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Pogea Centurion 07

Begegnung mit dem Alfatier

22.11.2017 15:51 Uhr

Text: Joshua Hildebrand | Fotos: Markus Leser

Montags dies, dienstags das und mittwochs habe ich sowieso keine Zeit. Ja, manchmal muss man einfach raus. Dem Alltag entfliehen. Und was kann es für einen passionierten Autofahrer, wie ich es bin, besseres geben, als mit einem ganz besonderen Sportwagen Kurven zu räubern? Rendezvous mit dem Pogea Racing 4C Centurion!

Im Grunde genommen reden wir hier von einem Alfa Romeo 4C . Einem Sportwagen wie er im Bilderbuche steht: leicht, kompakt, schnell und puristisch. Fast schon kann man sagen, dass der 4C die moderne Reinkarnation eines legendären Alfa Tipo Stradale ist. Zu hoch gegriffen? Finden wir nicht! So etwas wie diesen Wagen gibt es heutzutage eigentlich nur noch ganz selten, noch besonderer wird das Außergewöhnliche durch die Optimierung und Veredelung des Friedrichshafener Tuners Pogea Racing, bei dem laut Unternehmensaussagen auch Prominente wie etwa Prinz Markus von Anhalt, Spitzensportler und Schauspieler Kunden sind.

Uhh, das fetzt!

Pogea Racing hat sich übrigens nicht nur auf Abarth- und Alfa-Modelle spezialisiert. Es gibt so gut wie keine Marke, die sie nicht optimieren oder veredeln können, da sich auf Fahrzeug-Technik und -Software spezialisiert haben. Dennoch geht es in diesem Text um nichts anderes Alfa 4C, Pogea und Centurion. Seltsamer Name? Das hat einen bestimmten Grund, denn die hauseigenen Kreationen heißen bei diesem Tuner alle wie Superhelden, Sternenbilder oder Götter. Zuletzt der über 400 PS starke Abarth 500 namens Ares (Gott des Krieges, Anm. d. Redaktion), unser Centurion, die noch schärfere 4C-Variante Nemesis oder die Radikal-Ausbaustufe Zeus mit reiner Rennsporttechnik und Motorenumbau für schlappe 65.000 Euro. Zugegeben: Der Centurion (Nummer 7) ist jetzt nicht mehr ganz brandneu, aber noch immer aktuell. Nicht zuletzt weil er nur zehn Mal gebaut wurde. Sondern auch, weil die Fahrzeuge, selbst wenn sie schon beim Kunden sind, noch weiterentwickelt werden. Denn „(...) das gesamte Pogea-Team mit 20-jährigem Know-how aktualisiert in regelmäßigen Abständen die Software sowie Hardware unserer Produkte weiter. Kunden bekommen deshalb regelmäßig kostenlose Updates für ihre Fahrzeuge, das gehört bei uns zum Service, so der technische Leiter Eduard Pogea. So hatte unser Testwagen mit der Ausbaustufe „1plus" am Tag unseres Zusammentreffens auch die allerneueste Software drauf. Der in einem Monocoque gepackte, turbobefeuerte 1.8er-Mittelmotor direkt hinter dem Fahrer verfügt jetzt über 330 PS und rund 480 Newtonmeter. In Kombination mit dem Gewicht von knapp 1.000 Kilogramm kommen wir so – summa summarum – auf ein Leistungsgewicht von ein bisschen mehr als 3 Kilogramm pro PS – das ist Champions-League-Niveau! Das Ganze resultiert aus einem optimierten Motor- und Getriebemanagement, einem Sportluftfilter sowie dem klanggewaltigen Sportabgassystem. Damit verbessert sich sowohl Motorleistung als auch Spurtstärke deutlich. Außerdem schaltet die speziell durch Pogea optimierte Doppelkupplungselektronik (es gibt nur Automatik) um bis zu 55 Prozent schneller durch die Gänge als das Serienpendant – soweit die Theorie ...

Wichtigstes Gut: die Emotion

Doch wie sieht es mit der Praxis aus? Wir sitzen hier in einem Wagen, welcher auf jeden Fall polarisiert. Verglichen mit einer Frau würde man sagen: Sie ist sehr empfindsam, teilweise zickig und man muss schon ein gewisser „Alfisti" sein, um Gefühle für sie zu entwickeln. Aber nicht nur Fans der Marke dürften im Anblick dieses Sportwagens wuschig werden! Das Monocoque ist wahrhaftig ein in Kohlefaser gebackener Sportwagen-Traum, das Armaturenbrett und die Materialanmutung im Cockpit-Bereich gleicht hingegen der eines Dacias. Nicht vergessen darf man allerdings dabei, dass es sich hier um den Cayman-Schreck schlechthin handelt, welcher mit einem Gewicht von unter 1.000 Kilogramm um die Kurven wetzt. Geschuldet ist das der vielen Carbonteile bereits ab Werk. Da ist es auch geschenkt, wie sich manche Knöpfe anfühlen, oder?! Geschenkt hingegen gibt es den Bausatz nicht. Mit 27.500 Euro möchte Pogea die individuellen Baumaßnahmen von Frontschürze, Heckschürze, Diffusor und Heckspoiler bezahlt haben. Diese sind nämlich aus Kohlefaser gefertigt und wurden passgenau am Fahrzeug verbaut. Zudem nahm man auch die Aerodynamik in den Fokus und verpasste dem Alfa mit einer Kombination aus Diffusor und Heckflügel zusätzliche 35 Kilogramm (bei 160 km/h) Abtrieb an der Hinterachse. Was die Antriebseinheit betrifft, so haben die Friedrichshafener ein optimiertes Motor- und Getriebemanagement mit einem Sportluftfilter sowie einem klappengesteuertem Edelstahl-Abgassystem kombiniert, welches auch bei längeren Fahrten die Gehörknöchelchen schonen kann. Außerdem ersetzt Pogea etliche Serienteile durch High-Tech-Komponenten aus dem Motorsport: Spezielle Silikonschläuche für Ladedruck und Abgaskrümmerkühlung, Stahlflexbremsleitungen, Rennsportbremsbeläge und eine ultraleichte LiFePO4-Kohlefaser-Starter-Batterie optimieren den Centurion 1plus und sorgen in Summe aller Veränderungen zu einer weiteren Gewichtsreduktion von 37 Kilogramm gegenüber der Serie, so der Hersteller. Unser Beschleunigungstest bestätigt die Angaben des Tuners: Der Deutsch-Italiener spurtet somit in knapp vier Sekunden auf Landstraßentempo, das ist rund eine halbe Sekunde schneller als das Serienpendant. In Sachen Endgeschwindigkeit soll der Centurion jetzt sogar die 300er-Marke knacken (Serie: 258 km/h) – ob das stimmt, konnten wir bei unserem kurzen und vor allem kurvigen Intermezzo im Donautal leider nicht prüfen.

