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Golf 2 VR6 von Christian (2018)

Shine bright like a diamond

10.12.2018 16:31 Uhr

Text und Fotos: Ansgar Wilkendorf


Christian ist Perfektionist, da kann er nicht anders. Mit Feuer und Flamme hat er seinen "Fire&Ice"-Golf-2 bis ins letzte Detail bearbeitet und veredelt. Besser geht's wirklich nicht!

Schon während der Schulzeit hatte ihn sein Nachhauseweg stets an einem „megageilen Golf 2 Edition One" vorbeigeführt. Da war Christian Scheunemann, genannt „Scheuni", schon klar: „So'n Ding musste ich haben!" Und wenn's kein One wurde, dann doch wenigstens eine andere Special Edition. Während seiner Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker in einer kleinen Hinterhofwerkstatt machte sich der heute 35-Jährige kurz nach der Jahrtausendwende auf die Suche nach einem passenden Sondermodell. Nur ließen sich mit seinem Lehrgeld keine großen Sprünge machen. „Ich hätte damals einen Rallye für 5.000 Mark bekommen können", erinnert sich Christian. „Dazu haben mir aber einfach 1.000 Mark gefehlt." Der Azubi hatte nämlich nur 3.200 Märker auf der Kante. Und weil Oma und Opa auch noch zusammenlegten, reichte das Geld immerhin für einen Fire & Ice. Die Golf-Sonderedition hatte Volkswagen 1990 zum zweiten Teil des gleichnamigen Films an den Start gebracht. Das Modell gab es ausschließlich in Dark Violet perleffect lackiert. Dazu kamen eine GTI-Optik sowie eine violett-blaue Innenausstattung mit schwarzem Armaturenbrett und dunklem Himmel. Genau so, nur neun Jahre älter, sah der Golf aus, den sich Christian im September 2001 an Land zog. Im Internet war damals noch nicht viel los. Und so fand er sein Auto über das Anzeigenblatt „Zweite Hand". Nur war der Wagen schon aus fünfter Hand, aber ausschließlich von Frauen gefahren und gepflegt worden.

Führerscheinneuling und trotzdem cool!

Mit Fadenkreuz-Scheinwerfern und einem Supersport-Gewindefahrwerk verpasste der Fahranfänger seiner Neuerwerbung erst einmal eine maskulinere Note. „Außerdem war mein Hartmann-Endschalldämpfer damals der übelste Bringer", grinst Scheuni, der anfangs nur in der Hofeinfahrt schrauben konnte, bis er in der Halle seiner Kumpels unterkam. Durch einen Kumpel kam er auch an einen Satz BBS-RM-15-Zöller von einem Edition One. Nach dem Umschüsseln der Zweiteiler auf acht beziehungsweise neun Zoll musste der Schrauber jedoch feststellen, dass sein Golf den neuen Raddimensionen im wahrsten Sinne des Wortes nicht gewachsen war. Was blieb ihm anderes übrig, als die hinteren Radhäuser bis zum Anschlag (jeweils 5,5 Zentimeter) zu ziehen. Anschließend kamen, nach ein paar einschneidenden Maßnahmen an den Kotflügeln, rundherum G60-Verkleidungen zum Einsatz.

An die Quad-Kennzeichen kam Christian nur mithilfe eines Griffs in die Trickkiste (wird aber nicht verraten!). „Ick bin eh so'n Kennzeichen-Junkie", erzählt der Schrauber, der heute im Reifendienst von VW/Audi seine Brötchen verdient. Logisch, dass er zum kleinen Nummernschild nun auch ein kleines Kennzeichenfeld brauchte, was sich mit Blechschere und Schweißgerät auch realisieren ließ. „Irgendwann haben dann ein paar Freunde von mir mal beim VW-Blasen in Luckau gesagt: ,Stell dich doch mal beim Show & Shine hin'." Und tatsächlich waren Publikum und Jury von dem Zweier-Golf gleichermaßen angetan.

