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Zu Gast beim Urban Outlaw

Magnus Walker ganz privat

12.12.2017 11:46 Uhr

Text und Fotos: Nick K. Hofmeister


Sidney Hoffmann hat Magnus Walker in L.A. besucht und dabei Pläne für sein eigenes Projekt „German Outlaw" geschmiedet. Doch dann kamen ihm die wunderschönen Porsche dazwischen ... Leider? Ein Glück für uns!

Den typischen Porsche-Fahrer stellen sich viele als erfolgreichen Geschäftsmann mit entsprechendem Dresscode vor. Nicht selten schwingt ein Hauch von Neid mit, wenn ein solcher Sportwagen durch die Innenstadt cruist oder jemand von einem Porsche-Modell überholt wird. Zum Glück ist das bei Auto-Nerds anders. Da spielt es keine Rolle, wer im rassigen Coupé sitzt. Und: Neid kennen wir nicht. Selbst Kreationen von Liberty-Walk, RauhWeltBegriff und Co., nicht selten von eingefleischten Porsche-Liebhabern argwöhnisch begutachtet, verstehen sich in gewisser Weise als Verneigung vor der zeitlosen Linienführung und Formensprache der erstmals 1963 auf der IAA vorgestellten 911er.

Der Brite und Wahl-Kalifornier Magnus Walker lebt eine ganz spezielle Porsche-Leidenschaft und pfeift auf den vermeintlichen „Porsche-Dresscode". Und das meinen wir nicht nur bezogen aufs Auto... Seit etwa zehn Jahren ist der 911er-Sammler auch außerhalb der amerikanischen „Vintage-Porsche-Szene" kein Geheimtipp mehr. Bei Magnus geben sich Porsche- und Tuning-Fans aus aller Welt die Klinke in die Hand. Auch Sidney Hoffmann hat schon bei ihm vorbeigeschaut. Automobilzeitschriften und Nachrichtenmagazine in Deutschland haben dem von Großbritannien nach Los Angeles ausgewanderten Nordengländer mehrere Seiten gewidmet.

Vielleicht liegt es daran, dass der Endvierziger mit seinen bauchlangen Rasta-Locken, dem wild wuchernden Zottelbart und den farbenfrohen Tätowierungen so gar nicht ins Bild des klassischen Porsche-Fahrers passen will. Dabei lebt und liebt der aus Sheffield stammende Fan einfach nur das Lebensgefühl 911. Und das schon ziemlich lange. Aufgewachsen im englischen Wirtschaftskrisen-Tohuwabohu der 1970er-Jahre besuchte Magnus mit seinem Vater 1977 die „Earl's Court Motor Show". Am Stand der Zuffenhausener Kultmarke war es um den damals Zehnjährigen geschehen. „Es war ein weißer 911er im Martini-Look. Um genauer zu sein ein Turbo und der Spoiler reichte bis zu meinem Kopf", erinnert sich Magnus. Seitdem wusste er, dass dieser Porsche sein Traumwagen ist.

„Ich fahre 911er mit Charakter"

Will heißen: Magnus schaut sich nach alten 911ern um, die eigentlich längst das Zeitliche gesegnet haben und nur durch viel Liebe und langer Restauration wieder zum Fahren erweckt werden können. Meist gibt er beim Kauf der „Reste", die als Basis für seine außergewöhnlichen Projekt-Porsche dienen, nicht mehr als 5.000 bis 15.000 US-Dollar aus. So sehen sie die Spenderfahrzeuge dann meistens auch aus. Magnus' Passion ist der Kauf, die Restaurierung und der Weiterverkauf der seit 1963 gebauten Porsche-911-Modelle. Diese Leidenschaft lebt er seit 1994. Seine selbst umgebauten „Special Models" verkauft er meist nicht. Der Mix verschiedener Porsche-Modellgenerationen und punktuelle Verfeinerungen zeichnen die Kreationen des Wahl-Kaliforniers aus. Aktuelle Projekte fallen oft durch ihre „fifteen52"-Felgen auf. Dabei rüstet Magnus entweder auf ein Gewindefahrwerk um oder tauscht lediglich die Dämpfer. Letzteres gefällt ihm meist besser, weil der Fahrcharakter des Klassikers ursprünglicher bleibt, wie er uns verrät. Bei seinem Besuch der Urban-Outlaw-Sammlung fällt Sidney Hoffmann der eine oder andere 911er mit einem modifizierten Fahrwerk auf. „Das ist so ein neues KW-Spindle-Kit für alte ‚G'. Ich probiere das mal aus", erklärt Magnus. Von KW gibt es inzwischen verschiedene Fahrwerklösungen inklusive Radaufnahmen speziell für alte Porsche, die auch mit den originalen Drehstabfedern im G-Modell genutzt werden können.