Ist er zu hart, bist du zu schwach

Aber sowieso will man mit dieser Art von Fahrzeugen ungern dauerhaft hohe Geschwindigkeiten fahren. Denn schon im Sereintrimm fängt der 4C schnell das Schwänzeln an, auch wenn er dank der fehlenden Servolenkung relativ viel Rückmeldung gibt. Das Popometer ist dabei die Versicherung, spürt jede noch so kleine Querfuge. Dennoch empfehlen wir am Kurvenausgang lieber ein bisschen mehr Spielraum in Richtung Leitplanke. Was am Serienmodell schon fast desaströse Ausmaße annahm, konnte Pogea Racing am 4C Centurion merklich verbessern. Der wagen liegt jetzt spürbar ruhiger auf der Straße und auch die Spurrillensucht konnte auf ein Minimum reduziert werden. Durch die Schmiederäder in 18 und 19 Zoll samt 225er-, respektive 265er-Reifen (vorn/hinten) und das speziell für Pogea Racing entwickelte Gewindefahrwerk PCS3 von KW haben die Friedrichshafener auch das Fahrgefühl bei höheren Geschwindigkeiten verbessert. Dafür sorgen vier Sportdämpfer in Einheit mit vier progressiv gewickelten Tieferlegungsfedern dafür, dass sich der Wagen im Vergleich zur Serie um bis zu 50 Millimeter tieferlegen lässt und auf die Bedürfnisse von Rennstrecke oder Alltag eingestellt werden kann – wobei letzteres sicherlich ein Hirngespinst bleiben dürfte. Denn bereits nach kurzem Ausritt weiß man, was man getan hat. Der Centurion verlangt nach einer starken Hand, belohnt mit viel Sportwagenflair und Emotion, bestraft aber auch mit Zickigkeit, wenn der Fahrer nicht weiß, worauf er sich bei dem heckgetriebenen Sportler eingelassen hat. Das strengt nach ein paar Stunden dann doch an. Also, Pause ist angesagt. Raus über den breiten Kohlefaser-Schweller, was in der Praxis gar nicht mal so einfach ist. Denn die Gefahr, sich vor versammelter Mannschaft zum Affen zu machen, ist ziemlich hoch – wenn auch eine Lotus Elise wäre in dieser Hinsicht noch schlimmer wäre. Aber geheult wird nicht! Alle, denen dieses „Alfatier" zu unbequem erscheint, sollten halt GTI fahren. Der erscheint dann im Vergleich wie ein rollendes Sofa.


Pogea Racing 4C Centurion (07) „1plus"

Motor: Vierzylinder-Mittelmotor mit 1,8 Litern Hubraum und Turboaufladung; optimiertes Motor- und Getriebemanagement; Sportluftfilter; Silkionschläuche für Ladedruck und Abgaskrümmerkühlung; LiFePO4-Kohlefaser-Starter-Batterie

Fahrwerk: Einstellbares Gewindefahrwerk PCS3 (speziell von KW für Pogea entwickelt); vier Sportdämpfer mit vier progressiv gewickelten Tieferlegungsfedern

Rad/Reifen: Hauseigene Leichtbau-Schmiedefelgen „XCUT" in den Dimensionen 8,5 x 18 (VA) und 9,5 x 19 (HA) mit Michelin-Super-Sport-Reifen in den Größen 225/40 ZR18 und 265/30 ZR19 Karosserie: Frontschürze, Heckschürze, Diffusor und Heckspoiler aus Kohlefaser

Bremsen: Brembo-Bremsanlage mit Rennsportbremsbelägen

Auspuff: Hauseigenes Sportabgassystem (klappengesteuert)

Getriebe: Doppelkupplungsgetriebe von Pogea modifiziert (Schaltdauer um 55% verkürzt)

Technische Daten: 238 kW (330 PS) und 455 Nm; Leergewicht: 1.000 kg

Fahrleistung: 3,8 Sekunden von 0 auf 100; 14,0 Sekunden von 0 auf 200; Höchstgeschwindigkeit 305 km/h

Preis: Centurion-Bauteile: 27.500 Euro (ohne Fahrzeug, inkl. MwSt.)