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Karl Schagerls Turbo-Rallye-Golf

Eine absolute Track-Sau!

14.12.2017 11:15 Uhr

Text: Joshua Hildebrand | Fotos: Wolfgang Maringer


Karl Schagerl und die 15-jährige Suche nach dem ultimativen Rallye-Golf …

Wir möchten ja gar nicht immer von Vergangenem reden. Lieber vom Hier und Jetzt. Und doch tun wir beides: Denn diese Geschichte hat ihre Wurzeln in den 1980er-Jahren, als der Schwede Kenneth Eriksson in einem Golf 2 GTI Rallyeweltmeister der Gruppe A wurde. Die Freude über den Sieg war grandios. So grandios, dass VW 1988 den auf 5.000 Stück limitierten Rallye-Golf als Homologationsmodell für die WRC auflegte. Was zunächst vielversprechend klang, ging salopp gesagt mächtig in die Hose. Denn der 1,8-Liter war mit 160 PS so schwachbrüstig unterwegs, dass er in Sachen Leistung und Popularität gegen den GTI komplett das Nachsehen hatte. Der dritte Platz bei der Rallye Neuseeland war das erste und letzte Mal, dass der Rallye-Golf überhaupt Punkte einfuhr. Danach war Feierabend und das Projekt wurde eingestellt.

15 Jahre bergauf

Leistung war nicht der Grund, warum Karl Schagerl im Jahr 2000 ein zehn Jahre altes Exemplar kaufte. „Zunächst war es nur ein günstiger Allradantrieb, den ich für das Fahren in den verschneiten österreichischen Wintern suchte – da war der Rallye-Golf perfekt", erzählt Karl. Doch dann kam alles anders, nachdem er spaßeshalber an einem Amateurslalom teilgenommen und diesen zu allem Überfluss auch noch gewonnen hatte. Und das, obwohl er seiner Meinung nach eine ziemlich latente Fahrweise an den Tag gelegt hatte. Karl begann zu grübeln ... Was bis dato noch als Wochenendhobby mit gedeckeltem Budget durchgegangen wäre, entwickelte sich schnell zu einer Art Sucht und zu einem „Fass ohne Boden". Denn kaum war der „alte" Mercedes-Kompressor raus (den hatte der Vorbesitzer anstelle des originalen G60-Laders verbaut), schnappte sich Karl einen 16V-Zylinderkopf vom GTI, da für einen größeren Turbo die acht Ventile nicht ausreichen würden. Es folgten der KKK-Lader eines 92er-Audi S2 (280 PS) und schließlich ein Garrett GT28, da Karl die lethargische Arbeitsweise des Audi-Turbos bemängelte. Nach Umbau und richtiger Einstellung stieg die Leistung des Ex-G60-Motors dann auf 330 PS.

Amateur- oder Profiliga?

Diese Frage hätte sich Karl nach so einigen Umbauten stellen können – tat er aber nicht. Für ihn war klar, dass hier noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht war. Folglich ging es im Winter 2010/2011 erst so richtig los: Das alte und runtergerockte Syncro-Getriebe, welches den 330 PS ohnehin nicht mehr gewachsen war, wurde durch eines vom Golf 4 4-Motion ausgetauscht. Die Aufhängung wurde zudem so konstruiert, dass sie auch im Sturz einstellbar ist, und die weichen Buchsen wurden durch Uniballlager ersetzt. Und weil im Motorsport Gewicht über Sieg oder Niederlage entscheidet, räumten Karl und sein Team den Innenraum komplett leer, montierten ein leichteres Armaturenbrett und ersetzten diverse Anbauteile durch wesentlich leichtere aus Kohlefaser. Damit aber nicht genug: Als Karl erste Erfolge verzeichnen konnte und 2011 bei seiner ersten Hillclimb-Meisterschaft auf Platz drei fuhr, ging es weiter. Denn Karl hatte offensichtlich Blut geleckt. Dieses Mal wurde die Aufhängung neu gestaltet, um niedriger und breiter fahren zu können. Zusätzlich wurden alle Stahlkarosserieteile durch Carbon ersetzt und 18-Zoll-Räder montiert.

