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Das sind "Turkish Delight"

"Die Autos sind unsere süßen Stückle"

13.12.2017 11:31 Uhr

Text: Peter Hintze | Fotos: Jan Bürgermeister


Familie, Leidenschaft, Autos. Dafür stehen die Jungs von Turkish (TR) Delight. Mittlerweile hat die 2005 ins Leben gerufene Multikultitruppe fast 40 Members. Und der Hype ist nicht zu stoppen. Wir haben die Gründer in Heilbronn getroffen.

Ein sonniger Samstagmorgen mitten in Heilbronn: Wir sind mit den „Gründungsvätern" von TR Delight verabredet. Abdu Yasaroglo (30), Hüseyin Kilinc (28), Kenan Evren (33), Onur Okur (33) und Sülo Yakin (36) haben das TUNING-Magazin in ihr Stammlokal, eine Shisha-Bar namens „Inthegration", eingeladen. Gründer Süleyman Sahin (29) lässt sich entschuldigen. Süle, wie er von seinen Freunden genannt wird, wäre gern dabeigewesen. Doch er schaut sich in Dubai beim ersten GTI-Treffen um. Die gemütlich eingerichtete Lounge lässt uns zum Interviewtermin ausnahmsweise mal außerhalb der Öffnungszeiten hinein. Inmitten gewebter Teppiche und unterhalb eines riesigen Flatscreens nehmen wir auf einer Bank Platz. „Für eine Shisha ist es nie zu früh", sagt Hüseyin und bestellt Toast mit Sucuk.

"OH GOTT, DIE KARRE GEHÖRT EINEM TÜRKEN! DER FEHLENDE RESPEKT HAT UNS GESTÄRKT!" Hüseyin Kilinc
Die kultige Wasserpfeife und die schmackhafte Knoblauchwurst gehören ebenso zu TR Delight wie die ungeheure Gastfreundschaft und ein ungemeiner Familiensinn, der weit über die Autoleidenschaft hinausgeht. Klischees? Vorurteile? Fehlanzeige. Abdu, Hüseyin, Kenan, Onur und Sülo sind Kinder von einstigen Gastarbeitern, haben gute Jobs und stehen mitten im Leben. Dazu gehört eben auch, in der Freizeit coole Autos zu bauen und zu fahren. Nicht etwa BMW E30 oder E36. Sie leben und lieben Volkswagen und setzen in der Tuning-Szene schon seit geraumer Zeit ihre Trends.

Das war nicht immer so, erzählt Onur. Denn die Szene tickt anders: „Ich habe mich bei einer Gruppe beworben. Die wollten mich nicht. Und da dachte ich mir, jetzt machen wir was Eigenes." Das war 2005. Eine Handvoll Gleichgesinnter ließ sich im Bekanntenkreis schnell finden, erinnert sich Sülo. Nur bei der Frage nach dem Namen der Crew schieden sich seinerzeit die Geister. Der Vorschlag „Ladylovers" war nicht mehrheitsfähig. Gott sei Dank! Wohl besser so ... Emrah Ücmen brachte Turkish (TR) Delight, den englischsprachigen Begriff für das zuckersüße Mitbringsel aus dem Land am Bosporus, als Name ins Spiel. „Die Autos sind unsere süßen Stückle", schwärmt Sülo mit Blick auf Lokum. Die Süßigkeit auf Basis eines Sirups aus gelierter Stärke und Zucker ist weich und klebrig. Und nichts für kalorienarme Diätprogramme – ehrlich!

Gesagt, getan. Auf dem Heilbronner Parkplatz einer Fast-Food-Kette wurde TR Delight gegründet. Innerhalb von zehn Minuten entwarf Grafiker Hüseyin am Laptop das Logo, das bis heute Bestand hat. „Ich hatte mit Autos nichts am Hut, bis ich mir einen Beetle gekauft habe", sagt der Heilbronner, der übrigens auch die klubeigene Homepage www.trdlght.com pflegt und mit Input versorgt. Die Webseite hat inzwischen auch einen kleinen Onlineshop. Reinschauen lohnt sich. Warum das erste hochgeladene Bild auf der Webseite eine Lahmacun und kein Auto war, weiß er aber auch nicht (... und lacht). Ein Gag eben. Auch in den sozialen Medien ist TR Delight aktiv. Fast 20.000 Facebook-Fans sind schon eine Nummer. Tendenz steigend! Die unzähligen Follower fasziniert vor allem eines: tiefe Autos mit großen Bremsanlagen und teuren Markenrädern, gepaart mit südländischem Lifestyle.

Die Multikultitruppe ist markenoffen. Neben Fahrzeugen aus dem Volkswagen-Konzern sind auch Modelle von BMW und Mercedes-Benz mit dem offiziellen Logo von TR Delight unterwegs. Dabei ist alles real – „Fake Wheels" sucht man auf den Projekten vergebens. Repliken zählen zu den No-Gos. Der Klub macht übrigens (fast) alles selbst. Abdu, der Kfz-Mechaniker, ist eine Macht bei TR Delight. Das Schraubertalent erledigt alle Arbeiten bis auf die Lackierungen. Süle und Onur sind die Profis, wenn es um Felgen, Fahrwerke und HG-Motorsport-Artikel geht. Sülo kümmert sich um Fahrwerke.

Familiär bleiben

„Kanake, Kümmeltürke, Kameltreiber": Das sind die Vorurteile, mit denen die Jungs von TR Delight zu kämpfen haben. „Wir sind 2013 nach Dresden zur XS CarNight gefahren", erinnert sich Hüseyin. Dort sahen sich Teile der Crew mit Aussagen wie „Oh Gott, die Karre gehört einem Türken!" konfrontiert. „Der fehlende Respekt hat uns gestärkt", schiebt er nach. Mehr noch: TR Delight fing an zu wachsen. Inzwischen ist die Schraubercrew eine echte Multikultitruppe aus Deutschen, Türken, Kurden, Syrern, Österreichern und Schweizern. Ein weiteres Mitglied kommt aus Ghana. Der harte Kern kommt dabei aus der Region Stuttgart/Heilbronn. Wie kann das funktionieren? Sehr gut, weiß Kenan: „Regel Nummer eins bei uns ist, dass über Politik und Religion nicht gesprochen wird." Dass es bei 40, 50 Leuten schon mal Meinungsverschiedenheiten gibt, ist vollkommen normal, meint Sülo. Und TR Delight will nicht um jeden Preis wachsen. Diejenigen, die ein Teil der Crew werden sollen, werden ausgesucht.

TR Delight und der Wörthersee gehören zusammen. Und das bereits seit Jahren. „Wir sind 2012 das erste Mal mit drei Autos an den See gefahren", erinnert sich Sülo. 2016 waren es 37 Fahrzeuge, die ordentlich in Reih und Glied nach Kärnten cruisten. Das von den Heilbronnern organisierte Meeting auf Omas Wiese in Reifnitz ist legendär. Natürlich mit reichlich Sucuk und Shisha-Tabak im Gepäck. Im vergangenen Jahr belegten die Jungs auf dem offiziellen Volkswagen-Stand beim Wörtherseetreffen sogar eine der Crewgaragen. Eine höhere Anerkennung kann es nicht geben ...