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Technik erklärt: So entstehen Reifen

07.11.2017 14:59 Uhr

Text: Joshua Hildebrand, Peter Hintze | Fotos: Toyo Tires

Kein Autorennen, kein Driftevent, kein Cruisen, kein Fahren mit dem eigenen Wagen – nichts davon wäre möglich ohne eine geniale Erfindung, die um einiges älter ist als das Automobil: der Gummireifen.

Als Erfinder gilt übrigens der Engländer William Thomson, der sich diese weltverändernde Idee bereits 1845 patentieren ließ. Und das zu einer Zeit, als noch alle Gefährte mit Holz- oder Metallreifen unterwegs waren – für Thomsons Luftreifen war es schlichtweg zu früh. Sein Reifen war noch nicht weit genug entwickelt, dass er das Gewicht einer Kutsche tragen konnte. Und andere Erfindungen wie das Fahrrad oder etwa das Auto steckten noch in den Kinderschuhen oder gab es bisweilen noch überhaupt gar nicht. Also verschwand die Idee vorerst in einer Schubalde ...

Über vierzig Jahre später erlebte die Idee ein Comeback. Der irische Tierarzt John Dunlop hatte 1888 dieselbe Idee wie Thomson. Auch das Fahrrad hatte sich rasch weiterentwickelt. Jedoch war er unzufrieden mit den Vollgummireifen, die in der Praxis viel zu hart waren und das Fahrradfahren viel mehr erschwerten als erleichterten. So kam Dunlop auf die Idee, Pneus mit Luft zu füllen. Der heutige Fahrradreifen war geboren und schnell sprachen sich die Vorteile herum: Die sogenannten „Pneumatics" machten das Fahrradfahren bequemer, das Bremsen einfacher und sicherer und die Lenkung präziser.

„Ein komplexer Prozess"

Schwarz sind sie alle und immer ein Kompromiss. Aber: Ein guter Reifen muss letztlich auf der Straße überzeugen, denn er ist elementar für sicheres Autofahren. In Gefahrensituationen, etwa beim Bremsen, wenn Meter über Leben und Tod entscheiden oder im Nasshandling, wenn ein Fahrzeug auch im Grenzbereich manövrierfähig bleiben muss. Worauf es bei einem guten Reifen ankommt, erklären wir euch zusammen mit Experten von Toyo in unserer neuen Serie „Technik einfach erklärt". Teil eins: Die Reifenentwicklung.

„Reifenentwicklung ist ein komplexer Prozess", betont Mike Rignall, Marketing-Manager von Toyo Tires Europe. Und weiter: „Man kann nicht einfach alle Komponenten in einen Eimer werfen und sie vermischen." Wie komplex dieser Prozess ist, weiß auch Hideyuki Sakai, technischer Direktor der Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Toyo Tires in Europa. Bevor ein Reifen auf den Markt kommt, vergehen meist Jahre. Dabei durchlaufen die Produkte bereits im Entwicklungsstadium umfangreiche Tests. Das geschieht zum Beispiel im Falle von Toyo Tires zunächst in Testcentern in Japan. Produkte für den hiesigen Markt werden später in Europa und auf der ganzen Welt bei allen denkbaren Wettersituationen auf Herz und Nieren untersucht.

Bei der Reifenherstellung werden unterschiedliche Gummimischungen mit speziellen Eigenschaften benötigt. Wie bei einem Kuchen werden auch bei der Reifenherstellung diverse Zutaten verwendet. Über 40 verschiedene Rohstoffe bilden das Gerüst für einen Reifen aus aktueller Produktion. Dazu zählen als Festigkeitsträger etwa Stahl, Rayon, Polyester oder Nylon. Bis zu elf verschiedenen Kautschukmischungen, natürlicher und synthetischer Basis, bieten den größten Anteil der Reifenzusammensetzung. Als Füllstoffe werden Siliciumdioxid, Ruß, Kohlenstoff, Kreide oder sogar Walnussschalen verwendet – kein Scherz! Sie sollen den Grip des Reifens auf Eis erhöhen. Hinzu kommen noch Stoffe wie Weichmacher, Chemikalien für die Vulkanisation sowie Alterungsschutzmittel wie Antioxidantien, welche den Reifen im Schnitt – je nach Benutzungsgrad – fünf Jahre länger haltbar machen.

