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VW T5 TH2 RS CUP (2017)

Über 310 km/h sind drin

09.03.2018 10:15 Uhr

Text: Peter Hintze | Fotos: Alexander Karstens


Ein giftgrüner Porsche im T5-Kostüm. Oder umgekehrt? Ansichtssache. Fest steht: Im Ex-Transporter steckt mittlerweile mindestens genauso viel Technik aus Zuffenhausen wie aus Hannover. Wenn nicht sogar noch mehr!

Ein schöner Herbsttag in der Hafencity: Wir sind mit dem Hamburger Geschäftsmann Niels Borchert verabredet. Im Showroom seines Autohauses steht aktuell ein Bus, den wir am liebsten mal auf der Rennstrecke testen würden. Hä? Bus? Rennstrecke? Ja! Der T5 TH2 RS/Cup. Der Van, der von Foxxham im Kundenauftrag an einen potenziellen Käufer vermittelt werden soll, ist ein Unikat mit Historie und aktuell eines der schnellsten Bulli-Modelle weltweit. Und das mit Urkunde.

Bereits im Herbst 2009 hat der Komplettumbau des Berliner Unternehmens TH Automobile einen Rekord in den Asphalt des Hochgeschwindigkeitskurses von Nardo gebrannt. Ein GPS-gemessener Wert von 310,7 Stundenkilometern sicherte dem T5 TH2 RS/Cup seinerzeit den Eintrag als "Schnellster Van". Vom Sachsenring-Rekordtag 2016 stammt eine weitere Urkunde - 1:48,34 Minuten. Der Wahnsinn! Im Heck des Transporters arbeitete damals ein von 9ff auf 800 PS optimiertes Triebwerk auf Basis eines Porsche 996 Turbo. Zudem war ein Luftfahrwerk verbaut.

Das Luftfahrwerk ist inzwischen Schnee von gestern. Es ist einem H&R-Rennsportfahrwerk gewichen. Obendrein arbeitet im Heck aktuell derselbe 3,6-Liter-Sechszylinder-Bi-Turbo von damals, allerdings mit standfesteren 476 kW/647 PS. Gerade einmal 3.500 Kilometer hat das Triebwerk auf der Uhr und schnurrt wie ein Kätzchen. Und wie es sich für einen Porsche-Antrieb gehört, steckt der Motor hinten in einer maßgeschneiderten Rahmenlehre, ganz unscheinbar unter einer Klappe im Boden versteckt.

Werte, die Respekt einflößen: Der T5 TH2 RS/Cup, ein Umbau mit Abnahme und TÜV bis Mai 2018, marschiert in unter fünf Sekunden aus dem Stand auf dreistellig und könnte mit bis zu 300 Sachen über die Pisten knallen. Dabei kommt es immer auf die Aerodynamik an. Deshalb ist der Unterboden des einstigen Transporters nahezu komplett verkleidet worden. Darüber liegen aufwendige Verstrebungen, die für die Steifigkeit der Karosserie sorgen sollen. Eine Hutze im Unterboden leitet Kühlluft ans Getriebe.

Heute ist alles anders. Denn heute wird gecruist! Wie ein Formel-1-Pilot thront Niels Borchert im mittig angeordneten Carbonschalenrennsitz, den Renngurt fest angezogen. Die Finger des Foxxham-Geschäftsführers umschließen das dreispeichige Carbon-Leder-Lenkrad. Bei der Fahrt durch die Alstermetropole hat er die giftgrün lackierten Ziffernblätter der Porsche-996-Armaturen fest im Blick.

Der Autoverkäufer weiß: "Damit lässt sich quasi jeder Autofahrer auf der Autobahn ärgern!" Morgen vielleicht ... Bei einer Probefahrt mit einem potenziellen Käufer. Denn bis der Wagen einen neuen Besitzer gefunden hat, wird er ausdrücklich geschont. So gleitet das gezähmte Biest vorerst nur sanft und geschmeidig über Hamburgs Straßen. Die Headunit aus dem Hause Audiovox bleibt dabei aus. Stattdessen genießt Niels Borchert den Auspuffsound made by Porsche.

Der mehr als 155.000 Euro teure Komplettumbau nötigt ihm gehörigen Respekt ab. Behutsam steuert der Hamburger den Van zum verabredeten Termin. Bei strahlend blauem Herbsthimmel geht es vorbei an der Speicherstadt zum Hafen. Vielleicht noch ein paar Fahrgäste aufnehmen und doch einen kleinen Abstecher auf die Autobahn? Platz wäre auf den noch vier freien Carbonschalen. Genug Interesse wäre seitens der Passanten auf jeden Fall vorhanden. Aber: Nein! Wieder einmal siegt die Vernunft.

Fast 2,1 Tonnen wiegt die giftgrüne Schrankwand. Da sind perfekte Stopper wichtig. Unser Blick durch die ATS-Superlight-Felgen in Zoll rundum, an der Vorderachse von 245er-Schlappen und hinten von 285er-Pneus umhüllt, erkennt die mächtigen Scheiben und Sättel. Eine Brembo-Bremsanlage mit Sechskolbensätteln sowie 390er-Scheiben vorn und Vierkolbensätteln mit 365er-Scheiben hinten sorgen beim Übertransporter für eine exzellente Verzögerung.

Bleibt eine Frage: Welcher Verrückte holt sich so ein Monster? 

DATEN & FAKTEN 

VOLKSWAGEN T5 TH2 RS CUP 

MOTOR 3,6 Liter Sechszylinder-Bi-Turbo auf Basis des Porsche 996 Turbo mit 476 kW/647 PS, max. Drehmoment: rund 790 Nm, Benziner, Sechsgangschaltgetriebe, Drexler-Sperrdifferenzial
KAROSSERIE T5 Transporter, Erstzulassung: August 2004, Komplettumbau von TH Automobile Sven Thomsen/Berlin (2008/2009), Lackierung in RS-Grün (Original Porsche), Fahrzeuggewicht: rund 2.100 kg, Hinterachse vom Porsche 996 mit verstärkten Radträgern, Bi-Xenon-Scheinwerfer
FAHRWERK H&R-Rennsportfahrwerk
BREMSEN Brembo-Sechskolbenanlage mit Scheiben in 390 x 34 mm (vorn), Brembo-Vierkolbenanlage mit Scheiben in 365 x 28 mm (hinten), elektrische Feststellbremse
AUSPUFF Auspuffanlage vom Porsche 996 Turbo, Endrohre mittig angeordnet
REIFEN/FELGEN ATS Superlight in 8,5 J x 19 H2 ET30 (Vorderachse) und 10 J x 19 H2 ET20 (Hinterachse), Bereifung Michelin Pilot Super Sport in 245/40 ZR19 98Y (vorn) und 285/35 ZR19 103Y (hinten)
INTERIEUR 5 Carbonschalen-Rennsitze, Fahrersitz mittig angeordnet (McLaren-F1-Konfiguration) mit Renngurt, Cockpitarmaturen vom Porsche 996, Ziffernblätter lackiert in RS Grün, Carbon-Drei-Speichen-Lederlenkrad, Headunit Audiovox VME 8013
FAHRDATEN 0-100 km/h: ca. 4,9 s, Vmax: ca. 300 km/h