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APR Golf 7 GTI (2019)

Doping für die Straße

16.01.2019 11:07 Uhr

Text: Joshua Hildebrand | Fotos: Jan Bürgermeister


... Nur für die Straße?! Fakt ist: Ein Golf ist wie ein Turnschuh: ein Klassiker, der immer geht! Doch gilt das auch für die 380 PS starke „Track Edition" des amerikanischen Tuners APR?

Wir müssen ehrlich sein: VAG-Tuner APR hatten wir bis dato nicht wirklich auf dem Schirm. Vor allem liegt es daran, dass der Tuning-Gigant eigentlich aus Amerika kommt. 1997 wurde er in Alabama gegründet, erst rund 15 Jahre später traute man sich auch nach Deutschland – sozusagen ins „mother country of Volkswagen". Der Erfolg des Tuners, der sich auf Fahrzeuge des VW-Konzerns spezialisiert, war bisher – sagen wir mal so – überschaubar. Gründe hierfür sind zum einen sicherlich der hart umkämpfte Tuning-Markt in Europa und die äußerst starke Konkurrenz. Zumal die Gesetzesordnung bei Umbauten hier eine ganz andere ist als in Amerika. Gut, dass Ralph Stoll vor ein paar Jahren das Steuer von APR Deutschland übernommen hat und seither den Erfolg ankurbelt. Denn neben hinreichender Erfahrung als Entwicklungsingenieur bei Mercedes-AMG und als Rennfahrer sollte gerade er ganz gut wissen, wie man Autos schneller macht. Anschauungs- und Testobjekt soll ein aufgemotzter Golf 7 GTI Performance namens „APR Track Edition" sein. Diesen bekamen wir allerdings so kurzfristig, dass sich die Downpipe im Prototypenstatus befand und Aluräder ohne KBA-Nummer montiert wurden, obwohl diese bereits abgenommen waren. Das macht das Auto und die Qualität des Umbaus aber keinesfalls schlechter. „Die technischen Prüfungen vom TÜV sind bereits abgeschlossen, lediglich die Dokumentation der Räder muss noch erledigt werden", erklärte man auf Nachfrage.

Das gibt's nicht an jeder Ecke

„Gerade bei den MQB-Modellen des Volkswagen-Konzerns haben wir nach unseren Informationen als einziger Tuner ein Gutachten, welches so umfangreich ist", erklärt uns Geschäftsführer Ralph Stoll, als wir auf die Umbauten unseres Test-Golfs zu sprechen kommen möchten. 380 PS soll der hier leisten? Respekt! Aber in einem Fronttriebler? Ja! Das ist durchaus machbar. Auch ohne verstärkte Antriebswellen, wie uns versprochen wird. Die mächtige Leistungssteigerung von plus 135 PS (Serienleistung GTI Performance 2018: 245 PS; Anm. d. Redaktion) basiert übrigens auf dem Verbau des Golf-R-Turboladers IS38 sowie der speziellen APR-Motorsoftware. Das Besondere der APR-Software ist, dass die ECU-Upgrades in mehrere Stufen und mit oder ohne Hardware-Modifikationen verfügbar sind. Das bedeutet, dass nicht irgendein Zusatzsteuergerät angeschlossen wird und eine neue Software die alte überlagert, sondern dass das Motormanagement komplett neu programmiert wird – und zwar in Abhängigkeit weiterer Modifikationen. Apropos: Hinzu kommen bei unserem Golf hauseigene Produkte wie ein spezielles Carbon-Ansaugsystem, ein Ladeluftkühler, eine Abgasanlage in Verbindung mit der bereits genannten Downpipe, welche leider nur die Abgasnorm EU6, aber nicht die neueren Normen 6c erfüllt. Deshalb wäre der Wagen auch in dieser Ausbaustufe so nicht für den Straßenverkehr zugelassen! Sei es drum, auf dem Heck steht ja auch „Track Edition" – und diesem Namen macht der APR-Golf fahrtechnisch wirklich alle Ehre ...

Ein wenig Verbesserungspotenzial

Hüpfen wir rein in das Seriengestühl des GTI, das zwar so schön aussieht wie jemals zuvor, aber durchaus mehr Halt und Rennstrecken-Performance bieten könnte – heißt doch „Track-Edition", hallo?! Wie wär's denn da mit Schalen? „Nö", sagt APR, denn aufgrund der fehlenden Seiten- und Sitzairbags kämen solche Sitze nicht infrage. Dennoch hätten wir gern etwas mehr Seitenführungskräfte, wenn wir mit 380 PS und 530 Newtonmeter aufs Gas latschen, in rund fünf Sekunden die Hunderter-Marke knacken und uns dann in eine 90-Grad-Kurve schmeißen. Die Leistungsentfaltung des Zweiliter-Turbos ist äußerst homogen und zaubert auch schon bei niedrigen Touren und unverhältnismäßig hohem Gang ein Lächeln ins Gesicht. Vorausgesetzt, das DSG verschluckt sich nicht wieder (das Problem haben viele Serienfahrzeuge des Volkswagen-Konzerns; Anm. d. Redaktion), die Straße ist nicht nass, und es sind KEINE Straßenreifen wie in unserem Fall montiert. Gerade bei derart hoher Leistung auf der Vorderachse ist die Gummi-Wahl das A und O. Semislicks sind gerade hier strengstens zu empfehlen! „Dieses Fahrzeug wurde auf expliziten Wunsch ohne Semis gebaut. Als Standard empfehlen aber auch wir andere Reifen: zum Beispiel den Pirelli Trofeo R in 235/35 ZR19", äußert sich APR auf Nachfrage. Da kann leider auch das wirklich gut abgestimmte KW-Clubsport-2-Wege-Gewindefahrwerk mit externen Druckbehältern nicht ganz sein Potenzial ausspielen.

