Anzeige

 Anzeige

Toyota GT86 (2013)

Hardcore-Heckschleuder mit 361 PS

16.04.2018 18:30 Uhr

Text: Patrick Zwerger | Fotos: Markus Leser


Lukas Jamrozy hat seinen Toyota GT86 zum Rennwagen hochgezüchtet. Mit Kompressor, Clubsport-Fahrwerk und Brutalo-Breitbau rockt der Japaner die Nordschleife. Das Beste aber ist: Lukas kann den Weg dorthin auf eigener Achse antreten.

Heckschleuder, Sportcoupé, Spaßkanone: Es gibt nichts daran zu deuteln – mit dem GT86 hat Toyota eine Menge richtig gemacht. Die Kiste macht einfach Freude, sieht toll aus und verzichtet bewusst auf den ganzen neumodischen Schnickschnack, der aus Autos rollende Smartphones macht. Auch Lukas Jamrozy aus Friedrichshafen hatte deshalb ein Auge auf das Nippon-Coupé geworfen. Und weil er als gelernter Toyota-Mechatroniker eh einen Draht zu den Japanern hatte, stellte er sich 2013 einen nagelneuen GT86 vor die Haustür. „Mich hat das Konzept einfach überzeugt", sagt der 28-Jährige. „Klein und leicht, Heckantrieb, super Balance und niedriger Schwerpunkt. Ich bin in den Wagen eingestiegen, und es hat sofort alles gepasst." Heute, knapp viereinhalb Jahre später, ist Lukas' GT86 nicht wiederzuerkennen. Klar, er trägt noch immer stolz seinen „Satin Pearl"-weißen Anstrich, mit dem er einst vom Band rollte. Aber sonst? Kaum eine Schraube, kaum ein Teil, das Lukas in der Zwischenzeit nicht mindestens einmal in den Fingern hatte. 

Aus dem spaßigen Sportcoupé ist eine kompromisslose Track-Sau geworden, eine Fahrmaschine, die sich auf der Rennstrecke genauso zu Hause fühlt wie auf der Landstraße – und die so dreinblickt, als würde sie andere Verkehrsteilnehmer am liebsten zum Frühstück verspeisen. Wenn er so darüber nachdenkt, muss Lukas selbst schmunzeln: „Als ich den Wagen damals bestellte, hätte ich nicht im Traum daran gedacht, dass die Sache mal solche Dimensionen annimmt. Aber irgendwie ist halt eins zum anderen gekommen ..." Dabei fing alles ziemlich harmlos an: Tieferlegungsfedern, größere Felgen, neue Heckleuchten. Doch wir kennen das ja alle. Einmal angefangen, lässt einen der Strudel nicht mehr los. Und in Lukas' Hirn begann es zu arbeiten: „Ich war schon immer ziemlich motorsportbegeistert. In der ersten Winterpause kam mir schließlich die Idee, den Toyota zum Rennwagen aufzubauen – mit allem Drum und Dran, allerdings mit Straßenzulassung."

Motorsport, extrabreit

Gesagt, getan. Mit einem Clubsport-2-way-Gewindefahrwerk von KW wagte Lukas den ersten Schritt in eine neue Dimension. 55 Millimeter tiefer liegt der GT86 seitdem. Was aber noch viel entscheidender ist: Druck- und Zugstufenkräfte lassen sich mit dem speziell für die Rennstrecke konzipierten Fahrwerk separat justieren. „So kann ich das Set-up exakt abstimmen", freut sich Lukas. „Auch wenn es gar nicht so leicht war, das Fahrzeug mit diesem Tiefgang rennstreckentauglich zu machen." Apropos „gar nicht so leicht": Für den nächsten Schritt musste Lukas all seinen Mut zusammennehmen. Er hatte sich nämlich vorgenommen, dem GT86 ein Breitbau-Bodykit von Rocket Bunny zu verpassen – und bekanntlich muss dafür zuerst die Karosserie zerschnitten werden. Schön und gut, werden nun manche denken. Aber wo ist das Problem? Das machen Leute wie Sidney Hoffmann oder Jean-Pierre Krämer schließlich regelmäßig. Ja, stimmt. Aber wenn man sich einen Neuwagen mit selbst erspartem Geld zulegt und ihn nach kaum zwei Jahren noch während der Garantiezeit aufflext, ist das schon etwas anderes. Da braucht man richtig Eier, so viel ist sicher.

Ob ihm die Düse ging, als er zum ersten Mal den Trennschleifer ansetzte? „Total", gesteht Lukas. „Ich hatte wahnsinnig Nervenflattern. Die meisten, die davon Wind bekommen hatten, fragten mich, ob ich noch alle Tassen im Schrank habe. Aber wenn ich mir was in den Kopf setze, dann ziehe ich das durch – komme, was wolle." Sicherheitshalber ging Lukas jedoch systematisch vor und legte zuerst an den vorderen Kotflügeln Hand an: „Die hätte ich ja einfach nachbestellen können, wenn was schiefgegangen wäre", erklärt er. „Bei den Seitenwänden hinten sah das ein wenig anders aus ..." Zum Glück ging jedoch alles gut – und Lukas konnte sich mit weiteren Details befassen: Domstreben zur Versteifung zum Beispiel, ultraleichten Rennsportfelgen von Braid Motorsport in 18 Zoll, Semislicks von Yokohama, einer Carbon-Motorhaube von Seibon und Achtkolbenbremsen von K-Sport mit 356er-Scheiben an der Vorderachse. Auch der Innenraum bekam mächtig sein Fett weg und versprüht heute ungesiebte Racing-Atmosphäre. Leider geil!

