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Golf 6 GTI Edition 35 (2011)

"Ich kenne keinen, der tiefer ist"

18.01.2018 16:00 Uhr

Text: Patrick Zwerger | Fotos: Sven Martens


Achtung, Ameisen – Köpfe einziehen! Hier kommt der tiefste Sechser der Republik. Das Attribut #lowestmk6 hat sich Jan Hoheisel mit seinem GTI Edition 35 jedenfalls verdient. Sinn oder Unsinn? Die Frage stellt sich hier nicht.

Reifnitz, Wörthersee, Himmelfahrt. Das 35. GTI-Treffen öffnet die Tore und die VW-Jünger kommen in Scharen. Genau wie in all den Jahren zuvor. Und doch ist dieses Mal alles anders. „Back to the roots" lautet 2016 das Motto der Kultveranstaltung – zurück zu den Wurzeln. Demonstrativ probt deshalb Volkswagen den Schulterschluss mit VW-Tunern aus ganz Deutschland. Ganz vorne mit dabei: die Tiefenjünger der GGrounded-Crew. Jan Hoheisel aus Niedersachsen – in der Szene besser bekannt als „Houdsen Low" – ist einer von ihnen. Für Houdsen ist es so etwas wie ein Ritterschlag: Als offizieller Partner von VW kann er in Reifnitz seinen #lowestmk6 präsentieren – seinen GTI Edition 35, den tiefsten Golf 6 Deutschlands. Oder Europas? „Ich kenne in unseren Breiten keinen, der noch tiefer fährt", grinst Houdsen stolz. Wir auch nicht.

Im Rausch der Tiefe

Dabei hat alles ganz harmlos angefangen. Wie so oft. Klar, autobegeistert war Houdsen schon immer, und seine Lehre als Industriemechaniker bei VW in Wolfsburg ließ ihn ziemlich schnell und ziemlich eng mit der Marke zusammenwachsen. Was anderes als ein Volkswagen kam ihm von Anfang an nicht in die Hütte. Mit Tuning hatte Houdsen aber nicht wirklich viel am Hut. Brav leaste er sich alle sechs Monate einen neuen VW zu Firmenkonditionen, fuhr damit eine Zeit lang und holte sich dann den nächsten. Bis 2011 der Edition 35 rauskam. Und Houdsen sich Hals über Kopf in das Auto verliebte: „Den fand ich optisch einfach total geil. Aber das war ja ein Sondermodell, das man nicht leasen konnte. Da habe ich beschlossen: Den kauf' ich jetzt einfach!" Ende August stand der GTI Edition 35 tatsächlich auf Jans Hof – sein erstes gekauftes Auto. 

Jetzt nahm die Sache schnell Fahrt auf. Über seinen Freund Toni von DK-Reifenservice, den er schon länger kannte, machte Houdsen die Bekanntschaft mit „Prof. Eike" von GGrounded. Von da an ging es steil bergab. Nein, nicht mit Houdsen – mit dem Golf! Angefixt vom Tiefenrausch der GGrounded-Jungs, sollte sich auch der GTI flacher auf die Straße ducken. Als Einstiegsdroge diente eine Variante 1 von KW, kurz darauf folgte der Wechsel auf die Variante 2. Als das alles nicht mehr reichte, investierte Houdsen in ein KW-Clubsport-Gewinde mit hydraulischer Tieferlegung (HLS – Hydraulic Lift System). Allerdings bestellte er nicht die gängige Lift-Kit-Variante, die den Wagen bei Bedarf anhebt, sondern die ebenfalls bei KW erhältliche Drop-Kit-Version. „Dadurch war es möglich, den Golf im Stand maximal abzulassen", erinnert sich Houdsen und ergänzt: „Wir wollten den flachsten Golf 6 bauen. Nicht mehr und nicht weniger." 

Bis dieses Ziel erreicht war, galt es aber, noch ein paar ganz andere Klippen zu umschiffen. Denn auf dem Weg nach unten kommt man irgendwann zwangsläufig mit anderen Komponenten des Fahrzeugs ins Gehege. Mit der Karosserie zum Beispiel. Deshalb tauschte Houdsen die Originalkotflügel gegen 2,5 Zentimeter breitere GFK-Pendants von Kerscher aus. Die gewähren den 19-Zoll-Rädern von BBS genügend Raum, um tief in die Radhäuser einzutauchen. Die erste Hürde war gemeistert!

Dann war da aber noch die Sache mit der Antriebswelle. Der zunehmende Tiefgang brachte die rechte Welle mit dem Längsträger des Rahmens auf Kollisionskurs. Wie also diese Grenze durchbrechen? Rahmenschnitt? Eine heikle Sache! Doch das Glück war auf Houdsens Seite: „Der CDL-Motor des Edition 35 besitzt die gleiche Aufnahme der Antriebswellen wie der 2,0-Liter-TDI. Dort hat VW rechts serienmäßig geteilte Antriebswellen verbaut. Das hieß für mich, ich konnte einfach die geteilte Originalwelle vom TDI in meinen GTI einbauen und mich so vor einem Rahmenschnitt drücken."

