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VW Golf 6 TDI (2009)

Dieser Golf R ist ein Selbstzünder

27.12.2017 15:00 Uhr

Text: Patrick Zwerger | Fotos: Peter Fabisiak

Als ihm sein Passat 3B gestohlen wurde, wollte Alexander Gastos aus Wien schon mit dem Tuning aufhören. Der neue Sechser Golf sollte für den Sommer nur andere Felgen bekommen. Doch es kam anders. Zum Glück!

Sieben Jahre ist es jetzt her, dass Alex und der Golf zusammenfanden. Und eigentlich war es damals mehr glückliche Fügung als konkreter Plan – denn mit Volkswagens Kompakt-Bestseller hatte der Wiener irgendwie nie viel anfangen können. Als er im Sommer 2010 daher auf der Suche nach einem neuen fahrbaren Untersatz war, hatte er den Golf 6 erst gar nicht auf dem Schirm. „Ich wollte einfach ein zuverlässiges Auto haben, das sich im Rahmen meines Budgets von 20.000 Euro bewegte", erinnert sich der heute 34-Jährige. „Am besten auch noch ein Diesel – was Sparsames und Wirtschaftliches für den Alltag eben." Dass es dann am Ende tatsächlich der Golf geworden ist, sei purer Zufall gewesen, lacht Alex. „Ich habe eine Menge Autos angeschaut, allerdings hat mir nichts richtig zugesagt. Und dann habe ich diesen roten Sechser TDI gesehen, und irgendwie hatte der es mir plötzlich angetan – es war Liebe auf den ersten Blick!" Außerdem war der Turbodiesel mit gerade einmal 11.000 Kilometern auf der Uhr fast noch ein Neuwagen, erste Hand und bestens gepflegt. Viel falsch konnte Alex bei dieser Geschichte nicht machen. Und so war es schnell beschlossene Sache: Der rote Sechser wanderte in Alex' Garage.

Gegen die guten Vorsätze

Wäre alles nach Plan verlaufen, dann hätte die Geschichte an dieser Stelle auch schon ihr Ende gefunden. Frei nach dem Motto: „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann fahren sie noch heute ..." Aber natürlich lief nicht alles wie geplant. Auch wenn am Anfang ein klarer Entschluss stand: Mit irgendwelchen Tuning-Maßnahmen sollte die Neuerwerbung nicht in Berührung kommen. Diese Phase hatte Alex hinter sich gelassen. Dachte er zumindest. Und im Grunde war der Gedanke sogar verständlich, denn Alex' Tuning-Karriere hatte kurz vorher ein sehr abruptes vorläufiges Ende gefunden: „Ich hatte vor dem Golf einen Honda Civic VTi und danach einen Passat 3B, alle beide getunt." Dann wurde ihm der Passat aber über Nacht gestohlen. Alex hatte die Schnauze voll. Das Thema Tuning war für ihn erst mal durch. Doch ihr kennt das: Irgendwann kitzelt's einen dann doch wieder, ob man will oder nicht. So war es auch bei Alex. Und wie fast immer fing es ganz harmlos an: „Ich dachte mir, für den Sommer könnte ein neuer Satz Felgen nicht schaden", erinnert er sich. Gesagt, getan – aber mit dem Ergebnis war Alex alles andere als zufrieden: „Da passte plötzlich überhaupt nichts mehr, mit den neuen Rädern war der Wagen viel zu hoch. Ging gar nicht!" Also beratschlagte sich der Wiener mit seinen Kumpels Werner Schönstein und Alexander Pfeisinger, was man gegen dieses ästhetische No-Go unternehmen könnte. Klar, er wollte mit Tuning eigentlich nichts mehr zu tun haben. Aber hier blieb ihm ja gar nichts anderes übrig, als mit diesem Vorsatz zu brechen. Das war schließlich ein Notfall!

Als Erstes, so der einhellige Beschluss der drei Freunde, musste ein Gewinde unters Blech. Das nahm die Luft aus den Radhäusern und schaffte so die akuten Beschwerden aus der Welt. Aber dabei konnte es nicht bleiben – plötzlich war Alex wieder mittendrin im Tuning-Fieber. „Wir haben alle möglichen Konzepte durchdiskutiert, von einer Kombination des roten Lacks mit Gold und Schwarz bis hin zum Iron-Man-Mottofahrzeug. Und dann kamen wir irgendwann auf die Idee, aus dem Golf einfach einen ‚Diesel-R' zu machen." Das schien Alex eine gute Entscheidung, denn die Optik des Sechser R gefiel ihm. Ein richtiger Golf R wäre ihm aber unterm Strich zu teuer gekommen. Da war das doch ein idealer Kompromiss! Und so wanderten kurz darauf eine R-Front, R-Seitenschweller und das markante R-Hinterteil mit Doppelrohrauspuff an den Sechser. Natürlich nicht, ohne dass alle Bauteile und die Restkarosserie einer intensiven Schönheitskur in Gestalt umfangreicher Cleaning-Maßnahmen unterzogen wurden. Dazu noch die Motorhaube zum bösen Blick gezogen, die Seitenspiegel in Carbon eingelegt und eine Carbon-Airbox für den Vierzylinder – schon war von dem guten Vorsatz, das Auto nicht anzutasten, nichts mehr zu erahnen. Und weil nun schon alles egal war, konnte es auch gleich weitergehen: Der TDI-Motor erhielt neben der Airbox auch rot lackierte Abdeckungen, goldene Schrauben und goldene Schellen. In die Scheinwerfer arbeiteten Alex und seine Kumpels ebenfalls rote und goldene Elemente ein. Gleichzeitig wurden zahlreiche Kunststoffteile inklusive Diffusor in satt glänzendes Schwarz genebelt, um einen Kontrapunkt zur amaryllisroten Außenhaut zu setzen. So kam die angedachte Kombination aus Rot, Gold und Glanzschwarz doch noch zum Tragen – und sie kommt richtig gut!

