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06.11.2017 18:37 Uhr

Texte: Sebastian Freiberger | Fotos: Codemasters

Wir fahren mit einem Subaru WRX STI eine Etappe in Wales und haben aufgrund des starken Nebels gerade mal zehn Meter Sicht. Ich muss mich blind auf meinen Kopiloten verlassen, der mir die nächsten Kurven ansagt. Der Asphalt verengt sich, wir driften um die Kurve und wechseln kurz darauf auf einen vier Meter engen Waldweg. Die Straße wird kurvenreicher und immer schlechter einsehbar. Der Nebel verdichtet sich. Vorsicht ist geboten, sonst landen wir im nächsten Kurvenausgang an einem Baum. „100; links zwei; durch Senke; nicht schneiden", meint mein Beifahrer. Doch bin ich in diesem Moment zu sehr mit der eigenen Streckendeutung beschäftigt, als dass ich auf meinen Kollegen hören könnte. Wie war das gleich am Ende? Ach ja: nicht schneiden. Zu spät! Ich bleibe im Kurveninneren an einem großen Felsbrocken hängen und überschlage mich. Das war's. Ich merke schnell: Zwischen Erfolg und Niederlage liegen im Rallyesport meist nur wenige Zentimeter.

Dirt 4 überzeugt vor allem im Bereich der klassischen Rallyemeisterschaften und zeigt, wo die Wurzeln des Rennspiels liegen. Erweitert wird dies durch „Rallye Cross" und „Buggy-Rennen", bei denen wir nicht einzeln nacheinander, sondern Kopf an Kopf gegeneinander fahren.

Nach meiner ersten Rallye fühlte ich mich in meine Kindheit zurückversetzt. Es macht wieder genauso viel Spaß wie „Colin McRae Rally 1" auf der Playstation 1 aus dem Jahr 1998. Nur ist in fast 20 Jahren Spielentwicklung viel passiert, was mich vor allem in der vierten Generation von Dirt extrem flasht. Es ist die Inszenierung auf der Strecke, die man während der eigenen Fahrt wie einen Film wahrnimmt: Wetterkapriolen, schwierige Licht- und Sichtverhältnisse aufgrund von Nebel oder einer tief stehenden Sonne, das ausgeprägte Schadensmodell, liegen gebliebene Fahrzeuge, Helikopter, die in der heißen Wüste Australiens Staub aufwedeln und vieles mehr.

Der Ablauf des Spiels ist relativ simpel und schnell erklärt. Ich beginne in der Dirt-Schule (ein abgesperrtes Gebiet, auf dem ich mit einem Testwagen verschiedenste Fahrtrainings absolvieren kann). In dieser Zeit lerne ich schnell das Handling von Dirt 4 kennen. Ich darf mich übrigens am Anfang zwischen Arcade und Simulation entscheiden. So machen die Entwickler das Spiel für jeden zugänglich. Sobald ich mich bereit fühle, darf ich loslegen und als Gastfahrer an einer Rallyemeisterschaft teilnehmen. Natürlich Simulation. Keine Fahrhilfen, manuelles Getriebe und Cockpitsicht. Das Handling überzeugt, hier hat Codemasters ganze Arbeit geleistet.

Nach den ersten zwei Meisterschaften und der damit verdienten Kohle kaufe ich mir mein erstes eigenes Fahrzeug und stelle ein Team aus Ingenieuren, Mechanikern und Kopilot zusammen. Im Fahrerlager kann ich nun mein eigenes Rennteam benennen und nach meinen individuellen Wünschen gestalten. Die Lackierung meines Wagens ändert sowohl die Optik der Rennanzüge als auch des Trailers. Nach ein, zwei weiteren Rennen klopfen erste Sponsoren an, die mich und meinen Rennstall supporten wollen.

Bereits 42 Prozent der Rallyekarriere sind durchgespielt, ehe ich mich überhaupt mal an den „Rallye Cross"- und „Landrush"-Meisterschaften versuche – so dominierend ist das klassische Rallyethema. Hier wird richtig heftig gefightet. Das macht zur Abwechslung auch mal Spaß. Im Vergleich zu den Vorgängerspielen Dirt 2 und Dirt 3 wirken diese Events aber eher etwas fehl am Platz. Man erkennt doch die starke Verbindung zu dem zuvor erschienenen Spiel „Dirt Rallye".

Die Karriere bildet das Hauptaugenmerk des Titels. Darüber hinaus gibt es im Menü noch Schnellevents oder Online-Multiplayer. Die allgemeine Aufmachung ist für meine Begriffe etwas dürftig. Hier hätte man sich etwas mehr an den Vorgängern orientieren können. Auch die Zwischensequenzen zwischen den Rennen sind recht öde.

Die Grafik überzeugt vor allem durch die Vielfalt der Streckenorte, Jahres- und Tageszeiten sowie Wetterbedingungen. Auch die Autos sind schön modelliert. Das Interieur ist bis ins kleinste Detail ausgestaltet. Allerdings hätten die Umgebungsdetails an einigen Stellen besser sein können. Bäume wirken oftmals schwammig, Bewegungen verwischen oftmals und Kanten flackern bei genauer Betrachtung. Die Playstation 4 liefert die meiste Zeit 60 Bilder pro Sekunde, die Auflösung wird aber im Gegensatz zur stärkeren PS Pro bei aufwendigen Darstellungen reduziert, was das Spielerlebnis aber nicht weiter beeinträchtigt. Die Grafik ist gut, aber ausbaufähig. Dennoch zeigen vergleichbare Spiele in diesem Bereich durchaus mehr Qualität.

„Fans kommen voll und ganz auf ihre Kosten!"
Alles in allem beweist Codemasters mit Dirt 4, dass sie die Nummer eins bei den Rallyespielen für PC und Konsole sind. Die Kulisse ist chic, das Spielkonzept stimmig und das Gameplay macht Laune! Dinge wie Fahrzeug- und Streckenpräsentation kann zurzeit keine andere Rallyesimulation so gut wie Dirt 4. Nur die Grafik ist kein Meilenstein.