Schneller, als der Berg rufen kann

Das größte Upgrade waren allerdings der Motor und das Getriebe. Ab sofort sollte unter der Haube des Renners ein modifiziertes Ramler-Engineering-Triebwerk sein Unwesen treiben. In seinen Grundzügen besteht dieses aus einem Golf-5-Zweiliterblock samt Rennkolben und gehärteten Pleueln. Außerdem wurde die Direkteinspritzung durch eine modifizierte Einzeldrossel ersetzt. Trockensumpfschmierung und ein spezieller Auspuffkrümmer tun dabei ihr Übriges. Somit klettert die Leistung bei 2,2 Bar Ladedruck auf wilde 530 PS und 650 Newtonmeter Drehmoment! Bei einem Leergewicht von 932 Kilogramm befinden wir uns schon längst im Bereich eines Supersportlers. Erst recht mit dem sequenziellen Sechsgangrenngetriebe von KAPS. Nicht zu vernachlässigen ist auch das Aerokit am Auto. Eine diffizile Sache, die letztlich auch über die Fahrbarkeit des Autos entscheidet. Also war es nicht nur Mittel zum Zweck, sondern eine Notwendigkeit, dass unsere Track-Sau mit einem monstermäßigen Heckflügel von STW Deutschland ausgestattet ist. Dieser generiert jede Menge Downforce und Grip auf der Hinterachse. Dennoch: „Es ist wichtig, dass das Auto gut aussieht", meint Teammechaniker und Ingenieur Gerhard Moser mit einem verlegenen Grinsen. Insofern passen auch die Zusatzflügel und Seitenkästen im DTM-Stil rund ums Auto wirklich gut dazu.

„Nichts kann uns stoppen"

Natürlich weiß Karl inzwischen, was das Auto in finanzieller Hinsicht wert ist. Aber er ist sich auch im Klaren darüber, dass die Erfolge, die er bisher damit gefeiert hat, unbezahlbar sind. Vom Sieger auf einem Parkplatz vor einigen Jahren hat sich Karl unter anderem zum Steiermark-Hillclimb-Champion, FIA-Central-European-Hillclimb-Champion und Gewinner des Triveneto-Cups gemausert. Doch obwohl Karl die Siege hinter dem Steuer einfährt, vergisst er nie die Unterstützung seines Teams: „Wir sind ein Team. Freunde. Alle opfern ihre Freizeit und haben einen großen Anteil am Erfolg des Golfs", so der Österreicher. Wie sehr er sich tatsächlich auf sein Team verlassen kann, zeigte ein slowakisches Bergrennen, bei dem sich Karl verbremste, in die Leitplanke einschlug und die Böschung herabstürzte. „Das Auto war nicht mehr fahrbar und alle dachten, es sei vorbei", erinnert sich der Rennfahrer. Aber seine Jungs arbeiteten nach dem Unfall die ganze Nacht und schafften es tatsächlich, den Wagen wieder flott zu bekommen. Karl bedankte sich auf seine ganz persönliche Art und Weise: Er holte am nächsten Tag den dritten Platz und gewann am Ende sogar die Meisterschaft!

TECHNISCHE DATEN 

Turbo-Rallye-Golf (TFSI-R) von Karl Schagerl 

Motor/Getriebe Austausch des originalen 1.8-Liter-Vierzylinder mit G60-Lader/Mercedes-Kompressor durch 2.0-TFSI-Triebwerk (Golf 5) von Ramler-Engineering; Garrett-GT28-Turbolader; Rennkolben, gehärtete Pleuel, Direkteinspritzung durch Einzeldrossel ersetzt; Trockensumpfschmierung; spezieller Abgaskrümmer; sequenzielles Sechsgang-Renngetriebe von KAPS
Karosserie Aeordynamikumbau mit Seitenkästen und Verspoilerung im DTM-Stil, Stahlkarosserieteile durch Carbon ersetzt; Heckflügel von STW Deutschland
Interieur Innenraum komplett leergeräumt; Überrollkäfig; „Armaturenbrett"durch leichteres ersetzt; Cobra-Rennsportsitz; Schroth-5-Punkt-Gurt; geschüsseltes Lenkrad mit Schnellverschluss; digitaler Renntacho von Haltech; Rennsporttechnik (Not-Aus etc.); diverse Carbonteile
Fahrwerk Aufhängung für Sturzeinstellung komplett neu konstruiert; weiche Buchsen durch Uniballlager ersetzt; Braid-Forged-1-Räder in 18 Zoll; Sechskolben-Bremsanalage von Tarox
Leistung 530 PS und 650 Nm bei 2,2 bar Ladedruck; Leergewicht <950 Kilogramm

 

Leserhinweis: Bei diesem Fahrzeug handelt es sich um ein reines Tracktool für den Motorsport. Ein Einsatz im öffentlichen Straßenverkehr ist ausgeschlossen, der Transport erfolgt ausschließlich auf dem Trailer.