch genau: Ich wollte mehr darüber lernen, wie es richtig geht, und buchte einen Kurs beim Pflegemittelhersteller Sonax. Heute habe ich alle Lehrgänge abgeschlossen, die es nur gibt", erzählt Micha stolz. Nicht nur das: Der 48-Jährige ist heute sogar Mastertrainer, gibt Workshops und hat inzwischen auch viele internationale Aufträge – Respekt!

Aufbereiter oder Detailer?

„Die Detailing-Szene im Ausland ist im Vergleich zu Deutschland extrem stark. Hierzulande gibt es zwar Aufbereiter, aber wenig Detailer – das ist ein Unterschied", mahnt uns Micha bei der dritten Tasse Kaffee. Während Ersterer „nur" das Fahrzeug reinigt, poliert und leichte Kratzer entfernt, sorgen Letztere je nach Zustand und Alter dafür, dass Lacke in Perfektion poliert werden. Die Beseitigung von Lackdefekten und Kratzern im oberflächlichen Klarlackbereich gehört selbstverständlich zur hochwertigen Lack-Kur. Dem Kunden wird ein absolut hologrammfreies Ergebnis garantiert. Dafür ist eine permanente Kontrolle der Polierarbeiten mit speziellen Prüflampen unerlässlich. Detailer wie Micha nehmen sehr hochwertige Profi-Polituren, die abrasiv sind. Das bedeutet, dass sie Oberflächenstruktur nicht füllen, sondern dank Mikropartikeln die Kratzer richtig aus dem Lack schleifen. Das ist aber noch längst nicht alles: „Hinzu kommen das Konservieren und Versiegeln, was einen enormen Zeitaufwand bedeutet. Ich möchte, dass der Kunde sein Auto sieht und richtig ausflippt. Der Lack wird nach der Behandlung besser als neu sein!" Sein Anspruch und sein Know-how sind nicht zuletzt auch der Grund dafür, dass er weit über die Grenzen Deutschlands hinaus als Detailer für schweineteure Oldtimer und Super-Sportwagen im Millionenbereich gebucht wird. „Trotzdem sind rund 70 Prozent seiner Kunden Otto-Normal-Verbraucher", schätzt Micha. Dabei ist er inzwischen so viel unterwegs, dass Kunden gut und gerne mal zwei Monate warten müssen. Neben der Fahrzeugannahme in seiner eigenen Halle fährt er aber auch zum Kunden vor Ort, vor allem, wenn es sich um sehr exklusive Exponate handelt. Diesen Service lässt sich der Pflege-Experte gut bezahlen. Je nach Auto, Lack und gewünschtem Detailing kostet beispielsweise eine Keramik-Langzeitversiegelung ab 1.200 Euro aufwärts – dann bekommt das Auto aber auch mehrere Tage lang das Komplett-Inklusiv-Programm.

„Die Vorarbeit ist super wichtig."

„Die Basis eines perfekten Detailings ist vor allem die Fahrzeugwäsche", erklärt uns der Profi. Natürlich nur per Hand, denn auch, wenn die Waschanlagenbetreiber mit Textilbürsten werben, kann es zu feinsten Kratzern kommen. Micha empfiehlt die Verwendung von möglichst pH-neutralen Reinigungsmitteln für die Fahrzeugwäsche, da „saure" Produkte dem Lack oder Felgen sowie auch den Reifen schaden können. Falsch gereinigtes Gummi zum Beispiel wird mit der Zeit braun und porös. Als nächsten Schritt benutzt Micha einen alkalischen Vorreiniger, der Öle, Fette und sonstige Verschmutzungen am Fahrzeug löst. Wer hartnäckige Insektenreste an der Frontschürze hat, kann zusätzlich mit einem speziellen Insektenentferner inklusive Schwamm vorarbeiten. Hat man das Ganze zum ersten Mal mit dem Hochdruckreiniger abgespritzt, geht Mister „Detailing Crew" zum Schaumreiniger über – ein Highlight für viele Autofans; und vor allem belebend, weil das Zeug, das wir bei unserem Fotoshooting benutzt haben, wirklich nach Red Bull gerochen hat – verrückt! Wichtig: danach mit entmineralisiertem Wasser (kalkfrei; Anm. d. Redaktion) absprühen, damit keine hässlichen Kalkflecken auf dem Auto übrig bleiben. Zum Schluss mit einem Abzieher (extra für die Fahrzeugpflege) das überschüssige Wasser von der Karosserie entfernen und mit einem speziellen Mikrofasertuch trocken wischen. Übrigens nimmt Micha niemals ein Leder, denn das ist bei Weitem nicht so saugfähig wie qualitativ hochwertige Mikrofasertücher. Ist das Auto trocken, kann es ans Eingemachte gehen ...

