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VW Polo 6N2 GTI (2000)

"Er hätte sich nichts mehr gewünscht"

22.02.2018 10:45 Uhr

Text: Ben Planz | Fotos: Sven Martens


Die Motivation für die Fertigstellung eines umfassenden Tuning-Projekts kann ganz unterschiedlicher Natur sein. Im Fall von Manuel Wurm und seinem Polo handelt es sich leider um eine sehr tragische Geschichte ...

Jeder, der sich länger als zehn Minuten mit dem Thema Tuning beschäftigt, weiß um die Unvermeidbarkeit von Rückschlägen und Problemen bei unser aller Lieblingshobby. Das Leben als Tuning-Enthusiast ist oft kein Ponyhof. Man bezahlt für all die Freude einen gewissen Preis. Und das nicht nur wortwörtlich. Zur monetären Komponente kommen Zeit, Schweiß und Nerven, die unweigerlich dafür „draufgehen". Alles Dinge, die die meisten in Kauf nehmen, weil der Lohn für all die Arbeit größer als alles andere ist. Es soll ja auch Fälle geben, in denen einfach alles glatt läuft. Allerdings muss jeder, der einen Rückschlag einstecken muss, über eine Motivationsquelle verfügen, um Kraft zum Weitermachen zu finden. So wie bei Manuel Wurm. Denn er hatte sein Polo-Projekt schon seit Jahren abgebrochen, ein Schicksalsschlag brachte ihn allerdings dazu, den Wagen doch noch zu vollenden ...

Von Anfang an Polo-Fahrer

Als Manuel Wurm Anfang dieses Jahrtausends die Volljährigkeit erreichte, war dies auch gleichzeitig der Beginn seiner Karriere als Polo-Fahrer. Bei seinem ersten Wagen handelte es sich um einen Polo 6N2 mit 55 Pferden unter der Haube. Natürlich blieb der Wagen nicht im Serienzustand. Über die nächsten Jahre musste der kompakte VW viele Umbaumaßnahmen über sich ergehen lassen. Doch irgendwann reifte in Manuel der Wunsch nach „mehr". Das bedeutete in seinem Fall jedoch nicht, dass er das Polo-Lager verlassen wollte. Ganz im Gegenteil. Er wollte das Übermodell besitzen. Schließlich war der Golf seit dem Polo 6N nicht mehr der einzige Volkswagen, der das GTI-Emblem tragen durfte. Manuel war hinter einem Facelift-Modell her. Beim 6N2-GTI handelte es sich im Gegensatz zum Vorgänger zwar nicht mehr um ein in limitierter Auflage hergestelltes Sondermodell, die Zahl der verfügbaren Exemplare auf dem Markt war jedoch trotzdem gering bis überhaupt gar nicht mehr vorhanden. 

Im Jahr 2009 wurde er schließlich fündig. Eine Internetanzeige führte den Österreicher ins wunderschöne Luxemburg. Als der Mann, den die meisten unter dem Spitznamen „Hase" kennen, im Flugzeug Richtung Polo-Standort saß, war bereits klar: Auch der GTI würde nicht im Serienzustand bleiben. Am Ziel angekommen, war der Wagen glücklicherweise genau so, wie Manuel sich ihn vorgestellt hatte. Und auf der Heimreise, die im Gegensatz zur Hinreise natürlich auf dem Asphaltweg stattfand, hatten Fahrer und Fahrzeug die Möglichkeit, sich kennenzulernen. Wieder zu Hause angekommen, war dann aber erst mal Schluss mit Fahren. Der Innenraum wurde direkt nach der Heimkehr zerlegt. „Hase" hatte einen Bekannten, der sich dem Gestühl annehmen wollte. „Den Innenraum wollte ich in hellrotem Leder sehen. So entschieden wir uns für Echtleder von Ferrari in Flash-Rot!", erklärt Manuel die Umbaumaßnahme, die bis zum heutigen Tage ein absolutes Alleinstellungsmerkmal seines Polos darstellt.

Ein Schicksalsschlag als Motivationshilfe

Doch das Projekt sollte zunächst ein jähes Ende finden. Die Umbaumaßnahmen an der Karosserie zogen sich extrem in die Länge. So entschied sich Manuel im Jahr 2011 dazu, das Handtuch zu werfen und den Umbau zu stoppen. Er trennte sich nicht von seinem Polo, stellte allerdings jede weitere Aktivität ein. Jahrelang ... Ende des Jahres 2015 verstarb völlig überraschend Manuels bester Freund Fritzl. Er war stets begeistert vom Polo-Projekt und der Wagen häufig Gesprächsthema bei beiden. Doch der Groschen fiel erst im Folgejahr. „Hase" hatte sich mit seinem Alltagswagen zum „Wörthersee Reloaded 2.0" nach Kärnten begeben, um alte Freunde zu treffen. Die gute Zeit, die er am See hatte, sorgte dafür, dass ihm einiges klar wurde. Er würde nicht nur sein seit Jahren zu den Akten gelegtes Projekt vollenden, er würde das Endergebnis außerdem seinem Kumpel Fritzl widmen. „Mir wurde bewusst, dass er sich nichts mehr gewünscht hätte, als den Polo fertig zu bauen und damit 2017 nach Kärnten zu fahren!", berichtet Manuel uns von seiner „Erleuchtung". 

