Anzeige

 Anzeige

TUNING.car: VOLVO V70 (2018)

Er gehört zu Europas Tuning-Elite

20.11.2018 10:18 Uhr

Text und Fotos: Ansgar Wilkendorf


„Ist vielleicht schwer zu verstehen, aber manchmal kann ich stundenlang in der Garage sitzen und nur nachdenken", erzählt Henrik Mattsson. Zuletzt kam dieser bildschöne, bärenstarke Eigenbau-V70 mit Gitterrohrrahmen und Heckantrieb dabei heraus!

Henrik begann schon sehr früh, sich für Autos und Motoren zu interessieren. Im Alter von zehn Jahren war er seltener zu Hause als in der Scheune seiner Großmutter, wo sein Vater sich einen Camaro für den Drag-Strip baute. In dieser Zeit fing er an, in Gedanken eigene zukünftige Fahrzeuge zu entwerfen, und natürlich blieb keines seiner Mopeds original. Mit 17 kaufte Henrik sein erstes Auto, einen Volvo 240, den er übrigens immer noch besitzt. Mit seinem ersten Umbau belegte er 1998 auf dem Vallakra Träffen – seinerzeit noch eine reine Volvo-Veranstaltung, mittlerweile das größte skandinavische Open-Air-Tuning-Event – auf Anhieb einen dritten Platz. Zwei Jahre später verbesserte er sich mit einer verschärften Variante um eine Platzierung. Im dritten Anlauf klappte es schließlich 2001 mit Platz eins. Auch mit seinem nächsten Projekt, einem auf 4WD umgebauten Volvo 850, landete „Volvo Mattsson", wie die Freunde ihn von nun an nannten, 2004 in Vallakra ganz oben auf dem Siegertreppchen.

Es begann als lustiges Spielzeug ...

Die nächsten Jahre hatten Hausbau und Familie oberste Priorität, sodass sich Henrik erst wieder im Winter 2009 einer neuen automobilen Herausforderung zuwendete. „Ich saß mit einem Freund an einem Freitagabend in meiner neuen Halle, und wir waren uns einig, dass es Spaß machen würde, einen V70 mit Hinterradantrieb für die Rennstrecke zu haben", erinnert sich der Schrauber. „Und weil es in Schweden so gut wie unmöglich ist, eine Rohkarosse zu bekommen, kaufte ich am Montagmorgen zwei halbe Karossen und legte los." Was als „lustiges Spielzeug" begann, entwickelte sich zu einem Drei-Jahres-Projekt. „Im Frühjahr 2013 war es dann so weit, und ich konnte meinen weißen Volvo V70 endlich im Mantorp Park testen, für den ich ihn gebaut hatte – mit Erfolg." Anerkennung und jede Menge Pokale waren Henrik gewiss. Doch der hatte bereits wieder ganz andere Pläne: „Bevor ich mit dem einen Volvo fertig war, hatte ich schon den nächsten skizziert: ein Auto für die ganze Familie. Ein super maßgeschneiderter V70-Hecktriebler für schöne Sonntagsausflüge." Im Prinzip baute er also dasselbe Auto noch einmal, nur diesmal viel schöner.

Und jetzt noch mal in schön!

Wieder besorgte er sich zwei Karosseriehälften, die er zusammenschweißte und auf einen selbst gebauten Gitterrohrrahmen stellte. Darin hatte er bereits den Antriebsstrang, bestehend aus einem Reihensechszylinder, einem extrem modifizierten Getriebe und einer Hinterachse vom BMW M5 E39, vormontiert. Anschließend schnitt er eine Schablone aus Wellpappe für den neuen Unterboden. Da er seinen V70II nur dezent verbreitern, für den Heckantrieb aber fette 305er-Pneus für maximalen Grip aufziehen wollte, ließ er die hinteren Radhäuser massiv nach innen wachsen. Für die Front verwendete Henrik Rahmen und Fahrgestell eines BMW 525 E39. Die vorderen Radhäuser, die er wie die hinteren aus Carbon angefertigt hat, sind für maximalen Tiefgang bei 245er-Bereifung ausgelegt. Während der Schrauber die Kotflügel um jeweils drei Zentimeter weitete, holte er hinten auf jeder Seite einen Zentimeter mehr aus dem Blech. Entsprechend verfuhr er mit den Fondtüren, um einen harmonischen Übergang zu erzielen. „Die Frontschürze habe ich aus Stoßstangen vom V60- und V70-Facelift sowie mit einer Spoilerlippe von einem V40 gebaut", erklärt uns Henrik, der sich offensichtlich auch aufs Kunststoffschweißen versteht. Für die Heckschürze hat er die Stoßstange vom V70 Facelift mit dem Diffusor vom V60R kombiniert. Das Dach wurde übrigens nicht mit Carbon bezogen, sondern von dem Bastler komplett aus Kohlefaser hergestellt. Geschick zeigte Henrik auch beim Grill, der aus Teilen eines V70 und Rippen eines V40 besteht. In die Motorhaube schweißte „Volvo Mattsson" die Hutze und die Luftauslässe vom BMW E90 M3 ein. Darunter wurde es nämlich durch das längs eingebaute Kraftwerk ganz schön eng.

Rohre ja, aber nicht von der Stange!