Die Reifen verhindern Besseres

Vor allem für den Einsatz auf der Rennstrecke abgestimmt, zeigt sich die neue Fahrwerkslösung zwar straff, aber äußerst gutmütig. Das vergrößert nicht nur den Grenzbereich, sondern erhöht auch die Kurvengeschwindigkeiten des GTI Performance merklich – wären da eben nicht die Reifen. Bereits bei Kurvenfahrten mit nur 50 km/h wurden wir von nicht so angenehmem Quietschen überrascht, und auch bei Volllastfahrten zeigte sich das Gummi mit der Leistung teils überfordert. Ganz zu schweigen von der vollen Bremsleistung der umgebauten Golf-R-Performance-Bremsanlage. Was jetzt desaströs klingen mag, ließe sich mit der richtigen Reifenwahl auf jeden Fall in den Griff kriegen. Denn ansonsten müssen wir sagen, dass wir mit den Fahreigenschaften des aufgemöbelten GTI sehr zufrieden waren. Auch vom (leider) nicht ganz legalen Klang der Abgasanlage, welcher so pompös ist, dass einem das Toupet wegfliegt. So macht Golffahren Spaß! Straßenzulassung? Illusorisch. Wer also genau diesen GTI so haben möchte, wird zum jetzigen Zeitpunkt entweder komplett auf die Downpipe verzichten oder auf die entschärfte Variante mit Zulassung warten müssen – leistungstechnisch wird sich nichts ändern, aber leiser wird er sicher werden. APR wartet indessen schon auf die neuen Downpipe-Prototypen, welche vom TÜV Rheinland geprüft werden. Der Katalysator wird näher an den Turbolader wandern, um die Aufheizphase des Katalysators zu verringern. Damit sollten dann auch die Grenzwerte für die Euro 6c eingehalten werden können. „Testwagen in dieser Ausbaustufe sind nicht für den Endverbraucher auf öffentlichen Straßen bestimmt und werden so auch nicht an den Kunden ausgeliefert", betont APR. Und weiter: „Wir legen vor allem Wert auf Umbauten mit Komplettgutachten, um Diskussionen bei der Prüfstelle zu vermeiden." Wir finden: eine gute Einstellung, die sich rentieren wird.

"SCHNELL, LAUT, BEZAHLBAR"

★★★★☆

Keine Frage: 380 PS in einem frontgetriebenen Golf GTI sind ein Brett! Die leistungssteigernden Maßnahmen sind gut umgesetzt, zusammen mit dem (leider) nicht ganz legalen Sound kommt Gänsehaut-Feeling auf! Auch wenn der Pirelli P Zero in Verbindung mit dem KW-Clubsport-Fahrwerk so seine Probleme hat, fährt er spurstark durch jede Kurve. Mit anderen Reifen und Schalensitzen würden wir einen kaufen. Oder finanzieren. Oder leasen ...

Joshua Hildebrand 

DATEN & FAKTEN 

APR Golf 7 GTI "TRACK EDITION" (2018)

MOTOR 2.0 TSI-Vierzylinder-Frontmotor mit Abgasturbolader; Golf-R-Turbolader IS38; APR-Carbon-Intake-System; APR-Turbo-Inlet-Pipe; APR-Ladeluftkühler; APR-Motorsoftware; APR-Prototypen-Downpipe (Nicht EU6c-konform)
KAROSSERIE Teilfolierung im APR-Track-Edition-Design
FAHRWERK KW-Clubsport-2-Wege-Gewindefahrwerk mit externen Ausgleichsbehältern; mechanisches Vorderachs-Differential
BREMSEN Golf-R-Performance-Bremsanlage
GETRIEBE 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (DSG)
AUSPUFF APR-Abgasanlage (nicht StVZO-konform)
REIFEN/FELGEN APR01-Leichtmetallräder in 8,5 x 19 ET45;
Pirelli-P-Zero-Bereifung in 235/35 ZR19
INTERIEUR GTI-Performance-Ausstattung mit Alcantara-Sportlenkrad (inklusive 12-Uhr-Markierung) und Schaltsack in Alcantara
GEWICHT 1.415 Kilogramm Leergewicht
FAHRLEISTUNGEN 380 PS und 530 Nm; Vmax 250+; ca. 5 Sekunden von 0 - 100 km/h
VERBRAUCH 10,7 Liter Super Plus (Testverbrauch der Redaktion)
GRUNDPREIS Grundpreis 34.975 Euro; Umbaukosten mit allen Teilen circa 15.000 Euro