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T3 von Joe Pearce (2018)

VW-verrücktes Großbritannien

19.12.2018 13:49 Uhr

Text: Nick K. Hofmeister | Fotos: Alexander Karstens


Diese Pritsche war schon ziemlich lange auf unserer Fahndungsliste. Wer den „Slamsancturay Blog" verfolgt, kennt sicherlich Joe Pearce und seinen T3. In Großbritannien ist Joes Typ 245 schon ziemlich bekannt und auf vielen Treffen wie etwa der Players Classic unterwegs.

Auch im „VW-verrückten" Großbritannien ist Joes Bus ziemlich einmalig. „Wenn ich meine ganzen Winterautos mitrechne, habe ich schon eine Menge an Autos gehabt", gibt der Brite verschmitzt zu. „Irgendwie wurden es zu viele, und ich habe sie dann alle im Herbst 2015 verkauft, und dann kam meine Mutter." Sie erzählte Joe etwas von einem VW-Bus, der doch auch für die Arbeit ziemlich praktisch sei. Da kannte wohl Joes Mum den eigenen Sohn nicht gut genug. Als Joe im Dezember den VW-Bus besichtigte, war es wohl Liebe auf den ersten Blick. Denn er kaufte den Pritschenwagen für rund 8.000 Britische Pfund auf Anhieb. „Warum ich den kaufte? Na ja, er war damals knapp 30 Jahre alt, technisch auf den ersten Blick in einem guten Zustand, und irgendwie wollte ich schon immer eine Pritsche haben." Die Briten scheinen wirklich einen Narren an dem VW-Bus gefressen zu haben, und so ist es kein Wunder, dass es in Großbritannien zahlreiche Zeitschriften gibt, die sich ausschließlich dem VW-Bus widmen.

Einfach Kult, der VW T3

Wir können uns aber schon denken, warum Joe unbedingt eine T3-Pritsche am Ende haben wollte, sie sind einfach Kult. Kult? Das ist in etwa so wie mit dem Porsche 911. Während der 993 mit seinem luftgekühlten Boxermotor für viele Puristen noch der letzte wahre Porsche war, ist ein VW-Bus T3 (Typ 2) in den Augen vieler eingefleischter „Altblech-Fans" der letzte wahre VW-Bus. Wie seine Vorgänger hat der Typ 2 noch einen luftgekühlten Boxermotor und Heckantrieb. Trotz des damals schon ziemlich antiquiert wirkenden Antriebskonzepts war der T3 viel moderner als seine Vorgänger. Beispielsweise gab es an der Vorderachse nun Dreiecksquerlenker und Schraubenfedern – die Drehstabfedern hatten ausgedient. Auch die Schräglenkerhinterachse war nun mit „modernen" Miniblockfedern ausgerüstet.

War der T3 Ende der Siebziger noch mit einem luftgekühlten Boxermotor auf den Straßen unterwegs, handelt es sich bei Joes Pritsche schon um eine etwas modernere Generation mit wassergekühltem Boxermotor. Während es zunächst noch Vergasermotoren waren, wurden sie im Laufe der Zeit elektronischer Zündung und Benzineinspritzung modernisiert. Bei Joes T3 ist aber noch die Variante mit Registervergaser im Heck. „Leistung hat er leider keine", gibt der Brite offen zu. „Meine Pritsche kämpft mit ihren 78 PS eher mit sich selbst, als vorwärtszukommen. Aber dafür ist es eben ein Original."

Na ja, ganz so ein Original ist der T3 dann zum Glück nicht. Denn dann würde die Pritsche im falschen Magazin parken. In VW SPEED geht es ja viel mehr darum, was an getunten luft- und wassergekühlten Volkswagen und Co. beim Show&Shine und in der Szene Spaß macht. Die Pritsche von Joe polarisiert einfach. Seitdem wir dem britischen T3 begegneten, zählt der vielmals verwendete und zitierte Spruch: „Deine Karre ist so hoch wie ein Bus" nicht mehr.

Gnadenlos abgelegt

Da die Pritsche in Großbritannien angemeldet ist und dort laut Joe absolut legal auf den Straßen unterwegs sei, dürfte sein T3 trotzdem auf dem Festland meist nur auf einem Trailer von Event zu Event geshuttelt werden, um nicht von der „Soko Autoposer" gestoppt zu werden. Für die extreme Tieferlegung war weit mehr als nur ein Rayvern-Hydraulics-Fahrwerk nötig. Der gesamte Rahmen und die Karosserieträger mussten für den Bodydrop bearbeitet werden. Bei diesen Arbeiten suchte sich Joe tatkräftige Unterstützung von Balls'd im britischen Midenhall. Matt von Balls'd hat schon unzähligen T1, T2, T3, T4, T5 und diversen Käfern einen fachgerechten „Bodydrop" verliehen. Neben dem umgeschweißten Rahmen mussten beispielsweise für die vorderen Radhäuser auch die Türen und die Fahrgastkabine angepasst werden. Im Grunde sitzt Joe eigentlich nun auf den Radhäusern. Dazu war es auch nötig, die Vorderachse samt Lenkgetriebe zu verschmälern.