Und natürlich unterzog Henrik den Twin-Turbo-Sechszylinder aus einem S80 vor dem Einbau einer eingehenden Sonderbehandlung. Den Zylinderkopf hat er massiv bearbeitet, die Zylinder aufgebohrt. Kurbelwelle, Kolben und Pleuel sind geschmiedet. Weitere Zutaten zum 700-PS-Menü sind die Einzeldrosselklappenanlage vom BMW E36 M3 mit selbst gebautem Luftsammler, zwei KKK24-Turbolader aus einem S60R und ein extrem dimensionierter Ladeluftkühler, ebenfalls aus eigener Herstellung, wie sämtliche Flüssigkeitsbehälter an Bord. Richtig, auch der Tank gehört dazu. Die Drei-Zoll-Auspuffanlage ließ er sich von Ferrita anfertigen.

Alle Kabel, Brems- und Kraftstoffleitungen hat Henrik unsichtbar im Rohrrahmen seines Volvo verlegt. Und den hat er wiederum hinter den Innenverkleidungen versteckt, die mit Kunstleder und Alcantara bezogen sind. Überhaupt geht es in seinem V70 sportlich, aber edel zu. Einerseits ist der Acewell ACE-7659 Motorrad-Tacho anstelle der Originalinstrumente ein echter Hingucker. Andererseits stehen vier neu bezogene und rot bestickte Sportsitze unter dem Alcantara-Himmel auf unverhülltem blanken, Candy-rotem Boden. Wäre ja auch zu schade, die tolle Farbe, mit der Henriks Bruder Fredrik das komplette Fahrzeug inklusive Fahrwerk lackiert hat, unter Matten zu verstecken. Acht Lagen Red Candy auf orangener Basis und darüber sechs Lagen Klarlack erzeugen diese tolle, halbtransparente Volvo-Verpackung. Und die von Henrik verbauten DLS-HiFi-Komponenten erzeugen den satten Sound dazu.

Pokale hat „Volvo Mattsson" mit seinem V70II seit der Fertigstellung im vergangenen Jahr schon eine Menge eingeheimst. Darunter den für „Schwedens feinsten Volvo" und nicht zu vergessen den zweiten Platz beim European Tuning Showdown ETS am Bodensee. Aber schon hat er das nächste Projekt in der Pipeline: „Ich werde versuchen, mich wieder selbst zu übertreffen", verspricht Henrik. „Ich werde einen V90 mit einem Mittelmotor bauen, einen Super-Sportwagen im Volvo-Anzug." Man darf gespannt sein ...

DATEN & FAKTEN 

Henrik Mattsson >>> Volvo V70 (2012 ‒ 2017)

MOTOR 2.8 l Twinturbo, Serie 268 PS, zwei KKK24-Turbolader, BMW-M3-Einzeldrosseln, Zylinderkopf bearbeitet und geplant, Schmiede-Kolben und -Pleuel, Kurbelwelle geschmiedet und feingewuchtet, Eigenbau-Luftsammler, -Kühler und Ladeluftkühler, Rohre und Schellen von Saab JAS39 Gripen (Kampfflugzeug der schwedischen Luftwaffe), sämtliche Behälter in Eigenarbeit hergestellt, Volvo-960-Getriebe mit BMW-X1-Innenleben; Leistung: ca. 700 PS, max. Drehmoment ca. 800 Nm
FAHRWERK Vorderachse vom BMW 525 (6 cm breiter), Hinterachse vom BMW M5 E39 (Heckantrieb), D2-Gewindefahrwerk
RAD/REIFEN DOTZ Revvo Gunmetal/Polished in 9,5 x 20" vorne mit Yokohama-Bereifung in 245/30, 13 x 20" hinten mit 305/25
BREMSEN vorne 355er-Scheiben mit Brembo-8-Kolben-Sätteln, hinten 355er-Scheiben mit Brembo-6-Kolben-Sätteln; Motorrad-Bremssattel für hydraulische Handbremse
KAROSSERIE Rohrrahmen, Motorhaube mit BMW-M3-Hutze, Carbon-Dach, Carbon-Innenradhäuser, Radläufe vorne um jeweils 3 cm, hinten um jeweis 4 cm verbreitert; Bodenblech selbst angefertigt, Lackierung: 8 Lagen Red Candy mit 6 Lagen Klarlack; Motorraum mit Wassertransferdruck
CAR-HIFI DLS-Soundsystem bestehend aus zwei Referenz-C-44- und zwei Referenz-500-Verstärkern, 3"-Lautsprechern in den A-Säulen, jeweils zwei 6"-Mitteltönern mit Hochtönern in den vorderen Türen, jeweils einem Mitteltöner mit Hochtöner in den Fondtüren, zwei 10" Subwoofern in Bassbox, zwei Optima-Batterien, zwei Kondensatoren
INTERIEUR modifiziertes und mit Kunstleder bezogenes Armaturenbrett, Acewell ACE-7659 Motorrad-Tacho, vier mit Alcantara/Kunstleder bezogene Sportsitze, Eigenbau-Pedalerie, Carbon-Schalthebel, alle Verkleidungen an den Rohrrahmen angepasst und mit Kunstleder bezogen, Tür- und Seitenverkleidungen mit Alcantara/Kunstleder bezogen, Alcantara-Himmel
AUSPUFF 3-Zoll-Edelstahlanlage als Ferrita-Sonderanfertigung