Gut macht sich auch das Luftfahrwerk mit gekürzten Dämpfern, das vor einiger Zeit das Gewinde ersetzte und den Golf mit aller Macht in Richtung Boden drückt – gerade noch hoch genug, dass die Antriebswellen der Vorderachse nirgendwo anecken, wie Alex zu Protokoll gibt: „So, wie er jetzt dasteht, habe ich keine Probleme mit der Welle, das geht sich noch aus. Tiefer geht's ohne Basteln aber nicht mehr." Fürs Basteln zeichnen übrigens vor allem Alex' Freunde Werner Schönstein und Alexander Pfeisinger verantwortlich, macht der 34-Jährige deutlich: „Die beiden haben die meisten Sachen gemacht – aber ich helfe, wo ich kann!"

 

Ein Hauch von Bentley

2016 haben die drei Freunde auch dem Innenraum unübersehbar ihren Stempel aufgedrückt. Und dabei haben sie sich nicht lumpen lassen: Statt der schwarzen Serienausstattung trumpft das Diesel-R-Cockpit nun mit hellbraunem Leder aus der Bentley-Sattlerei auf. Alex' Augen leuchten, wenn er darauf angesprochen wird: „Ich find das Leder so geil! Als ich das zum ersten Mal gesehen habe, wusste ich: Das muss ich haben – koste es, was es wolle!" Das edle Braun schmiegt sich farblich elegant ans Metallicrot der Karosserie – Harmonie pur! Und natürlich durften Recaro-Schalensitze aus dem Serien-Golf R nicht fehlen. Alles andere wäre schließlich ein Stilbruch gewesen. Was in Zukunft noch folgt? Alex überlegt: „Ich habe ja jetzt die Artec-Turbo-Felgen drauf, da würde sich bestimmt eine Porsche-Bremse gut machen. Und den Kofferraumausbau will ich noch etwas optimieren!" Eilig hat es der Polier mit seinen Plänen jedoch nicht: „Ich bin auch so schon ziemlich zufrieden mit dem Ergebnis." So zufrieden, dass er den Golf längst nur noch für besondere Anlässe aus der Garage rollt. Von seinem neuen „daily driver" will er übrigens Tuning-technisch die Finger lassen. Dieses Mal wirklich!

TECHNISCHE DATEN 

Golf 6 TDI (2009) von Alexander Gazdos 

Motor  2,0 Liter TDI-Motor, Carbon-Airbox; Motorabdeckungen und Deckel in Wagenfarbe lackiert, Schrauben und Schellen in Gold; Auspuffanlage ohne Mittelschalldämpfer, Endschalldämpfer vom Golf R
Karosserie Komplettumbau auf Golf-R-Optik (Heck mit Carbon-Diffusor und R-Auspuff, Seitenschweller, R-Front), Karosserie gecleant (Front ohne Befestigungslöcher, Heck ohne Embleme), böser Blick (in Blech), GTI-Heckspoiler; Kotflügelkanten umgelegt, Kotflügel gezogen; Lackierung in Amaryllisrot Metallic (original); Seitenspiegel in Carbon laminiert, alle Kunststoffteile glänzend schwarz lackiert; Bi-Xenon-Scheinwerfer teilweise in Wagenfarbe lackiert oder mit goldener Carbonfolie bezogen, Heckleuchten vom Golf R
Fahrwerk LowFabrik-Luftfahrwerk mit gekürzten Dämpfern und Stabilisatoren für maximale Tieferlegung, Achsschenkel vom VW Touran
Rad/Reifen dreiteilige Alufelgen Artec Turbo in 8,5 x 18 Zoll vorn und 9,5 x 18 Zoll hinten auf Reifen der Dimension 205/35/18 vorn und 215/35/18 hinten; Wiechers-Domstrebe (in Goldcarbon foliert), Spurverbreiterung 20 mm vorn und 40 mm hinten (pro Seite)
Bremsen Bremsanlage vorn vom VW Touran, hinten Serie
Interieur kompletter Innenraum mit braunem Bentley-Nappaleder bezogen; R32-Motorsportsitze vorn und hinten, Lenkrad vom Golf R (abgeflacht), ICT-Schaltknauf, Pedale vom Golf R; Interieurleisten in Carbon laminiert, Plastikteile in Glanzschwarz lackiert
Car-HiFi DLS-Frontsystem mit 16-cm-Kickbasslautsprechern und Hochtönern, 30-cm-Subwoofer von Rockford Fosgate, zwei Zweikanalendstufen von Rockford Fosgate, ein Rockford-Fosgate-Monoblock; Kofferraumausbau in Radmulde
Danke an  Werner Schönstein (Einbau von Luftfahrwerk, Innenausstattung und vielem mehr), Alexander Pfeisinger (alles Mögliche), David Olah (Beschaffung Luftfahrwerk)