Anzeige

 Anzeige

Tipps bei Stilllegungen (2019)

So könnt ihr euch wehren!

11.01.2019 10:48 Uhr

Text: Harald Schmidtke | Fotos: MAV-Archiv


Selbst bei Fahrern serienbelassener Fahrzeuge stellt sich angesichts einer Polizeikontrolle häufig Unbehagen ein – noch ungemütlicher wird's, wenn man ein getuntes Auto hat. Doch kann dieses einfach so stillgelegt werden? Und wann kann ich mich wehren?

In Zeiten von Posern und häufiger werdenden illegalen Autorennen auf öffentlichen Straßen geraten auch Tuner, oftmals ungerechtfertigt, verstärkt in den Fokus der Polizei – manch eine Sondereinheit nennt sich leider sogar „Soko Tuner". Die überwiegende Anzahl der Tuner lebt ihr automobiles Hobby innerhalb der zulässigen Regeln. Dennoch ist feststellbar, dass einige Ordnungskräfte und auch manche Medien zwischen Tunern und den benannten Randgruppen nicht ausreichend differenzieren ... So wird auch immer wieder von einer angespannten Stimmung an diesen Sonderkontrollstellen berichtet. Völlig relaxt kann sich der Fahrzeugeigner die Kontrolle anschauen, wenn sein Fahrzeug regelkonform ist. Falls nicht, sollte man nicht „drum herum" reden, sondern zur Sache stehen – und schon gar nicht mit irgendwelchen Paragrafen um sich werfen oder „Ich kenne meine Rechte"-Diskussionen führen. Derartige Gespräche werden nie zum eigenen Vorteil ausgehen! Achtet einfach darauf, dass der Polizeibeamte sich an die Verwaltungsvorschriften und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hält. Tut er das nicht, habt ihr Rechte, von denen ihr Gebrauch machen könnt ... Worauf sollte man besonders bei einer solchen „zielgruppenorientierten" Polizeikontrolle achten?

PUNKT 1 – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Ist ein Fahrzeug nicht regelkonform, droht nicht grundsätzlich eine Sicherstellung zur Beweissicherung. Besteht für den Polizeibeamten die Möglichkeit, die Verstöße etwa durch Fotos umfassend zu dokumentieren, wären eine Sicherstellung und die Anfertigung eines Beweissicherungsgutachtens als nicht verhältnismäßig anzusehen. Sollte es zu einer Sicherstellung kommen, obwohl eine umfassende Dokumentationsmöglichkeit bestanden hätte, ist eine Beschwerde vor dem zuständigen Verwaltungsgericht gegen die unverhältnismäßige Maßnahme denkbar. Die Anrufung des Verwaltungsgerichts ist nicht mit Kosten verbunden und unabhängig von denkbaren Maßnahmen in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren zu betrachten.

PUNKT 2 – Sicherstellung zu Beweiszwecken 

Sind Regelverstöße nicht durch Fotos oder andere zugelassene Verfahren unmittelbar an der Kontrollstelle dokumentierbar oder ist ein Fahrzeug unzweifelhaft verkehrsunsicher, kann der Polizeibeamte die Sicherstellung zur Erstellung eines Beweissicherungsgutachtens veranlassen. Die Sicherstellung kann erfolgen, wenn der Gegenstand (das Fahrzeug) Beweismittel für die Untersuchung sein kann – also auch bei Verstößen gegen Geräusch- und Abgasvorschriften. Die Maßnahme der Sicherstellung ist durch das Ordnungswidrigkeiten-Gesetz gerechtfertigt, welches dem Beamten die gleichen Rechte wie in einem Strafverfahren einräumt und eine Sicherstellung oder Beschlagnahmung zulässt. Bescheinigt ein Beweissicherungsgutachten entgegen der polizeilichen Annahme die Mängelfreiheit des Fahrzeugs, kann der Fahrzeughalter sämtliche durch die Sicherstellung entstandenen Kosten (zum Beispiel Taxi, Leihwagen, Hotelübernachtung, Gutachterkosten usw.) von der handelnden Polizeibehörde einfordern.

PUNKT 3 – Entstempeln/Stilllegen, Untersagung der Weiterfahrt eines Fahrzeugs

Die Polizei darf nicht „einfach so" entstempeln. Die rechtliche Zuständigkeit für eine Entstempelung liegt bei der Zulassungsbehörde. Entstempelt ein Polizist, muss dieser für jeden Einzelfall eine Freigabe der zuständigen Zulassungsbehörde einholen. Eine generelle Entsiegelungsvollmacht für Polizeibeamte gibt es nicht. Sollten Entstempelungen durch Polizeibeamte ohne vorherige Abstimmung mit der zuständigen Zulassungsbehörde vorgenommen werden, ist ein Verstoß gegen Verwaltungsrecht nicht ausgeschlossen. In einem solchen Fall kann Beschwerde beim örtlichen Verwaltungsgericht gegen die Maßnahme eingelegt werden. Was nicht bedeutet, dass ein Polizeibeamter im unzweifelhaften Fall einer Verkehrsunsicherheit nicht rechtmäßig die Weiterfahrt und Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr untersagen kann.

PUNKT 4 – Höhe des Bußgeldes im Ordnungswidrigkeitsverfahren 

In Einzelfällen lohnt sich auch die Überprüfung des Bußgeldbescheids in Bezug auf die Vorwürfe und die Höhe der Buße durch einen Anwalt. Nicht selten wird von Korrekturen zugunsten des Betroffenen berichtet. Wir alle sind Menschen – Polizisten auch, „nur" in Uniform. Wir alle sollten bemüht sein, unseren Job bestmöglich machen – Fehler können dennoch immer passieren. Ein respektvoller Umgang miteinander ist die Grundvoraussetzung für den spannungsfreien Ablauf einer Polizeikontrolle. Da sind beide Seiten gefordert! Unsere Hinweise sind dementsprechend nicht als Argumentationshilfe gegen die Polizei zu verstehen, sondern als Hinweis darauf, dass Möglichkeiten der Beschwerde oder des Einspruchs bestehen. Und zwar dann, wenn man sich unfair behandelt fühlt oder seitens der Polizei einmal etwas schieflaufen sollte.

Mehr Servicethemen rund ums Tuning findest du unter der Rubrik SERVICE.