„Von da an hab ick nur noch fürs Auto gearbeitet"

Das Ergebnis gehört mit Sicherheit zum Besten, was aktuell in Sachen Golf 2 ‒ wenn nicht überhaupt in Sachen Golf ‒ am Start ist. Dabei hat Christian unglaublich viel Aufmerksamkeit auf Details gelegt. Das fängt bereits bei der Rallye-Front an: Die Scheinwerfer hat Christian nämlich schon vor über zehn Jahren mit Bi-Xenon und integrierten Dioden-Blinkerleisten ausgestattet. In der Frontstoßstange waren die Blinker somit überflüssig. Also ließ Christian die Richtungsanzeiger wie auch das Kennzeichenfeld verschwinden. Übrigens auch die eigentlich vorgeschriebene Scheinwerferwaschanlage, was er mit „das Auto ist immer blitzsauber" rechtfertigt. An den Seitenschwellern sucht man die Wagenheberaufnahmen vergeblich, und die Heckschürze kommt auch ohne Abschlepp- und Auspufföffnung aus.

Auch wenn die Lackierung der originalen auf den ersten Blick recht ähnlich sieht, handelt es sich doch um die BMW-Farbmischung A22, die je nach Lichteinfall zwischen Grau, Violett und Braun changiert. Die Türen öffnen übrigens über Audi-A 6-Griffe. „Ich hatte damals riesengroßes Glück, die Griffe mit Einschweißblechen, also rausgeschnitten, im Internet zu bekommen. Besser ging's nicht!" Im Heckblech hat Christian die Vertiefung für das VW-Logo verzinnt und die Sicken rechts und links zugeschweißt. Weitere Schweißarbeiten findet man in der Motorhaube: Dort verweisen die sechs Felder mit jeweils sechs Luftschlitzen auf die Motorisierung. Doch Vorsicht beim Öffnen der ultracleanen Motorhaube: Angesichts der Orgie aus Chrom und auf Hochglanz poliertem Edelstahl ist das Tragen einer Sonnenbrille dringend empfohlen.

"Glatt wie ein Kinderpopo"

Doch bevor wir uns dem Triebwerk widmen, würdigen wir erst einmal die Umgebung, die aufgeräumter nicht sein kann. Schon der Schlossträger ist der Hammer: extrem gecleant und von unten verschraubt. Die Anschlaggummis sind nun oben an der Haube befestigt und die Kotflügel verschweißt, damit kein Schräubchen die Optik stört. In zwei Arbeitsschritten hat Christian die komplette Spritzwand rausgeschnitten und vom Kemptner seines Vertrauens neu schneiden, biegen und kanten lassen. Das Einschweißen erledigte er natürlich wieder selbst. Auch das Blech rechts und links der Maschine ist nach seiner Behandlung glatt wie ein Kinderpopo. Den Bremskraftverstärker hat der Bastler ein gutes Stück nach rechts versetzt hinter die Spritzwand verlegt und die Pedalerie entsprechend modifiziert. „Det sieht keener, aber ick weeß, dass et da is!"

Glänzende Detailarbeit

Doch nun zum glänzenden VR6-Herzen: Während seiner Bundeswehrzeit hatte der Schrauber an drei Wochenenden das Kraftwerk aus einem Passat in den damals noch originalen Golf-Motorraum implantiert und dann Jahr für Jahr immer weiter verfeinert. Mit der Gratifikation für seinen Kosovo-Einsatz ging Christian dann so richtig in die Vollen. Und so erwartet uns unter der Motorhaube wie gesagt Chromglanz, bis der Augenarzt kommt. Motorblock und Getriebe sind massiv gecleant und lackiert, aber auch hier gibt es wieder jede Menge Detailarbeit. „Die ganzen Stecker haben mich übelst gestört", erzählt Scheuni. „Ich hab alle Sensoren und Potis geändert, es gibt also keinen Stecker mehr!" Außerdem hat er die Kupplungsleitung durch die Getriebeglocke verlegt. Und damit nicht noch Leitungen der Servolenkung die Optik stören, verzichtete Christian gleich ganz auf eine Lenkhilfe. Die Achsen, vorne die schmale Variante vom Golf 3 GTI, hinten vom Golf 2 G60, ausgestattet mit den entsprechenden Bremsen, sind ebenfalls extrem gecleant und glänzend schwarz lackiert. An den Enden sind hochglanzverdichtete Gotti-Räder montiert, die sich dank des H&R-Deep-Gewindefahrwerks tief in die Radhäuser schmiegen. Die ab Werk 8 und 9 Zoll breiten Felgen wurden von vorne nach hinten auf rundum 8 x 17 umgeschüsselt, mit einer 52er-Einpresstiefe vorne und einer ET41 hinten und mit 185er-Nankang-Gummis bestückt.

