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VW Caddy 1 von Tobias Huber (2017)

"Schrauben war schon immer meins"

14.03.2018 10:38 Uhr

Text: Peter Hintze | Fotos: Markus Leser


 „Der muss ins Heft. Und zwar so schnell wie möglich", dachten wir uns als wir den manilagrünen Lifestyle-Laster 2017 auf der XS CarNight Wörthersee-Edition zu Gesicht bekamen. Nach einem kurzen Small Talk mit dem Volkswagen-Fan war der Termin für das Shooting in Sack und Tüten. Und keine 48 Stunden später hatte unser Fotograf Markus Leser das blitzblank polierte Schmuckstück vor der Linse. So schnell kann's gehen.

Die Leidenschaft für alles, was Räder hat, wurde dem jungen Mann buchstäblich in die Wiege gelegt. Der 28-jährige Kfz-Technikermeister ist Juniorchef eines markenoffenen Autohauses im bayrischen Abensberg. Tobias' Großvater hat den Betrieb vor mehr als 35 Jahren gegründet. „Meine Mama hat ihn übernommen. Wenn andere auf dem Spielplatz waren, war ich in der Werkstatt", erzählt der Caddy-Besitzer. Stolz erinnert er sich an sein erstes „Schrauberprojekt". „Schrauben war schon immer meins", berichtet Tobias. „Mit sieben Jahren habe ich einen 750er-BMW (V12) gerichtet." Einmal Öl an den Händen, immer Öl an den Händen ... Mit 17 Jahren bekam Tobias sein erstes eigenes Auto – eine T3-Doppelkabine. Charly, wie er von seinen Freunden genannt wird, brachte die gute alte Doka in Schuss, schweißte Bleche, lackierte die Karosserie und verpasste dem T3 neben Alufelgen und Tiefe auch noch andere Sitze. Kurze Zeit später wechselte ein E30-Cabrio in den Besitz des jungen Autobegeisterten. Da war die Zeit für einen Motorumbau gekommen.

Tobias verpflanzte das Triebwerk eines 328i (E36) in den Motorraum. Ab diesem Zeitpunkt gab es kein Halten mehr. „Volle Hütte" präsentierte sich der Dritte im Bunde, ein E46 Touring. Und dann kam der Caddy ... Kfz-Technikermeister Tobias musste nicht lange überlegen. Er wollte schon immer einen solchen Lastesel haben. „Der Caddy 1 ist selten", erzählt er uns. Leider – und davon kann der Bayer ein Lied singen – sind die Basisfahrzeuge nach Jahren im Einsatz auch entsprechend heruntergerockt. Mehr als die besagte „Schubkarr' auf der Baustell'" machte die 2015 für 1.200 Flocken getätigte Neuerwerbung nicht her. Dellen hier, Rost da – doch Tobias warf die Flinte nicht ins Korn. Im Gegenteil: Er fand in den Mitgliedern der „Versenkt."-Crew tatkräftige und moralische Unterstützung, um sein Projekt bis zur Perfektion voranzutreiben.

Robert Zschocke, bei „Versenkt." der Mann für alles Technische, unterstützte den Caddy-Fan bei den Karosseriearbeiten. Zusammen schweißten sie Radläufe, Bodenbleche, Ladefläche, Schweller sowie Heckblech. Darüber hinaus wurden die Radläufe vorn und hinten in Blech verbreitert. Kumpel Enrico Köpp bereitete die Lackierung vor. Christian Röhrl nebelte Karosserie und Unterboden in ein zeitloses Manilagrün.

Der serienmäßige 1,6-Liter-Saugdiesel mit 54 PS reichte Tobias längst nicht mehr aus. Er wollte etwas Aufgeladenes. Als billigste Variante für ein ordentliches Motorupgrade erschien ihm da ein 1,9-Liter-TDI aus einem Dreier-Golf. Dank eines neuen Laders, anderer Düsen und Pumpenkolben sowie eines Eigenbau-Ladeluftsystems macht der Lifestyle-Laster jetzt richtig Spaß. „Ich will fahren", sagt Charly, der aufgrund des leistungsstarken Motors (200 PS und 300 Newtonmeter) auch Kupplung und Schwungrad modifiziert hat. Die Trommelbremse an der Hinterachse ist ebenfalls Geschichte. Für perfekte Verzögerungswerte sorgen mittlerweile Bremsscheiben eines Golf 2 G60. In Sachen Felgen schwört Tobias auf einen echten Klassiker: Die mit Nankang-Pneus ummantelten OZ Futura stehen dem kultigen Caddy, der sich dank Luftfahrwerk von TA Technix mit iPhone-Steuerung von Airlift fast auf dem Boden ablegen lässt, perfekt.

