Anzeige

 Anzeige

Jetta Pick-up von Chris Kingston

Offen für alles

26.01.2018 09:58 Uhr

Text: Patrick Zwerger | Fotos: Viktor Benyi


Die Amis fahren ja ziemlich gern Autos mit offener Ladefläche. Das ist kein Geheimnis. Es gibt dort Ford-Pick-ups, Chevy-Pick-ups, Jetta-Pick-ups ... Mooooment! Jetta-Pick-ups?! Tatsächlich – das ist ja ein Ding! Und das sollten wir uns dringend einmal näher anschauen.

Streng genommen zählt dieser Jetta sogar zu einer ganz besonderen Pick-up-Spezies. Die Australier nennen sie „Ute" – eine Kurz-Koseform für „utility vehicle". Erkennungsmerkmal: Ein Ute basiert immer auf einer Pkw-Plattform. Es handelt sich also um einen „Kleinst-Lastwagen" in Gestalt eines Pkw mit Pritsche. So weit, so gut. Das ist jetzt nicht unbedingt weltbewegend. Solche „Mini-Trucks" gibt und gab es in Europa schon zur Genüge. Sogar von VW – der Einser Caddy zum Beispiel war ein Ute par excellence. Einen Mini-Pick-up auf Jetta-Basis aber sucht man in der Volkswagen-Produktpalette vergeblich. Das gilt auch für die vierte Generation des Jetta, die in Europa bekanntlich als Bora von den Bändern lief.

Per Bausatz zum Mini-Truck

Für Chris Kingston aus dem sonnigen Arizona war das ein unhaltbarer Zustand. Der 44-Jährige steht total auf VW – und hat neben seiner Frau Nicki noch eine weitere Vorliebe: „Ich war schon immer ein Fan von Mini-Trucks wie dem El Camino von Chevrolet oder dem Ford Ranchero. Irgendwann kam ich dann auf die Idee, dass ich mir doch meinen eigenen Mini-Truck bauen könnte. Natürlich auf VW-Basis!" Inspiriert wurde Chris dabei durch die Firma Smyth Performance aus Wareham, Massachusetts. Dort hat man sich nämlich darauf spezialisiert, Ute-Umbausätze für diverse Pkw zu entwickeln. Neben Kits für Audi A4 und Dodge Charger (!) findet sich dort auch ein solcher Bausatz für den Vierer Jetta. Potz Blitz! Das war genau das, was Chris gesucht hatte! Und da Smyth Performance ziemlich selbstbewusst damit wirbt, dass der Umbau „nur wenige Wochenenden statt mehrerer Jahre" in Anspruch nähme und selbst für Amateure problemlos zu meistern sei, fiel die Entscheidung nicht wirklich schwer: Er musste unbedingt diesen Bausatz bestellen! Außerdem brauchte er so schnell wie möglich einen vernünftigen Jetta dafür.

Hier fiel die Wahl auf einen optisch ziemlich heruntergerittenen, technisch aber weitgehend einwandfreien Vertreter mit 1,8-T-Aggregat, den Chris für 1.300 US-Dollar (knapp 1.100 Euro) unter seine Fittiche nahm – nur um dem ollen „Rucksack-Golf" kurzerhand den Rucksack abzuflexen. Die Konversion zum Pick-up gestaltete sich tatsächlich leichter als es sich manch Außenstehender vorstellt: „Im Endeffekt waren es drei Schnitte – einer quer durchs Dach und die beiden anderen hinter den Türen bis zum Heck", erklärt Chris. „Schweißarbeiten waren nicht notwendig, auch kein Tankumbau oder sonstige Zaubertricks." Möglich war das durch die ausgeklügelte Konstruktion des Smyth-Umbaukits, der millimetergenau auf die Form des Jetta zugeschnitten ist. Der Bausatz selbst besteht aus verschraubten Aluminiumplatten, einigen genieteten Bereichen und Fiberglas-Komponenten als Karosserieersatz. Des Weiteren zählt auch eine neue Heckscheibe dazu. Fertig ist der Mini-Truck! Etwa 250 solcher Bausätze gehen bei Smyth Performance pro Jahr über den Ladentisch. Wer sich für einen davon entscheidet, ist bei knapp 250 Millionen in den USA zugelassenen Fahrzeugen ziemlich exklusiv unterwegs. „Unsere Umbauten können hart arbeiten oder Shows gewinnen", heißt es auf der Smyth-Website.