Magnus Walker ist ein Selfmade-Mann. Seine Lebensgeschichte liest sich eher wie eine Hollywood-Schmonzette oder – Verzeihung – wie eine Episode aus „Grand Theft Auto 5". Der Urban Outlaw hat die Schule mit 15 Jahren verlassen und ist 1986 mit gerade mal 19 in den Flieger gestiegen, um in Amerika sein Glück zu suchen. Nach einem Road Trip durch die USA ist Magnus dann in Los Angeles hängen geblieben, genauer gesagt in Downtown L.A.. Dort lebt er seit über zwei Jahrzehnten und verdient sein Geld hauptsächlich mit Klamotten. Das Erfolgsgeheimnis? „Ich suchte mir einen Job in Hollywood", schmunzelt der Porsche-Enthusiast, als Sidney Hoffmann ihn kurz vor der SEMA 2016 besuchte. „Innerhalb von drei Tagen hatte ich meine eigene One-Man-Firma." Alles fing damit an, als sich Magnus für schlappe zehn US-Dollar Hosen im kitschigen Alligator-Look kaufte, sie aber nicht wirklich passen wollten. „Also nahm ich Nähzeug zur Hand. Danach marschierte ich in einen Punk-Rock-Schuppen", berichtet Magnus. Alles andere liest sich wie eine der vielen Geschichten vom American Dream. Denn der Besitzer wollte wissen, woher er die Hosen hätte. Magnus sagte ihm, das er die Hosen aus England hätte und ob er welche kaufen möchte. „Klar, antwortete er und fragte gleich, was sie kosten", erzählt der findige Verkäufer. Er wollte schnelles Geld machen und sagte 25 US-Dollar. Unfassbar! Der Barbesitzer wollte sofort acht Hosen. „Ihr glaubt nicht, wie schnell ich wieder in das Einkaufszentrum gerannt bin und die Hosen gekauft habe", schiebt Magnus hinterher. Mit den acht Hosen machte er an einem Tag mehr Geld als seinerzeit in einer Woche in seiner alten Heimat Sheffield.

Der Einstieg ins Big Business: Anfang der Neunziger gründet Magnus ein eigenes Modeunternehmen. Seitdem schneidert er den Punks und Alternative-Rockern Hosen, Shirts, Pullis, Hoodies und alles, was zu den Hochzeiten der Grunge-Musik angesagt war und heute noch gerne angezogen wird. Stars und Sternchen sind inzwischen auf Magnus' Modekreationen aufmerksam geworden. Für den Briten wurde der „American Dream" Realität. Zur Jahrtausendwende bezog Magnus im damals nicht so angesagten L.A. Downtown ein Industriegebäude. Er baute es um, um dort nicht nur seine Klamotten zu schneidern, sondern auch Platz für eine Werkstatt und seine immer weiter wachsende Porsche-Sammlung zu schaffen. Irgendwie bekamen Hollywoodproduzenten von der zum Loft umgebauten Industriehalle Wind und mieteten sie für Film- und TV-Produktionen. Magnus hatte ein weiteres Standbein und gründete „Downtown L.A. Film Locations".

Heute ist Magnus Walker als „Urban Outlaw" längst der Inbegriff einer Marke und bleibt sich dabei seiner Liebe zu besonderen 911ern treu. Seine restaurierten „Special-Porsches" fährt er soweit wie möglich auch täglich und ist mit ihnen oft auch auf Rennstrecken unterwegs. Am liebsten zieht es ihn wie so viele Porsche-Fahrer nach Los Angeles in die Santa Monica Mountains ... Was für eine Geschichte!