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Winterreifenpflicht (2019)

Immer der Situation angepasst

30.12.2018 12:01 Uhr

Text: Tom Bauer | Fotos: MAV-Archiv


In diesem Jahr konntet ihr eure Schätze richtig lange fahren. Und wer von euch sein Fahrzeug auch im Winter fährt, muss sich erst spät Gedanken über Winterreifen machen. Dennoch: hier ein Update zum Thema Winterreifenpflicht in Deutschland.

Es gibt keinen festen Zeitraum, in dem die Winterreifenpflicht greift. Vielmehr gilt bei uns die situative Winterreifenpflicht. Dies bedeutet im Klartext ein Benutzungsverbot für Sommerreifen bei winterlichen Straßenverhältnissen.

Wann solche Straßenverhältnisse vorliegen, regelt § 2 Abs. 3a der Straßenverkehrsordnung (StVO). Und in diesem werden explizit Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reif-glätte als Indikatoren für das Vorherrschen winterlicher Straßenverhältnisse angeführt. Wer also mit Sommerreifen über eine geschlossene, lockere Schneedecke fährt, ohne dass die Reifen dabei durchdrehen, ist gemäß dieser Definition folglich nicht zu beanstanden.

Ausnahmen von der Winterreifenpflicht

Ausgenommen von der Winterreifenpflicht sind folgende Fahrzeuge:

  • Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft
  • Einspurige Fahrzeuge
  • Stapler im Sinne § 2 Nr. 18 der Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV)
  • Motorisierte Krankenfahrstühle im Sinne § 2 Nr. 1 FZV
  • Einsatzfahrzeuge der in § 35 Abs. 1 StVO genannten Organisationen (Bundeswehr, die Bundespolizei, die Feuerwehr, der Katastrophenschutz, die Polizei und der Zolldienst), soweit für diese Fahrzeuge bauartbedingt keine Reifen verfügbar sind, die den Anforderungen des § 36 Abs. 4 StVZO genügen.
  • Spezialfahrzeuge, für die bauartbedingt keine Reifen der Kategorien C1 (für Pkw, Wohnmobile, Busse), C2 (für Nutzfahrzeuge mit dem Geschwindigkeitskategoriesymbol ≥ N) o-der C3 (für Nutzfahrzeuge mit dem Geschwindigkeitskategoriesymbol ≤ M) verfügbar sind.

Darüber hinaus dürfen Kraftfahrzeuge der Klassen M2 (Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr als acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz und einer zulässigen Gesamtmasse bis zu fünf Tonnen), M3 (Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr als acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz und einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als fünf Tonnen), N2 (Fahrzeuge zur Güterbeförderung mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 Tonnen bis zu zwölf Tonnen) und N3 (Fahrzeuge zur Güterbeförderung mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als zwölf Tonnen ) bei winterlichen Straßenverhältnissen im Sinne der StVO auch dann gefahren werden, wenn mindestens die Räder der permanent angetriebenen Achsen und der vorderen Lenkachsen mit Reifen ausgerüstet sind, die den Anforderungen des § 36 Abs. 4 StVZO genügen.

Anforderungen an Winterreifen

Die StVO als Verhaltensvorschrift verweist hinsichtlich der Beschaffenheit von Winterreifen auf die StVZO, bei der es sich um eine Ausrüstungsvorschrift handelt. Speziell wird hier § 36 Abs. 4 StVZO angeführt.

Demnach sind „Reifen für winterliche Wetterverhältnisse" Luftreifen, durch deren Laufflächenprofil, Laufflächenmischung oder Bauart vor allem die Fahreigenschaften bei Schnee gegenüber normalen Reifen hinsichtlich ihrer Eigenschaft beim Anfahren, bei der Stabilisierung der Fahrzeugbewe-gung und beim Abbremsen des Fahrzeugs verbessert werden und die mit dem Alpine-Symbol (Bergpiktogramm mit Schneeflocke) gekennzeichnet sind.