Ein weiteres Highlight ist der Motorraum. Etwas derart Cleanes haben wir selten gesehen. Robert und Tobias haben sich über Wochen und Monate auf Treffen und Events gecleante Motorräume von Einsern angesehen – stets auf der Suche nach neuen Ideen für ihr Caddy-Projekt. Doch der Teufel steckte wie so oft im Detail: in diesem Fall der Kabelstrang des Motors. Aus optischen Gründen wurden die Kabel um 3,50 Meter verlängert und hinter dem Armaturenbrett versteckt. Die Batterie steckt unter der Mittelkonsole, der Ausgleichsbehälter wurde in den Kühler integriert.

Mit dem Ambiente eines Baustellenfahrzeugs hat der Innenraum inzwischen nichts mehr gemeinsam. Hier hat die Edelleder Manufaktur Auer ganze Arbeit geleistet. Der Dachhimmel und das Armaturenbrett sind in feinstes Nubukleder gehüllt. Die von einem Corrado stammenden Sitze sowie die Türverkleidungen tragen italienisches Lamboleder mit filigraner Rautensteppung. Perfektioniert wird das Ensemble durch das Momo-Holzlenkrad sowie Zusatzinstrumente für Öldruck, Batteriespannung und Ladedruck.

Wir sind sicher, dass wir von dem Caddy noch einiges zu hören und zu sehen bekommen werden. Tobias will motormäßig demnächst nachlegen. Er träumt bereits von einem R32-Triebwerk mit Direktschaltgetriebe. „Mit Sinn und Verstand", wie er sagt.

DATEN & FAKTEN 

VW CADDY 14 D (1985) von Tobias Huber 

MOTOR 1,9 l TDI AFN (Golf 3 Variant), Serie: 110 PS, leistungsgesteigert auf 200 PS/300 Nm, VP37-Verteilereinspritzpumpe, Ansaugkrümmer VW T3 1,6 TD, Turbolader Garrett VNT 1749VB, Krümmer (Serie), 60-mm-Downpipe, verstärkte Sachs-Kupplung, Einmassenschwungrad, Motorraum umfassend gecleant, Kabelstrang um 3,50 m verlängert und unter dem Armaturenbrett verbaut, Batterie unter der Mittelkonsole versteckt
KAROSSERIE Radläufe, Bodenbleche, Ladefläche, Schweller und Heckblech geschweißt, Radläufe vorn und hinten in Blech verbreitert, Lackierung in Manilagrün
BREMSEN Golf 2 G60 (vorn 280 x 22 mm, hinten 226 x 10 mm)
FAHRWERK TA-Technix-Airride-System mit Airlift-3P-Steuerung per iPhone-App, Stabilisatoren vom Golf 1, Domstreben vorn unten Eigenbau, Tieferlegung um ca. 180 mm
FELGEN/REIFEN OZ Futura in 8 x 17" ET20 mit 165/40/R17 Nankang NS20 vorn, OZ Futura in 9 x 17" ET15 mit 195/40/R17 Nankang NS20 hinten
INTERIEUR Himmel, Armaturenbrett usw. mit Nubukleder bezogen, Sitze vom VW Corrado, Momo-Holzlenkrad, Raid-Zusatzinstrumente für Öldruck, Batteriespannung und Ladedruck, Sitze und Türverkleidungen mit italienischem Lamboleder und Rautensteppung veredelt
DANKE AN Robert Zschocke (Karosseriearbeiten, Ladeluftsystem, Motorraum), Enrico Köpp (Lackiervorbereitung, Karosserie, Anbauteile), Andreas Geyer (überall, wo Hilfe gebraucht wurde), Christian Drobic (Elektrik, Kabelstrang usw.), alle Versenkt.-Mitglieder, Edelleder Manufaktur Auer (Innenraum), Markus Kern (Bavarian Roots) und meine Freundin Nadine Müller für ihr Verständnis für die vielen und doch sehr langen Nachtschicht