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Test: Audi RS 3 Limousine (2018)

1-2-4-5-3: die unverkennbare Zündfolge

11.12.2018 10:51 Uhr

Text: Joshua Hildebrand | Fotos: Jan Bürgermeister


Achtung, Verwechslungsgefahr! Wenn dieser „Porsche-grüne" Straßenhüpfer vorbeihuscht, schaut kaum jemand weg – die Limousinenversion des Audi RS3 fetzt mit Turbo-Fünfzylinder, 400 PS und kann sogar Beinchen heben.

Erinnert ihr euch noch an unseren Test des Audi S3 vor gut einem Jahr? „Sport für Spießer" lautete damals unser Fazit der sportlichen Stufenheckvariante. Bis dato war die S-Version der sportlichste Ableger der A3-Baureihe, eine RS-3-Limo wurde vorerst nur für den asiatischen Markt angekündigt. Damals hofften wir noch, dass es bald auch eine RS-Version in Deutschland geben würde. Der S3 als Alltags-A3 war zu teuer, und als richtiger Sportler konnten wir ihn irgendwie nicht für voll nehmen. Fahrdynamisch befand sich der Allrounder stets im Spagat – und das forderte nichts anderes als Kompromissbereitschaft des Fahrers. Jetzt aber ist Schluss damit! Wir geben uns nicht mehr mit weniger zufrieden. Wir haben uns das froschgrüne Topmodell RS 3 gecatcht und artgerecht ausgesetzt – auf die Kartbahn im baden-württembergischen Liedolsheim. Eine schön gelegene Strecke, ursprünglich für den internationalen Kartsport gedacht, auf der auch viele Automobilslaloms stattfinden. Wir finden, das ist wie gemacht für ein solch spritziges Kompaktmodell, welches dank leichterem Fünfzylinder und geänderter Allradabstimmung nun leichter quer zu fahren sein soll. Ein Versprechen von Audi, dem wir auf den Grund gehen werden.

Auffällig unauffällig

Na, wen haben wir denn da? Da steht er nun mit aufgeblasenen Backen. Okay, wollen wir mal nicht übertreiben, denn der RS 3 ist mit 1,96 Meter Breite (inklusive Seitenspiegel) nicht breiter als das S-Pendant – und das finden wir äußerst schade. Eine optische Kotflügelverbreiterung ähnlich wie bei einem BMW M2 würde auch dem RS gut zu Gesicht stehen. Es bleibt also bei den gewohnten Formen mit fünf Türen. Einzig die Front- und Heckschürze sowie Auspuffblenden und Bremsen enttarnen diesen äußerst potenten 400-PS-Frosch, welcher damit übrigens stärker ist als ein Porsche 911. Und natürlich die Farbe: Das extravagante Grün nennt ist eine Individuallackierung von Audi Exklusive und kostet 2.300 Euro extra. Auffallender als die gleichgebliebenen Proportionen des S3 ist die Lackierung allemal; es ist und bleibt eine fünftürige Sportlimousine, kein Coupé. Oh, wie geil wäre ein kleinerer RS – ein RS 3 Coupé quasi ... Natürlich kann man nicht immer von der Optik auf den Charakter schließen, auch wenn es weitaus biederere Fahrzeuge gibt. Recht große Lufteinlässe an der Front und zwei faustgroße Auspuffendrohre hat er ja zumindest. Aus denen ertönt übrigens kein sanftes Tönchen, sondern vielmehr ein herzzerreißendes „Quak"-Konzert. Damit versucht der RS 3, um die Gunst seiner Fans zu buhlen – und das macht er ausgesprochen gut. Dabei kann er nachts die Nachbarn genauso nerven wie ein balzendes Wasserfrosch-Pärchen. Vorausgesetzt, man stellt das „audi drive select" per Wahltaster auf „dynamic", denn dann öffnen sich die Klappen ab circa 4.000 Umdrehungen, und das Orchester kann losgehen. Nachtruhe um 22:00 Uhr? Beschweren Sie sich doch!