Sind dann die guten alten M+S-Reifen nicht mehr zulässig? Doch. Zumindest noch bis zum Ablauf des 30. Septembers 2024, wenn die Reifen laut ihrer DOT-Kennzeichnung nicht nach dem 31. Dezember 2017 hergestellt worden sind. Mit dieser Übergangsregelung soll sichergestellt werden, dass bereits gekaufte und/oder produzierte Reifen noch aufgefahren werden dürfen.

Hinsichtlich ihrer Profiltiefe werden Reifen für winterliche Wetterverhältnisse den Sommerreifen natürlich gleichgestellt. Bedeutet für die Praxis eine Mindestprofiltiefe von 1,6 Millimetern.

Ahndung von Verstößen gegen die Winterreifen-Pflicht

Wer bei den in § 2 Abs. 3a vorliegenden Witterungsverhältnissen mit Reifen angetroffen wird, die den Anforderungen des § 36 Abs. 4 StVZO nicht genügen, muss auch künftig mit einem Bußgeld rechnen und schlittert außerdem direkt in die Punkteränge.

Der Bußgeldkatalog sieht für den Fahrzeugführer ein Bußgeld in Höhe von 60 Euro und ein Punkt vor. Der Fahrzeughalter kann außerdem mit einem Bußgeld in Höhe von 75 Euro und ein Punkt belegt werden. Wer ein sommerbereiftes Fahrzeug im Winter verleiht, sollte also auf Nummer sicher gehen, dass der Fahrer die Reichweite dieser Regelung auch begriffen hat.

 

Wer unterwegs eine Reifenpanne hat und nur über ein „normales" Ersatzrad verfügt, muss sich übrigens keine Sorgen um ein mögliches Bußgeld machen. Im Falle einer Panne darf das Fahrzeug auch mit einem Reifen ausgerüstet werden, der den Anforderungen des § 36 Abs. 4 StVZO nicht entspricht. Allerdings muss im Anschluss unverzüglich ein Winterreifen montiert werden.

Gleiches gilt für geparkte Fahrzeuge. Diese müssen natürlich nicht mit geeigneten Winterreifen ausgerüstet werden, solange sie auch tatsächlich nur geparkt sind. Eine Ahndung im ruhenden Verkehr scheidet somit ganz klar aus.

KURZ GEFASST

Der Gesetzgeber verpflichtet also nach wie vor niemanden dazu, in einem bestimmten Zeitraum ausschließlich mit Winterreifen zu fahren. Die geltende situative Winterreifenpflicht macht aus meiner Sicht auch Sinn. Denn ich habe mich schon mehr als einmal darüber geärgert, dass ein Sparbrenner vor mir den Verkehr aufgehalten hat, weil er sich das Geld für Winterreifen gespart hat und als Folge nun quer auf der Fahrbahn stand und weder vor noch zurück kam. Mit der aktuellen Regelung bleibt nach wie vor ausreichend Spielraum und jeder kann selbst entscheiden, ob er zum Beispiel seinen Zweitwagen mit Winterreifen ausrüstet oder nicht. Es muss nur gut überlegt werden, ob die Fahrt zur Arbeit mit Sommerreifen eine gute Idee ist, wenn es nach Feierabend eventuell geschneit haben kann. Im Zweifelsfall solltet ihr euer Fahrzeug besser zu Hause lassen und euch mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Weg machen. Die Kosten für das Ticket haben sich schnell bezahlt gemacht, denn im Falle einer Beanstandung drohen inklusive Kosten und Gebühren mehr als 80 Euro Strafe und ein Punkt. Wer sich um all das gar keine Gedanken mehr machen möchte, sollte vielleicht den Kauf von Ganzjahresreifen in Betracht ziehen. Diese können zumindest bei durchschnittlich motorisierten Fahrzeugen, die nicht sehr sportlich bewegt werden, eine gute Alternative darstellen.