Auf die richtige Versiegelung kommt es an

Wer glaubt, Micha würde jetzt schon mit dem Versiegelungsprozess anfangen, der irrt gewaltig. Denn wer seinen Lack langfristig mit einer Keramikversiegelung, auch Polymerkonservierung (wachsfrei) genannt, konservieren oder versiegeln möchte, muss tatsächlich dafür sorgen, dass der Lack darunter in einem „1A"-Zustand ist. Das bedeutet: Es dürfen keine Insektenrückstände, keine Kratzer oder sonstige Verunreinigungen sowie Beschädigungen des Lacks vorhanden sein. Für die Lackreinigung nimmt der Detailer Reinigungsknete, auch Clay genannt, und sprüht Scheibenklar (pH-neutral) aus dem Autozubehör darauf (keine Haushaltsmittel, da diese nicht für Verschmutzungen am Fahrzeug geeignet sind; Anm. d. Redaktion). Anschließend greift der Profi zur Poliermaschine ‒ je nach Lackzustand zu einer Rotations- oder Exzentermaschine. In unserem Fall kommt ein Exzenterpolierer zum Einsatz, welcher dank orbitalen Bewegungen keine „bösen" Hologramme hinterlässt. Wichtig ist dabei auch der Griff zur richtigen Profi-Politur: Je nach Alter und Härtegrad des Lacks muss sie entweder mehr oder weniger Schleifleistung besitzen. Grundsätzlich aber gilt: „Wer richtig polieren möchte, muss in mehreren Schritten von grob in Richtung fein polieren. Also erst Schleifpolitur, dann Feinschleifpolitur und zum Schluss die Hochglanzpolitur mit niedrigem Schleifgrad", erzählt uns der Bad Rappenauer weiter.

Zugegeben: Der BMW M2, den wir ihm hingestellt haben, ist relativ neu und kratzfrei. Micha kennt da ganz andere Fälle: „Richtig interessant wird es erst bei Oldtimern, deren Lacke Jahrzehnte auf dem Buckel haben." Ist der Lack so weit aufbereitet, dass er kratzer- und schmutzfrei ist, kann der Versiegelungsprozess beginnen. Micha empfiehlt uns bei neueren Lacken für lange Freude und langen Schutz eine sogenannte Keramikversiegelung. Wir wissen, es gibt dabei verschiedene Arten, und fragen nach: „Eine Keramikversiegelung vernetzt sich mit der Lackoberfläche, während eine Wachsverkonservierung nur wie eine Art Creme darübergelegt wird. Letzteres hält deutlich kürzer. Grundsätzlich kommt es auf das Auto, den Lack und letztlich den Geldbeutel an, welche Art der Konservierung oder Versiegelung Sinn macht", erläutert der Detailer und weiß, dass gute Versiegelungen rund ein Jahr halten, wenn man davon ausgeht, der Kunde wasche sein Auto einmal pro Woche mit der Hand. Aber Vorsicht: Waschanlagen oder saure Putzmittel können die Lebensdauer verkürzen.

Anspruchsvoller als man denkt

Nachdem der Lack für die Anwendung präpariert wurde, muss dieser erneut mit einem lackverträglichen Lösungsmittel von den Emulsionsresten der Polituren befreit (entkonserviert) werden. Anschließend den „Basecoat" als Versiegelung auf den Lack auftragen und nach kurzem Antrocknen mit einem Poliertuch streifenfrei abwischen. Dieser muss dann einige Stunden aushärten, da in dieser Zeit der Vernetzungsprozess mit der Lackoberfläche erfolgt. Als finaler Arbeitsschritt kommt der „Glosscoat" an die Reihe. Dieser wird mit einem speziellen Applikationsschwamm aufgetragen. Was Micha für unseren Bericht im Schnelldurchlauf gemacht hat, ist normalerweise mit viel Zeit verbunden: „In der Ruhe liegt die Kraft. Fließbandarbeit schadet der Qualität, weshalb ich mir viel Zeit nehme", so der Profi. Dennoch: Schon dieses Ergebnis kann sich unserer Meinung nach sehen lassen. Der Lack glänzt viel mehr, hat deutlich mehr Farbtiefe, und das Wasser perlt einfach so ab – eine absolut beeindruckende Arbeit. Was wir dabei gelernt haben? Dass professionelles Car-Detailing ein mega-anspruchsvoller Job ist! Man muss wissen, was man tut, sonst kann es schnell in die Hose gehen. Außerdem braucht es viel Know-how, Produkt- und Materialkenntnisse und eine gewisse perfektionistische Veranlagung. Vor allem, wenn die reichen Jungs mit ihren Super-Cars mal wieder eine Exklusivbehandlung wünschen ... Aber da machen wir uns bei Michael Marx von der Detailing Crew überhaupt keine Sorgen!