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Audi Sport Quattro Replica (1985)

3,5 mal stärker als das Original

08.06.2018 09:41 Uhr

Text: Bernd Frank | Fotos: Peter Herforth


Wenn man diesen kurzen Audi sieht, könnte man denken, einen „echten" vor sich zu haben. Und es ist auch ein echter. Aber kein echter kurzer Sport Quattro, sondern ein „echter Daniel Berger" …

Als Daniel mit dem Aufbau seiner Sport-Quattro-Replika anfing, stellte sich für ihn eigentlich gar nicht die Frage, ob er ein originales Fahrzeug als Basis nahm oder nicht. Mal abgesehen davon, dass der Sport Quattro nur 220-mal gebaut wurde und dementsprechend selten und teuer ist ... Daniel wollte kein Auto haben, wie es Audi 1983 auf der IAA vorgestellt hatte, er wollte einen Sport Quattro realisieren, wie er ihn sich vorstellte. Und da wäre vom Original nicht allzu viel übrig geblieben. Daniel ist kein unbeschriebenes Blatt. 1994, während seines Fahrzeugtechnikstudiums, kitzelte er schon 500 PS aus VR6-Motoren von VW. Sage und schreibe 32 getunte Fahrzeuge hat er bisher auf die Räder gestellt, meist aus dem Hause VW. Mit seiner Audi-Replika wollte er einfach noch einmal herauskitzeln, was alles möglich ist.

Zusammengesetzt aus zwei Fahrzeugen

Die Basis stellte – wie auch beim Original – ein Vorderteil eines Audi-80-Zweitürers, der kürzere Türen als das Coupé hat, das Heck stammte von einem Coupé. Das macht das Fahrzeug 320 Millimeter kürzer als das Coupé. Allein das bedeutete über 300 Stunden Schweißarbeiten, denn das Fahrzeug sollte den außerordentlichen Belastungen gewachsen sein und auch die TÜV-Hürde schaffen. Der TÜV war von Anfang an mit im Boot, so auch bei all den anderen Anbauteilen, die ausschließlich aus Carbon gefertigt und für die Splittergutachten angefertigt wurden. Bis auf die nackte Rohkarosse und die Türen wurde so ziemlich alles aus Carbon gefertigt – inklusive Armaturenbrett und Türverkleidungen. Das bringt natürlich einen entscheidenden Gewichtsvorteil. Trotz Quattro-Antriebs und Fünfzylinders wiegt das Fahrzeug gerade einmal 1.060 Kilogramm.

"Notlauf" mit 540 PS

Beim Motor ging Daniel ebenfalls eigene Wege. Das Original mobilisierte damals immerhin 306 PS. Eine echte Kampfansage, aber das reichte ihm nicht. Nun hätte man einen potenten aktuellen Audi-Motor nehmen und diesem mit einigen Verfeinerungen auf die Sprünge helfen können. Das hätte einige Kosten erspart, aber das war Daniel zu einfach. Er entwickelte einfach seinen eigenen Motor. Basis war ein 2,5-Liter-TDI-Motorblock mit einem 20-Ventiler-Zylinderkopf, welchen er von Sauger auf Turbo umbaute. Nichts an dem Triebwerk ist Zufall, weil es ein solches Teil in der Konfiguration nicht gab. Konnte Daniel nicht auf Serienteile oder vorgefertigte Tuningteile zurückgreifen, ließ er diese kurzerhand umarbeiten oder neu fertigen.
Wenn ein normales Auto im Notlauf unterwegs ist, dann taugt das maximal für eine Überführung in die Werkstatt. Im Quattro von Daniel liegen dann immer noch 540 PS an. Dank frei programmierbarer Einspritzanlage lassen sich verschiedene Leistungsstufen realisieren.