Reifenproduktion in fünf Schritten

Zur Herstellung einer Mischung werden die Füllstoffe und der Kautschuk in einem Kneter unter Druck und großer Hitzeentwicklung vermengt. Nach dem Kneten wird die Gummimischung zu einem langen Strang ausgezogen, abgekühlt und zur Weiterverarbeitung zwischengelagert. Entscheidenden Anteil am Reifenunterbau und damit an den Laufeigenschaften eines Reifens hat der sogenannte Textilkord des Reifens. Im Grunde genommen ist das ein Gewebe aus einem stabilen Faden, welcher verzwirnt wurde. Dieser wird anschließend mit einer dünnen Kautschukschicht ummantelt. Die Gewebebahn wird in bestimmte Breiten und Winkel geschnitten und bildet später die Karkasse im Reifen. Darüber baut der Stahlgürtel auf. Die Herstellung dieses „Bauteils" verläuft ähnlich dem Fertigungsprozess des Textilkords. Nur, dass Stahldrähte anstelle von Textilfäden verwendet werden. Auf einer speziellen Maschine wird das gummierte Stahlkordgewebe im entsprechenden Winkel geschnitten und zu einem Endlosband zusammengesetzt.

Als letzte Komponente entsteht die Lauffläche eines Reifens. Zunächst allerdings am Computer. Denn hier lässt sich genau simulieren, wie sich ein Profil zum Untergrund verhält. Das ist auch der Grund, warum Regen- oder Winterreifen immer anders aussehen als zum Beispiel ein High-Performance-Reifen, der wesentlich mehr Längsrillen aufweist und damit die Fahrzeugstabilität und die Geradelaufeigenschaften bei Höchstgeschwindigkeiten verbessert, bei Aquaplaning aber eventuell nachteilig sein kann. Deshalb ist die Reifenentwicklung immer auch ein gewisser Kompromiss. Das Profil hält den Kontakt zur Fahrbahn und überträgt sämtliche, vom Fahrzeug ausgehende Kräfte übertragen soll. In einem Extrudierverfahren wird hierbei eine Mischung durch Druck und hohe Temperatur in Form gepresst und anschließend mit einer Farbmarkierung eindeutig gekennzeichnet, um die einzelnen Reifenmodelle in der Endproduktion auseinander halten zu können.

Wenn die Basis für den fertigen Reifen geschaffen wurde, kann mit dem eigentlichen Reifenaufbau begonnen werden. In einer speziellen Maschine werden alle Einzelen Bauteile zusammengefügt. Dieser noch unvulkanisierte Reifen wird auch Reifenrohling genannt. Im folgenden Produktionsschritt wird aus den bisher plastischen Kautschukmischungen durch den Vulkanisationsprozess elastisches Gummi und die einzelnen Bauteile vulkanisieren miteinander. Hierzu wird der Reifenrohling quasi "gebacken". Gleichzeitig erhält der Rohling sein Profil sowie seine Flankenbeschriftungen. Damit würde die eigentliche Produktion des Reifens enden, jedoch muss das Endergebnis noch überprüft werden ...

Eine erste Sichtkontrolle wird von erfahrenen Spezialisten durchgeführt. Per Augenschein wird jeder Reifen auf sichtbare Mängel hin überprüft. Die Rundlaufeigenschaften und die Gleichmäßigkeit der Pneus werden anschließend maschinell überwacht. Damit auch im nicht sichtbaren Bereich jeder Reifen die Vorgaben des Herstellers erfüllt, wird jeder Reifen per Röntgendiagnose überprüft. Erst wenn ein Reifen alle Stationen anstandslos passiert hat, geht er in die Auslieferung.