Knallbonbon mit Sicherheitszertifikat

Neben der Abgasklappensteuerung ist auch das Management der Lamellenkupplung in das Fahrdynamiksystem eingebunden. Zusammen mit der ESC-Einstellung „sport" (Electronic Stability Control, Anm. d. Redaktion) werden die Antriebskräfte früher und in höherem Maße auf die Hinterachse geleitet – das beeinflusst den sonst so todsicheren Quattro-Allradantrieb. Ganz nebenbei werden zudem die Gaspedal-Kennlinie, das S-tronic-Doppelkupplungsgetriebe sowie die Lenkung für mehr Sportlichkeit angepasst. Und tatsächlich: Wenn man ihn wirklich herausfordert, dann wackelt unser Bürschchen gern mal mit seinem Hinterteil, auch wenn man ihn ein bisschen dazu überreden muss. Wir gaben dem Audi auf dem Track ordentlich die Sporen und waren vom Fahrverhalten gleichermaßen angetan wie gelangweilt. Selbst im Streckenabschnitt mit schneller Links-Rechts-Kombination und heftigen Curbs verhält sich HN-RS-3028 stets beherrschbar. Eine härtere Gangart „belohnt" der Wagen gerne mit einer „Beinchen-heb-dich"-Aktion, fährt ansonsten tadellos über Störfaktoren wie Bodenwellen und Schlaglöcher hinweg – es ist und bleibt eben ein Sportler für den Alltag. Lediglich auf der serienmäßigen Stahlbremse wirkt das Heck gerne mal nervös, überrascht aber nie mit Unberechenbarkeit in Form von Heckdrehern. Dafür aber typischerweise noch immer mit scheußlichem Quietschen, als würde ein Zug in den Bahnhof einfahren. Es bleibt die Erkenntnis: Auch der RS 3 hat ähnlich wie der S3 nach wie vor einen Hang zum Untersteuern. Auch die wesentlichen Neuerungen – nachfolgend erklärt – haben dieses Phänomen nicht so stark gelindert wie erhofft.

Verbesserungspotenzial

Mit der zusätzlichen Karosserieoption Limousine, welche etwas länger und minimal leichter als der Sportback ist, ist der Kauf eines A3 nun zur Stilfrage geworden. Neben der Neuerung der Karosserieform überarbeitete man ihm Zuge des Markteintritts bei der Audi Sport GmbH in Neckarsulm den rund 2,5-Liter-Motor, steigerte den Ladedruck auf 1,35 bar und quetschte jetzt 400 PS sowie 480 Nm Drehmoment aus dem Herzstück des sportlichsten A3. Gleichzeitig versuchte man die Symptome des Untersteuerns, unter anderem die Last auf der Vorderachse, mit leichten Modifikationen zu minimieren. So bekam es ein Kurbelgehäuse aus Alu, eine hohlgebohrte Kurbelwelle und eine Magnesium-Ölwanne, welche insgesamt 26 Kilogramm einsparen sollen. Und dann wäre da noch die Softwarekomponente: Da es beim klassischen Hang-on-Allradsystem blieb, versuchte man dem mit einer neuen Programmierung beizukommen, sodass der RS3 an Agilität in Kurven gewinnt. Mit dem Update solle der quattro nun in der Lage sein, Untersteuertendenzen im Keim zu ersticken, indem die Leistung schneller an die Hinterräder geschickt wird. Klingt gut, fahraktiv hat sich für unser Empfinden aber nicht viel verändert: Ein komplett anderes Fahrgefühl darf man nicht erwarten, was nicht heißen soll, dass der RS 3 schlecht fährt. Dennoch gab es eine Sache, die uns bei unserem Test immer wieder negativ aufgefallen ist: das Siebengang-DSG. Solange man etwas quirliger im Sportmodus oder gar halb manuell herumzirkelt, macht's Spaß, und die Gangwechsel vollziehen sich gefühlt in Echtzeit. Aber gnade dir Gott, du hast dich bei Landstraßentempo im siebten Gang eingegroovt und willst das Gaspedal urplötzlich voll durchlatschen, weil mal wieder eine silberne A-Klasse vor dir herumschleicht ... Dann passiert erst mal nix. Es dauert wirklich lange, bis das Getriebe die schnelle Anfrage verarbeitet und den neuen, passenden Ganz eingelegt hat – das passt nicht zum sonst so perfekten Image eines Audis – Vorsprung durch Technik? Na ja. Fakt ist, dass selbst ältere Getriebearten wie die BMW-Wandler-Automatik in dieser Klasse besser arbeitet.