Die Qualität, mit der Christians Golf von außen, von unten und unter den Hauben besticht, setzt sich auch im Innenraum fort. Anstelle der schwarzen Polo-Color-Concept-Innenausstattung, die 2005 an Bord kam, ziert seit zwei Jahren feinstes Audi-Nappaleder und -Alcantara Recaros und Rückbank aus einem Golf 5. Darüber hinaus wurden das Corrado-Armaturenbrett, die Kniepolster aus den USA, die Kunststoffteile des BBS-Wurzelholz-Lenkrades, die Türverkleidungen, die A-, B-, C-Säulen und schließlich der Himmel mit dem Hubschiebedach aus einem Audi 80 von der Sattlerei Daniel Hölzner in Friedersdorf exklusiv verpackt. Aus einem Polo 6N stammen die farblich passenden Gurte. Die Doorboards sind Sonderanfertigungen von Tischler „Polo-Paule".

Nachdem Scheuni es mit seinem Golf in diesem Jahr hochverdient in die „Top 10" des European Tuning Showdown auf der Tuning World Bodensee geschafft hat, will er mit dem Schrauben etwas kürzer zu treten. „Jetz muss ick wieder'n bisschen in Familie machen." Mal sehen, wie lange Christian das durchhält ...

DATEN & FAKTEN 

Christian Scheunemann >>> VW Golf 2 19E (1991)

MOTOR 2.9l VR6, Serie 174 PS, extrem gecleante 2.8 l-Ansaugbrücke, Zündbox, AKG-Kühler, Leistung ca. 200 PS, Block bearbeitet, gecleant und lackiert, Wasserverrohrung und Luftrohr aus poliertem Edelstahl, Hardcore-Motorchrom, TA-Technix-Fächerkrümmer, vollpolierte TA-Technix-Edelstahlanlage ab Kat, gecleantes und lackiertes 02a-Getriebe
KAROSSERIE Rallye-Golf-Front, Motorraum wurde bis auf Dome und Ausgang für Lenkung aus neuem Blech geformt, Kotflügel angeschweißt, Schlossträger kompl. geglättet, Anzahl der Lüftungsschlitze in der Motorhaube verringert, Bremskraftverstärker nach innen hinters Armaturenbrett verlegt, Audi-A6-Türgriffe, Heckklappe gecleant, Kennzeichenfeld verkleinert mit gekürzter Griffleiste, Stoßfänger vorn ohne Blinker und Kennzeichenaussparung/hinten ohne Abschlepp- und Auspufföffnung, getönte BMW-E36-Seitenblinker, Seitenschweller ohne Wagenheberaufnahme, Lackierung: BMW A22
FAHRWERK H&R-Deep-Gewindefahrwerk, Striplot-Domlager, gecleante Golf-3-GTI-Vorderachse, gecleante Golf-2-G60-Hinterachse, gecleantes Lenkgetriebe (ohne Servo), verchromte Antriebswellen (rechts dünne Corrado-Welle)
BREMSEN rundum G60-Bremsanlage
RAD/REIFEN hochglanzverdichtete Gotti GP1001 in 8 x 17 ET52 vorne, ET41 hinten, Nankang-Bereifung in 185/35, H&R-Adapter 20 mm vorn/40 mm hinten
INTERIEUR Innenausstattung in Audi-Nappaleder und -Alcantara, Golf-5-Recaros und Rückbank, BBS-Lenkrad, Corrado-Armaturenbrett, original Öl-/Batterie-Instrument vom Corrado, Polo-6n-Gurte in Grau, US-Kniepolster, in der Mittelkonsole angepasste Fensterheberschalter vom Audi 80, Raid-Schaltknauf, Corrado-Türgriffe, Audi-80-Hubschiebedach, Himmelbeleuchtung hinten vom Skoda
CAR-HIFI Hilfonics-Zeus-Verstärker, Hilfonics-Zeus-Lautsprechersystem, Audiosystem Subwoofer
DANKE AN  mein Frauchen Stephanie, an meinen Lacker René Fiedler und an meinen besten Freund Elektriker Meister Paul für die zahlreichen Nächte, die wir zum Tag gemacht haben ...