Diverse „Slam-Experten" bieten die verschiedensten Achsen dazu bereits an. Wie das dann mit einer Eintragung in Deutschland aussehen würde, solltet ihr im Vorfeld lieber mit einem technischen Sachverständigen klären. Auch an der Antriebsachse wurde die Aufhängung samt den Radhäusern von Balls'd für den extremen Drop überarbeitet. Auf den Facebook-Auftritten von Joe, Balls'd (facebook.com/wwwballsdcouk) und HR Autoworks (facebook.com/ HRAutoworks) könnt ihr bei Interesse ein wenig in den „Making of"-Bildern stöbern. „Eigentlich wollte ich im Frühjahr schon bei den Ultimate Dubs mit der Pritsche aufschlagen, aber es dauerte leider etwas länger als gedacht – wir waren nicht tief genug!" Im aktuellen Tiefenrausch hatte die Pritsche aber am diesjährigen Wörthersee ihre Premiere, und der bambusgelbe Bus schlug richtig ein. Der T3 ist wohl eines der meistfotografierten Showcars in Kärnten. Vor allem, wie tief die Rotiform CCV einfach in der Karosserie verschwindet, ist das pure Armageddon für die Bodenfreiheit.

Noch eine Baustelle

Im Grunde ist die Pritsche laut Joe noch eine Baustelle, und er kam noch gar nicht dazu, groß etwas am Motor zu drehen. Aktuell ist der wassergekühlte Boxer noch mit seiner Serienleistung unterwegs, und Joe begnügt sich mit einer modifizierten Auspuffanlage. Dafür ist er aber eigentlich ganz zufrieden mit den ganzen Veränderungen in der Kabine. Sämtliche Serienverkleidungen hat Joe gegen einen Tweetstoff ersetzt und durch die Tieferlegung auch die Sitze überarbeitet. Gelenkt wird T3-typisch noch mit einem riesigen Lenkrad, das eher einem Steuerrad gleicht. Sehr cool wirkt der riesige Schalthebel aus massivem Eisen, an dem als Schaltknauf mehrere Schraubenmuttern zusammengeschweißt wurden. Damit Joe nicht immer nur mit dem kultigen Boxersound aus dem Heck Vorlieb nehmen muss, wurde auch ein wenig mit Kenwood Hardware dem Sound auf die Sprünge geholfen. Die Lautsprecher sind dabei nicht nur im Armaturenbrett, sondern auch in der Kabinenrückwand untergebracht worden. Die gesamte Elektrik und die Fahrwerksteuerung befinden sich unterhalb der Ladefläche im Stauraum. „Meine Pritsche hat da noch jede Menge Potenzial, und ich habe da noch etwas mit vor." Da lassen wir uns mal überraschen, und vielleicht treffen wir den T3 ja einmal beim European Tuning Showdown oder auf der Essen Motor Show ...

DATEN & FAKTEN 

Joe Pearce > VW-T3-Pritschenwagen Typ 245 (1988)

MOTOR 1.913 ccm Boxermotor (WBX) mit Registervergaser, 57 kW (78 PS)
AUSPUFF Auspuffanlage ohne Schalldämpfer
KAROSSERIE Karosserie teilweise restauriert, diverse Roststellen ausgebessert, Radhäuser komplett für Bodydrop umgebaut; Radaufhängung angepasst, Radlaufkanten neu eingeschweißt; neue Bodenbleche in Fahrgastzelle, ...; Komplettlackierung in VW-Bambusgelb
FAHRWERK Rayvern-Hydraulics-Fahrwerk, verschmälerte Achsen
FELGEN/REIFEN mehrteilige Rotiform-CCV-18-Zoll-Felgen mit Nangkang-Reifen
INTERIEUR geschüsseltes Sportlenkrad mit Holzlenkradkranz von Limebug; modifizierte Sitzbank ohne Kopfstützen; Eigenbau Schaltgestänge mit „Schlagring"-Schaltknauf; Zusatzdrehzahlmesser; Türverkleidungen und Sitzbank mit Tweetstoff bezogen
CAR-HIFI Soundausbau mit Kenwood-Komponenten von BCSS Car Sounds
DANKE AN Brian von BCSS Car Sounds, Matt von Balls D für die Karosseriemodifikationen; Jake von HR Autoworks; Kaggs