Ganz schön viele Kröten

Im Innenraum bleibt es wie beim Sportback bei einem RS-Lenkrad und Sportsitzen. Das Interieur ist übersichtlich, funktional und modern – an das „Virtual Cockpit" haben wir uns inzwischen gut gewöhnt. Schon die Audi-S3-Limousine mit Automatikgetriebe ist nicht gerade günstig. Fällig werden ohne Extras bereits knapp 46.000 Euro! Für andere Schürzen, eine markantere Auspuffanlage sowie größere Bremsen, außerdem einen weiteren Zylinder, 500 ccm mehr Hubraum sowie 90 PS und 80 Nm Drehmoment obendrauf muss man selbstverständlich tiefer in die Tasche greifen. Denn stolze 11.200 Euro mehr kostet die RS-3-Limousine ab Werk, übrigens nur erhältlich mit 7-Gang-S-tronic-Getriebe. Dann geht's aber auch in nur rund vier Sekunden auf 100 Sachen. Dafür müssen mindestens 57.200 Kröten ohne Sonderausstattung über die Ladentheke wandern. Und das stellt ihr euch jetzt mal bildlich vor ...

„Schneller als das DSG schalten kann"
WERTUNG: 3,9 (von 5)

Schon die S3 Limousine ist ganz nett, wenn es um kultivierten Alltagssport gehen soll. Was bei jenem Modell etwas zu glatt ist, macht der RS 3 trotz gleicher Abmessungen mit seinem herrlichen Turbo-Fünfzylinder wieder wett! Wer flüssig ist, auf eher untersteuernden Allradspaß steht und die ein oder andere Gedenksekunde des Getriebes verzeihen kann, darf ruhig zum RS 3 mit Stufenheck greifen. Zumal der Preis pro PS im Vergleich zum S-Modell sogar etwas besser ist.

Einzelwertung: jeweils maximal 5 Punkte 

ANTRIEB 4
FAHRLEISTUNGEN 4
BREMSE 3,5
HANDLING 3,5
SPASSFAKTOR 4
ALLTAG 4,5
QUALITÄTSANMUTUNG 4,5
PREIS-LEISTUNG 3,5

DATEN & FAKTEN 
AUDI RS 3 (2018)

MOTOR 2,5-Liter-Fünfzylinder mit Turboaufladung (TFSI) mit 400 PS und 480 Nm
GETRIEBE 7-Gang-Direktschaltgetriebe (DSG, Automatik)
AUSPUFF optionale RS-Sportabgasnalge mit jeweils einem schwarzen Endrohr links und rechts
FAHRWERK RS-Sportfahrwerk
BREMSEN RS-8-Kolben-Sportbremse mit 370-x-34mm-Scheiben, gelocht, Monoblock-Scheibe in 310 x 22 mm hinten
FELGEN/REIFEN Fünfarm-Leichtmetall Räder „Blade-Design" in 8,5 x 19 Zoll ET42; Reifen in 255/30 R19 vorn und 235/35 R19 hinten
EXTERIEUR Individuallackierung Audi exklusive; Optikpaket Titanschwarz Audi exklusive; Audi-Matrix-LED-Scheinwerfer
INTERIEUR RS-Ausstattung mit Sportsitzen ; Leder-Alcantara-Sportlenkrad; Lederausstattung Feinnappa mit Rautensteppung; Dekoreinlage Carbon; Audi virtual Cockpit
TECHNISCHE DATEN  Leergewicht 1.515 Kilogramm; 0-100 km/h in 4,1 Sekunden; Vmax angehoben auf 280 km/h; 11,4 Liter kombinierter Testverbrauch (Super Plus) der Redaktion; Emissionsklasse EU 6
PREIS ohne Extras: 57.200 Euro