Mehr Power!

Wer optisch so auf dicke Hose macht, sollte natürlich auch mit der Leistung nicht geizen. Schließlich müssen die riesigen Bremsen ja auch irgendwas zum Beißen haben. Hier offenbart der Toyota GT86 allerdings seine größte Schwachstelle. So schnell und sportlich sich das Coupé nämlich von Haus aus gibt – es hat keinen Motor! Zumindest keinen, der den optischen Reizen ernsthaft gerecht werden könnte. Denn der Serien-Boxer bringt gerade mal 200 PS. Und was schon im Originalzustand keine Jubelstürme auslöst, wirkt mit Breitbau und Rennsport-Trim ziemlich lächerlich. Es blieb also keine Wahl: Der Motor musste in die Muckibude!

Hier konnte Lukas, frischgebackener Kfz-Meister, sich nun so richtig austoben. Herzstück des Upgrades ist der v2-Kompressor von HKS mit passendem Ladeluftkühler. Dazu ein Ölkühlerkit, Fächerkrümmer und Dreizoll-Downpipe, neue Einspritzventile und ein Edelstahlauspuff – so standen am Ende 361 PS auf dem Zettel. Das konnte sich schon eher sehen lassen! Dank Torsen-Differenzialsperre, verkürzter Übersetzung, Shortshifter und Sintermetall-Kupplung kann Lukas die zusätzliche Kraft auch gewinnbringend nutzen und mit Wonne auf die Straße tragen. Und zwar ausgiebig: In dreieinhalb Jahren hat er mit dem Brutalo-Toyota stolze 94.000 Kilometer abgerissen. „Bis 2016 war der GT86 im Sommer mein Alltagsauto, aber seit diesem Jahr hole ich ihn nur noch für besondere Zwecke aus der Garage." Zum Beispiel für Spritztouren über die Nordschleife – oder für die Essen Motor Show, wo Lukas seine Hardcore-Heckschleuder bei der tuningXperience präsentieren durfte. Zu Recht, möchte man sagen. Einen heißeren GT86 als diesen hier haben wir nämlich schon lange nicht mehr gesehen!

DATEN & FAKTEN 

Toyota GT86 (2013) von Lukas Jamrozy 

MOTOR Subaru FA20-Boxer mit 1.998 ccm Hubraum und serienmäßig 200 PS; Software optimiert; HKS-Kompressor v2 mit HKS-Ladeluftkühler, 700-ccm-Einspritzventile, Flexfuel-Kit; Mishimoto-Ölkühlerkit mit Thermostat, Flexleitungen; Mishimoto-Kühlthermostat; HKS-Zündkerzen und -Einzelfunkenzündspulen; HKS-Fächerkrümmer und -Downpipe (3 Zoll), Milltek-Edelstahlabgasanlage ab Kat (3 Zoll); Torsen-Differenzialsperre, kurze Übersetzung; Schaltgestänge bearbeitet, IRP-Shortshifter; Exedy-Sinterkupplung und -Druckplatte, Rennschwungscheibe (3,5 kg); aktuelle Leistung: 361 PS
KAROSSERIE Rocket Bunny-Widebodykit; dafür Schweißarbeiten an der Seitenwand hinten sowie an den hinteren Radläufen; Lackierung im Originalfarbton Satin Pearl White mit mattschwarzen Decals; Seibon-Carbon-Haube und Carbon-Canards, Flex-Lippe 
RAD/REIFEN Braid Motorsport Wheels in 9 x 18 Zoll ET –9 vorn und 10 x 18 Zoll ET –27 hinten auf Yokohama AD 08R der Dimension 225/40 R18 vorn und 255/35 R18 hinten
FAHRWERK KW Clubsport-Gewindefahrwerk 2-way mit Uniball-Domlagern, „Heavy duty"-Stabilisatoren von KW (dreifach verstellbar); Megan-Racing-Domstrebe vorn (Aluminium), Wiechers-Domstrebe hinten (Aluminium); PU-Lagerbuchsen; Tieferlegung ca. 55 mm
INTERIEUR Innenraum leer geräumt und Halbschalensitze verbaut; Sitze mit Alcantara und Leder bezogen, Armaturenbrett ebenfalls in Alcantara (schwarz); goldener Wiechers-Überrollkäfig, Sparco-Sportgurte, Feuerlöscher
BREMSEN vorn 8-Kolben-Bremsanlage von K-Sport mit 356-mm-Scheiben und EBC-Redstuff-Belägen, zusätzlichem Bremskühltunnel und Stahlflexleitungen; hinten Serienbremse mit EBC-Turbo-Groove-Scheiben und Greenstuff-Belägen
CAR-HIFI Fehlanzeige!
DANKE AN  meine Verlobte, die mein Hobby toleriert, die Firmen KW, Wiechers, IRP und Yokohama, das Autohaus Bach in Überlingen für die Nutzung der Werkstatt sowie an meinen Vater, der das Hobby mit mir teilt