Anzeige

 Anzeige

Ratlook-Käfer (2019)

Tuning-Kunst, die polarisiert

01.01.2019 14:37 Uhr

Text: Bernd Frank | Fotos: Jan Bürgermeister


Der Österreicher Michael Theni hatte die Vision von einem richtig perversen Käfer. Und pervers ist nicht nur der Sturz an der Hinterachse geworden ...

Der Look von Michael Thenis Käfer spaltet wohl die Gemüter. Was für ein Müllhaufen, sagen die einen, den anderen tröpfelt vor Erregung ein wenig Sabber aus dem Mundwinkel. Die Optik ist absichtlich vernachlässigt, wobei die Basis dieses Projekts auch nicht wirklich gut war. Der Käfer war schlichtweg am Ende. In Zeiten, in denen es an jeder Ecke für kleines Geld noch gute Käfer zu kaufen gab, hätte man ihn wohl einfach verschrottet.

Bevor es an den Umbau ging, durfte sich deshalb erst einmal das Schweißgerät austoben. Väterchen Rost hatte sich an vielen käfertypischen Stellen ausgetobt, wie man beispielsweise an den andersfarbig lackierten unteren Enden der Seitenteile erkennt. Die geschweißten und instandgesetzten Stellen wurden absichtlich nur mäßig beilackiert für die Optik, hier und da auch schon einmal der Verwitterung mit etwas Schleifpapier nachgeholfen. Dass die Motorhaube eine andere Farbe hat, störte da wenig. Im Gegenteil, das passt ganz gut zum angestrebten Aussehen. Lediglich die KDF-Blenden über den Scheinwerfern, wie sie das Militär zur Tarnung einsetzte, wurden den Decklackresten angepasst, um stimmig zu wirken. Seitliche Zierleisten haben an einem Rennkäfer natürlich nichts zu suchen, dafür ein paar gut platzierte Decals.

Konzept Rennkäfer

Ziel war es eben, einen Käfer im Racelook zu bauen, der so aussieht, als wäre er irgendwann einmal vergessen worden und würde seitdem vor sich hin gammeln. Und er sollte ruhig richtig pervers aussehen. Und konsequent zog Michael dieses Konzept durch. Breit, tief, böse.

Einfach „nur" breite Felgen waren Michael einfach zu normal, deshalb baute er sich die Felgen selbst. Basis sind Sterne aus originalen 15-Zoll-Stahlfelgen, auf die er Ringe aufschweißte und danach abdrehte, um größere, passgenaue Scheiben zu erhalten. Diese schraubte er in Betten von dreiteiligen BBS-Felgen. Heraus kamen Felgen in 7J17 vorne bzw. 9J17 mit originalem Lochkreis 5 x 205. Prinzipiell könnte man sie auch mit Radkappen fahren, aber das widerspräche ja dem Racelook.

Pervers sind aber nicht nur die Felgen, sondern auch die Tieferlegung, die über ein Airride realisiert wurde. Dazu verwendete er Komponenten von Limebug und Airthed, wobei er die Lufterzeugung komplett selbst baute. Und da ging er auch schon einmal seine eigenen Wege, so ist beispielsweise der Druckbehälter ein umfunktionierter, ausrangierter Feuerlöscher – und das darf man ruhig sehen. An der um vier Zoll verschmälerten Vorderachse arbeiten zudem Tieferlegungsachsschenkel für den ultimativen Tiefflug.

Motorupdate geplant

Dass an dieser Vorderachse noch Trommelbremsen verzögern, liegt daran, dass im Heck noch ca. 37 Pferde boxen. Kumpel Fabian half, das Herz des Krabblers zu überholen und leicht zu modifizieren. Immerhin verbessern vereinzelte Chromteile die Optik, und die „Brülltüte" statt den Endrohren macht Lärm wie ein Großer.

Letztendlich soll noch eine dicke Maschine im Heck einziehen, man braucht ja schließlich noch Ziele im Leben. Derzeit spricht Michael noch selbst von einem „Möchtegern-Rennkäfer".

Die Vorbereitungen zum „echten" Rennkäfer haben am Innenraum nicht haltgemacht. Ein kompletter Käfig schützt die Insassen bei einem möglichen Überschlag. Die selbst gebauten Sitze aus Aluminium dienen weniger dem Komfort als der Gewichtreduzierung und nicht zu vergessen der Show. Schon eher selbstironisch ist die Snap-off-Nabe des Lenkers zu sehen, denn daran befestigt ist das für Sportzwecke geradezu monströs große Serienlenkrad. Sportshifter und hydraulische Fly-off-Handbremse zeigen aber, dass das klare Ziel der Motorsport ist. Schon fast logisch, dass ein Radio in einem Rennkäfer, auch wenn es noch ein Möchtegern ist, fehl am Platz ist.

Den Teppich ersetzte Michael gegen alte Säcke, eine zweite Sitzreihe sucht man vergeblich. Unnötiges Gewicht, und wegen des Käfigs könnte da eh keiner Platz nehmen.

Bei manchen Ideenfindungen, das gibt Michael offen zu, war durchaus Bier mit im Spiel. Das Ergebnis spaltet die Gemüter. Die einen hassen ihn, die anderen feiern ihn – aber emotionslos steht diesem Käfer wohl keiner gegenüber.

DATEN & FAKTEN 

Michael Theni > VW 1200 Export (1965)

MOTOR 1200 ccm Typ 1, revidiert und leicht überarbeitet, Sportluftfilter
KAROSSERIE patinierte, komplett geschweißte Originalkarosserie mit Orginallackresten, KDF-Style-Scheinwerferblenden
FAHRWERK Airride-Fahrwerk Limebug und Airthed-Komponenten, Luftsteuerung selbst gebaut. Vorderachse um 4 Zoll verschmälert, Tieferlegungsachsschenkel
BREMSEN originale Trommelbremsen rundum
GETRIEBE original
AUSPUFF original mit Querrohr-Endrohr
REIFEN/FELGEN selbst vergrößerte Sterne aus Serienfelgen in Betten von dreiteiligen BBS-Felgen eingesetzt, Vorderachse 7J17 mit 165/35R17 Nankang-Reifen, Hinterachse 9J17 mit 185/35R17 Nankang-Reifen
INTERIEUR selbst gebaute Alu-Sitze, keine Rücksitzbank, Käfig, hydraulische Fly-off-Handbremse, Sportschalthebel, Originallenkrad auf Snap-off-Nabe
CAR-HIFI kein Radio (because of racecar)
DANKE AN Fabian K.