Zusätzlich kürzte Houdsen beide Antriebswellen um je zwei Zentimeter, um wirklich das Maximum herauszuholen. Zunächst fuhr er mit geschweißten Originalwellen durch die Gegend, lernte dann jedoch über einige Ecken jemanden kennen, der passende Nachrüstwellen aus Luftfahrtstahl fertigte. Das war natürlich die elegantere Variante – und die teurere! „Wenn du richtig tief runterwillst, kostet es ab einem gewissen Punkt einfach richtig Kohle", lacht Houdsen. „Aber das war eine sehr sinnvolle Investition."

Tuner in Not!

Houdsen weiß, wovon er spricht. Denn mit seiner geschweißten Variante musste er kräftig Lehrgeld bezahlen. „Es war in Sachsen 2013, bei der XS Daylight", erinnert er sich. „Die fand im Parkhaus eines ehemaligen Möbelhauses statt, und beim Reinfahren hab' ich das Fahrwerk für die Fotografen ganz runtergelassen. Dann dachte ich, lädst du mal kurz durch und lässt es schnallen. Ja, und dann lag da ein Kieselsteinchen auf der Straße. Da hat es einen Schlag getan, es gab eine Drehmomentspitze, und zack war die Welle rechts gerissen." Zum Glück hatte Houdsen zu der Zeit die neuen Antriebswellen schon zu Hause liegen. Aber „zu Hause" war 380 Kilometer entfernt! Was nun? „Der ADAC wollte mich nicht bis nach Hause schleppen, ich war damals auch noch kein Mitglied. Deshalb ist dann ein Kumpel nachts um halb zwei zu mir gedüst, hat die Teile eingepackt und ist damit nach Sachsen gefahren. So haben wir morgens um vier auf dem Platz vor dem Parkhaus die neuen Wellen eingebaut ..."

Luftige Entscheidung

Mittlerweile hat Houdsen außerdem das Clubsport-Gewinde gegen ein Luftfahrwerk von HP Drivetech ausgetauscht. Schweren Herzens, wie er sagt. „So ein Airride ist natürlich vom Fahrgefühl her nicht mit einem Gewinde zu vergleichen." Aber gewindetechnisch war der Rahmen der Legalität irgendwann ausgeschöpft. „Man bewegt sich da ziemlich schnell in einer Grauzone", erklärt Houdsen. „Ich hatte keinen Bock drauf, dass mir irgendwo 500 Kilometer von zu Hause entfernt die Karre stillgelegt wird." Noch weniger Bock aber hatte der Niedersachse darauf, seinen GTI statt auf eigener Achse per Trailer zu den Treffen zu karren. Deshalb kam er um das Airride schließlich nicht mehr herum.

TECHNISCHE DATEN 

 Golf 6 GTI Edition 35 (2011) von Jan Hoheisel

MOTOR 4-Zylinder-TFSI-Motor mit 2,0 l Hubraum und serienmäßig 235 PS (Motorcode: CDLG); Chip-Tuning von HB-Performance auf 310 PS; BorgWarner-K04-Turbolader (Serie), BullX-Ego-X-Klappenauspuffanlage von HG Motorsport mit X-tronic-Steuergerät; DSG (Serie)
KAROSSERIE Lackierung im Originallack Candywhite, vorne GFK-Kotflügel von Kerscher (2,5 cm breiter), Golf-R-Kühlergrill; Diffusor schwarz lackiert
FAHRWERK HP-Drivetech-Luftfahrwerk mit AccuAir-Kompressor; geteilte und gekürzte Antriebswelle rechts, gekürzte Antriebswelle links (Eigenbau, gefertigt aus Luftfahrtstahl); maximale Tieferlegung 180 mm (alles liegt auf ...)
RAD/REIFEN BBS Super RS von Racingteam Hofmann in 8,5 x 19" vorne und Hankook S1 Evo in 215/35 ET19 hinten; Spurverbreiterung vorne 10 mm, hinten 8 mm (pro Seite)
BREMSEN Serie
INTERIEUR Schalensitze vom Golf R, Schiebedachschalter vom Golf 5, Tacho vom Golf R; Clubsport-Überrollbügel, Kofferraumausbau fürs Airride in der Reserveradmulde (unsichtbar verbaut)
CAR-HIFI Serie
DANKE AN  meine guten Freunde „Prof. Eike" (GGrounded) und Toni (DK-Reifenservice) für die große Unterstützung, die Inspiration und das Überlassen der Werkstatt (Toni); außerdem die Jungs von GGrounded, Hassan (HG-Motorsport), Peter Hofmann (Racingteam Hofmann), Frederik Schulze (Otte-Fahrzeugtechnik), Heinrich Hoffmann (Autohaus Kühl) sowie Sven Martens für die Fotos!

LESERHINWEIS: Der Einbau eines Luftfahrwerks bedarf immer (!) einer Begutachtung gemäß §21 der StVZO durch einen amtlich anerkannten Sachverständigen. Für Luftfahrwerke mit entleerten Luftkammern gelten bei der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr die Regeln der StVZO-Paragrafen 23 und 30. Ferner werden die Vorgaben des VdTÜV-Merkblattes 751 angewendet. Demnach muss die Freigängigkeit der Räder gegeben sein, um Notlaufeigenschaften zu gewährleisten, sonst droht die Fahrzeugstilllegung bei einer polizeilichen Kontrolle.