Nach dem See ist ja bekanntlich vor dem See. Allerdings war in diesem Fall schon September. Und am Polo hatte sich seit Jahren nichts getan. „Wieder in Wien angekommen, setzte ich alle Hebel in Bewegung. Ich wusste, dass in den nächsten Monaten einige schlaflose Nächte auf mich zukommen würden!", blickt der Österreicher auf die „Stunde null" der Wiederbelebung seines Polo-Projekts zurück. Doch beschlossen war beschlossen. Als erste Maßnahme zerlegte Manuel seinen BBS-Radsatz und schickte ihn zum Hochglanzverdichten nach Belgien. Während die Räder abwesend waren, wollte der Wiener alle Anbauteile und Embleme des Polos erneuern. Leider war der Gang zum freundlichen VW-Händler ernüchternd. Die meisten Teile, die er seinem GTI spendieren wollte, waren mittlerweile nicht mehr im Sortiment. Er musste verschiedene Umwege gehen, um seine Einkaufsliste doch noch komplett abhaken zu können. Als Nächstes nahm „Hase" Kontakt zu seinem langjährigen Freund Andreas Pfeffer auf. Der Polo war zwar schon mit einem „gepfefferten" Fahrwerk gesegnet, allerdings wollte Manuel an der Vorderachse noch tiefer fahren. Andreas versorgte ihn auf dem kurzen Dienstweg mit (noch) kürzeren Dämpfern und neuen Domlagern. Soll heißen: Die Teile gingen noch am selben Tag zur Post. Herr Pfeffer trug damit seinen Teil dazu bei, dass das Projekt nicht wieder ins Stocken geriet. Das Thema „Tiefgang" war also auch abgehakt. Nach etlichen Monaten des Ackerns war der Wagen schließlich Anfang 2017 bereit für eine neue Lackierung. Doch der angepeilte Wörthersee-Termin kam rasend schnell näher ...

Punktlandung vorm Wörthersee

Reinhard Kermautz vom „RK-Tuningcenter" lackierte den GTI in Reflexsilber-Metallic. Also genau in jenem Kolorit, mit welchem der Polo auch damals vom Band ging. Nachdem das Lackkleid in neuem Glanz erstrahlte, galt es, das Projekt zu komplettieren. Die Wochen rannen Manuel dabei nur so durch die Finger. Doch er hatte tolle Unterstützung von Freunden und wurde punktgenau fertig. „Es wurde sehr knapp. Aber bei wem wird es das nicht?", lacht „Hase" rückblickend. Er erreichte das gesteckte Ziel, mit dem fertiggestellten Polo auf eigener Achse an den Wörthersee zu rollen. Dort kam der Wagen natürlich super an. Ein Heckscheibenaufkleber erinnert an Fritzl, der über das Ergebnis mit Sicherheit hocherfreut gewesen wäre. Schließlich handelt es sich beim 6N2 GTI des Wieners namens „Hase" um einen der geilsten Polos überhaupt. Und auch wenn die Umstände nicht die erfreulichsten waren: Wir ziehen den Hut vor Manuel! Ein jahrelang auf Eis gelegtes Projekt wiederzubeleben und dabei ein solches Ergebnis zu zaubern, erfordert einiges. Chapeau!

DATEN & FAKTEN 

VW Polo 6N2 GTI (2000) von Manuel "Hase" Wurm 

MOTOR 1,6 l 16V mit 125 PS
AUSPUFF Fächerkrümmer und Gruppe-A-Komplettanlage von Friedrich Motorsport mit verstecktem Endschalldämpfer
RÄDER/REIFEN BBS RS 302 umgeschüsselt von 8 auf 7 x 17 (VA) und 7,5 x17 (HA), Stern außen montiert, flache Sechskant-Felgendeckel, Lochkreisadapter von 4 x 100 auf 5 x 120, 15 mm pro Seite (VA) und 26 mm pro Seite (HA). Nankang-Pneus in den Dimensionen 165/35 R17 (VA) und 185/35 R17 (HA)
FAHRWERK gepfeffert.com V3 Gewindefahrwerk mit verstellbaren Domlagern an der Vorderachse. Minus 2 Grad Sturz an VA und HA. Gekürzte/dünne Mapco-Antriebswelle
EXTERIEUR Sicke unter den Rückleuchten plus vorderer Kennzeichenausschnitt gecleant, Radlaufkanten umgelegt, kleiner Außenspiegel auf der Fahrerseite sowie rechte Rückleuchte vom englischen Modell, Heckscheibe ohne Heizdrähte und Wischerloch
INTERIEUR Aufwendige Sattlerarbeiten im gesamten Innenraum, echtes Ferrari-Leder und lackierte Teile in „Flash-Rot", Recaro Sportster CS
CAR-HIFI Headunit mit 2-Wege-Systemlautsprechern von Pioneer
DANKE AN  seinen Eltern, Andreas Pfeffer von gepfeffert.com, Reinhard Kermautz von RK-Tuningcenter, City, Stefan und Martin.