Modernste Technologien

Und weil diese mitunter auch unter widrigsten Bedingungen allerhöchste Anforderungen an Bremsverhalten, Nässeeigenschaften, Laufleistung oder Komfort erfüllen müssen, steht die Produktion unter ständiger Qualitätskontrolle. Toyo Tires setzt auf modernste Technologien wie etwa A.T.O.M. (Advanced Tire Operation Module) oder „jointless tread", zu Deutsch das fugenlose Reifenprofil. Für die Produktion wichtiger Reifenteile wird das Verfahren des Extrudierens angewendet, bei dem das gezogene Gummimaterial um eine rotierende Trommel gewunden wird. Innovative Materialien, effiziente Produktionsstrukturen und ein cleveres Marketing. Das haben auch Fahrzeughersteller wie Audi, Toyota, Lexus, Mazda, Mitsubishi oder Nissan erkannt. Sie statten verschiedene Modellreihen bereits ab Werk mit den Innovationen aus dem Land der aufgehenden Sonne aus.

Bei Toyo hängen die Trauben hoch. Ganz gleich ob Allwetter-, Komfort- oder Hochleistungsreifen, SUV-, Bus- oder Lkw-Pneu: Alle Anwendungen sollen Maßstäbe in Sachen Sicherheit, Qualität und Performance setzen. „Wenn wir einen Reifen konzipieren, denken wir zuerst an den Endverbraucher", betont Mike Rignall. Er soll möglichst lange Freude am Produkt haben. Die durchschnittliche Lebensdauer eines High-Performance-Reifens beläuft sich auf rund 20.000 Kilometer, die eines Allwetter- oder Komfortreifens auf bis zu 60.000 Kilometer. Mit dem Technical Center im japanischen Itami betreibt Toyo Tires eine der modernsten Entwicklungseinrichtungen in der Welt. Dort werden die Produkte konzipiert, entwickelt und auf Qualität geprüft. Ausdauer, Bremseigenschaften, Geräuschentwicklung, Handling, Hochgeschwindigkeit und Traktion: Auf Teststrecken in Miyazaki und Saroma müssen sich neue Reifen später zum ersten Mal bewähren. Toyo Tires setzt in der Reifenentwicklung auf die Konstruktion mit innovativen IT-Verfahren. Im sogenannten T-Mode lässt sich schon am Rechner nahezu jeder Fahrzustand, jeder Belag und jede Kraft simulieren. Parameter wie Grip, Seitenführung, Verschleißfestigkeit und Geräuschoptimierung werden so bereits in der Reifenentwicklung aufeinander abgestimmt und justiert. Ziel ist neben einem idealen Profil, das jedes PS sicher auf die Straße bringen soll, im Pkw-Segment auch die Gewichtsoptimierung. „Das Gewicht spielt eine immer größere Rolle", sagt Mike Rignall. „Zur Gewichtsreduktion kommt deshalb Kevlar zum Einsatz."

Das EU-Reifenlabel als Wegweiser?

Aus Sicht von Toyo-Manager Mike Rignall spielt das von der EU verordnete Reifenlabel für den Endkunden eine eher untergeordnete Rolle. Vielmehr handele es sich um ein verkaufspsychologisches Instrument. Zum einen interessieren sich Sportwagen-Fahrer erfahrungsgemäß wenig für Informationen über Spritverbrauch, Rollgeräusch und Nasslaufeigenschaften. Zum anderen sind die für die Bewertung auf dem Label vorgenommenen Tests wenig aussagekräftig. Wesentlich aussagekräftiger sind für Mike Rignall eher die Testergebnisse im Echtbetrieb wie sie regelmäßig in diversen Fachzeitschriften nachzulesen sind. Testergebnisse hängen nämlich stark von den vorherrschenden Temperaturen ab. Und so manches „Schnäppchen", oft Billigreifen aus fernöstlicher Produktion, fällt unter der brennenden Sonne Spaniens oder Portugals durch.