Chris hatte sich von Beginn an für die Show-Variante entschieden – deshalb war es mit dem Umbau zum Pick-up natürlich noch nicht getan. Auf das Karosserie-Cleaning folgte die Neulackierung im Dodge-Kultfarbton „Plum Crazy Purple". GFK-Seitenschweller und modifizierte Kotflügel setzen zusätzliche Akzente – und auch das Pick-up-Heck bekam sein Fett weg: Dort werfen nun gertenschlanke Cadillac-Heckleuchten ihr rotes Licht in die Nacht, während vorn eine Golf-4-Front mit den klassischen Klarglas-Scheinwerfern und eine R32-Stoßstange ihr neues Zuhause gefunden haben. Und da Chris irgendwie Gefallen am Flexen gefunden hatte, schnippelte er ohne Skrupel auch noch am Dach herum: Dort passte er ein Faltschiebedach ein, um die Sonne seiner Heimat Arizona in vollen Zügen genießen zu können. Diese lässt ihre Strahlen nun über eine farblich abgestimmte Inneneinrichtung in Schwarz und Silber streicheln – mit OEM-Anleihen aus mehreren VW-Modellen. So stammen die Pedale und Teile der Mittelkonsole aus dem 20-Jahre-Jubi-GTI, während die Instrumente aus einem Jetta GLI entnommen wurden. Silberne Alcantara-Akzente finden sich an den Türverkleidungen und auf den Sitzen, die ursprünglich ihr Dasein in einem New Beetle fristeten – da allerdings noch ohne Rautenstepp und Vinyl-Bezug.

Luft ist Trumpf

Besonderes Augenmerk legte Chris außerdem auf das Fahrwerk seines Jetta-Ute. Dabei waren die Weichen im Kopf bereits gestellt, noch bevor der Wagen in der heimischen Garage stand. Will heißen: Außer einem Airride kam nur ein Airride infrage! Warum? Ganz einfach, erklärt Chris: „Ich wollte möglichst tief unterwegs sein, aber auch vermeiden, dass die Hälfte meines Autos an einer der vielen Temposchwellen hängen bleibt. Da war ich mit einem Luftfahrwerk am besten dran!" Die Wahl fiel auf eine Variante aus dem Hause Airslamit, die über zwei ViAir-Kompressoren mit Druck versorgt wird. Gespeichert wird die Druckluft in einem 19-Liter-Alutank, den Chris hinten auf die neu kreierte Ladefläche gehievt hat. Auf die Resonanz angesprochen, die sein Custom-Pick-up bei den Leuten auslöst, gerät der 44-Jährige ins Schwärmen: „Alle lieben den ‚Purple Ute'. Er verbindet das Beste aus zwei Welten, ist VW und Mini-Truck zugleich – und er kommt in beiden Lagern gleich gut an." Das glauben wir aufs Wort! Wir finden den kultigen Jetta mit Pritsche nämlich ebenfalls richtig dufte. Und ihr so?

TECHNISCHE DATEN 

Jetta 4 (Bora) Pick-up (2011) von Chris Kingston 

MOTOR  Auf die Resonanz angesprochen, die sein Custom-Pick-up bei den Leuten auslöst, gerät der 44-Jährige ins Schwärmen: „Alle lieben den ‚Purple Ute'. Er verbindet das Beste aus zwei Welten, ist VW und Mini-Truck zugleich – und er kommt in beiden Lagern gleich gut an." Das glauben wir aufs Wort! Wir finden den kultigen Jetta mit Pritsche nämlich ebenfalls richtig dufte. Und ihr so?
KAROSSERIE Umbau von Limousine auf Pick-up („Ute") mittels Smyth Performance Ute-Kit; Motorraum, Karosserie und Heckklappe gecleant, neue Seitenschweller; Kotflügel, Motorhaube und Klarglas-Frontscheinwerfer vom Golf 4, R32-Frontstoßstange; Komplettlackierung im Farbton „Plum Crazy Purple" von Dodge; modifiziertes Ford-Faltschiebedach, modifizierte Cadillac-Rückleuchten
FAHRWERK Airslamit-Luftfahrwerk mit zwei ViAir-Kompressoren (Dual-System) und 5-Gallonen-Tank aus Aluminium (Airslamit, ca. 19 Liter)
RAD/REIFEN Alzor 628-Alufelgen von ECS in 18 x 8,5 Zoll auf Reifen der Dimension 215/35/18; VW-Nabendeckel
BREMSEN Serie
INTERIEUR Custom-Innenausbau in Schwarz und Silber; Sitze vom New Beetle mit Bezug aus schwarzem Vinyl und silbernem Alcantara mit Rautensteppmuster, Türverkleidungen im selben Stil; Instrumente vom Jetta GLI; Alu-Pedalerie und Radioblende vom Golf 3 GTI (Sondermodell 20 Jahre)
CAR-HIFI Steuergerät Pioneer AVH-X4800BS; Serienanlage (Monsoon)
DANKE AN  Frank Ceballos Customs für die Sitze, Robert Pellitier fürs Motorraum-Cleaning, John Mota für die Lackierung, Marc Jaques (Ollies Autohaus) für Ersatzteile, Motorneuaufbau und vieles mehr, meine Frau Nicki für ihre Unterstützung und an die AZ Dimes-Crew für die Hilfe beim Airride-Einbau