Maximal 1.081 PS

Die maximale Leistung sind brachiale 1.081 PS, gemessen auf einem Prüfstand. Dies geht allerdings nur mit E85 im Tank, das für einen Normalsterblichen kaum zu bekommen ist. Eine solche Leistung in Verbindung mit dem kurzen Radstand zu beherrschen – dazu braucht es schon einen professionellen Rennfahrer. Denn das Auto wird sehr nervös. Daniel reichen im Alltag die 770 PS, die auch mit 102 Oktan zu erreichen sind. Das ist immer noch mehr als doppelt so viel wie das historische Vorbild. An diesem Punkt des Berichts sollte klar sein, dass Daniel auch bei Fahrwerk und Bremsen zu keinerlei Kompromissen bereit war. Die Dämpfer lieferte Koni, die Federn KW. Alles, auch die originale Sport-Quattro-Achsschenkel, sind PU-gelagert. Fahrwerkstreben aus Carbon und Alu sorgen für mehr Stabilität. Die Bremsen stammen von einem Porsche 996 GT3 RS. Auf die originalen BBS-Felgen in 10 J18 (VA ET7, HA ET 14) sind 255/35 R18 Toyos aufgezogen. Im Innenraum nimmt man auf Recaro-SPG-Sitzen Platz (alte Form), dreht an einem geschüsselten 36er-Lenkrad und ist umgeben von einer Sicherheitszelle. Auf Hi-Fi verzichtete er komplett. Der Wagen ist schließlich ein Sportgerät und keine Komfortlimousine. Auch wenn der eine oder andere Pokal im Regal steht – Daniel hat das Auto vor allem zum Fahren gebaut. Er hat keine Scheu, ihn auch einmal richtig ranzunehmen und dadurch die eine oder andere Gebrauchsspur zu riskieren. Trailerqueens liegen ihm nicht – und ganz ehrlich: Wer hätte nicht auch Lust, mit solch einem Gerät einmal ein paar Runden zu drehen?

DATEN & FAKTEN 

Audi Sport Quattro Replika (1985) von Daniel Berger

MOTOR Audi 20V Turbo, je nach Einstellung der Einspritzanlage/Kraftstoff 540 PS/770 PS/1.081 PS; Motorblock 2,5 l TDI, 20-V-Sauger-Zylinderkopf auf Turbo umgebaut, CNC-Bearbeitung NG Motorsport, Golfballstruktur, Hochtemperatur-Ventilsitze und -Führungen, Umbau auf mechanischen Ventiltrieb, Titan-Federteller, stärkere Federn, Schrick-Nockenwelle Variante 3, H-Schaft-Pleuel PK Motorsport, Kurbelwelle 92,8 mm, Südafrika Bus, TTE-Ansaugkrümmer, TTE-K27-1100t-Turbolader, frei programmierbare VEMS-Einspritzanlage mit 1.700-ccm-Düsen, 3 x 044-Bosch-Spritpumpen, umgebaute Alu-Ölwanne
FAHRWERK Koni-Dämpfer, KW-Federn, neue Achse mit Sport-Quattro-Achsschenkeln, alles PU-gelagert, Dom und Fahrwerksstreben aus Alu/Carbon
RAD/REIFEN BBS-E28-Müller-Felgen in 10J18, VA ET7, HA ET14, TOYO 255/35R18
KAROSSERIE Vorderteil Audi 80 Zweitürer, Heck Audi-Quattro-Coupé, sämtliche Anbauteile außer Türen Carbon
INTERIEUR Armaturenbrett/Türverkleidungen Vollcarbon, Recaro-SPG-Sitze, 40 mm geschüsseltes 36er-Lenkrad Alcantara, 6-PunktGurte, Sicherheitszelle
BREMSEN Porsche-996-GT3-RS-Sättel, 365/34-mm-Scheiben vorne, 302 mm hinten
AUSPUFF Eigenbau, Downpipe 89 mm
GETRIEBE Audi-RS-Getriebe verstärkt, Kardan ohne Gelenk, RS-Differenzial mit langem Ausgleich
DANKE AN Der Wagen ist dem leider inzwischen verstorbenen Vater Herbert Berger gewidmet, der an der Rohkarosse noch mitgeschweißt hat. Weiterer Dank an die Helfer Manfred Ferstl, Michael Amthor, Robert Karner, Wolfgang Koller und Stefan Thies